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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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zwinkerte ihm zu, und Fegan lächelte zurück.
    Nachdem sie nun endlich zu Ende gewirbelt hatte, setzte Mrs. Taylor sich schließlich mit an den Frühstückstisch. Die Stille wurde nur noch einmal gestört, als die Gastgeberin ihrem Mann auf den Arm schlug, weil der dem Hund ein Stück Wurst hingehalten hatte.
    »Was führt Sie eigentlich nach Portcarrick?«, frage sie.
    »Wir wollten einfach mal ein paar Tage raus«, sagte Marie. »Es war eine ziemlich spontane Entscheidung.«
    »Nun ja, wenn jemand mitten in der Nacht im Hopkirk’s auftaucht, konnte man das schon ein bisschen impulsiv nennen.«
    »Wir wollten eigentlich früher los, aber George wurde noch bei der Arbeit aufgehalten.«
    Mrs. Taylor wandte sich Fegan zu. »Und was für eine Arbeit machen Sie, George?«
    Fegan kaute und schluckte sein Essen hinunter, dann antwortete er: »Ich bin Beamter bei der Stadtentwicklung.«
    »In Belfast?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »In welchem Stadtteil denn? Wir stammen nämlich ursprünglich aus Belfast.«
    Fegan suchte verzweifelt nach einer Lüge, aber es fiel ihm keine ein. »Mal hier, mal da«, sagte er.
    Das schien Mrs. Taylor zu reichen. »Haben Sie heute Morgen schon die Nachrichten gehört?«
    »Nein, noch nicht«, antwortete Marie.
    »Oh, ganz schrecklich. Gestern Nacht ist in Belfast ein Priester umgebracht worden. Jemand ist in sein Haus eingedrungen und hat ihn erstochen. Ist das nicht fürchterlich?«
    Marie legte Messer und Gabel auf den Teller. »Entsetzlich«, sagte sie aus und starrte Mrs. Taylor an.
    »Und das Komische ist«, fuhr Mrs. Taylor fort, »dass es genau der Priester war, der die beiden Männer beerdigt hat, die diese Woche getötet wurden. Ist das nicht seltsam?«
    »Haben sie gesagt, um wie viel Uhr es passiert ist?«, fragte Marie.
    »Irgendwann letzte Nacht, mehr nicht. Seine Haushälterin hat ihn heute Morgen gefunden. Was ist denn los, Schätzchen, haben Sie denn gar keinen Hunger?«
    »Ich bin satt, vielen Dank. Darf ich mal bei Ihnen ins Bad?«
    »Aber natürlich, Schätzchen. Einfach durch die Küche und dann die zweite Tür links.«
    Marie stand auf und verließ das Zimmer. Sie ließ Fegan nicht aus den Augen, bis sie hinausgegangen war.
    Fegan hatte jeden Appetit verloren.
     
    »Was hast du gemacht?«, fragte Marie.
    »Nichts«, sagte Fegan. Die Sonne wärmte seine Haut, obwohl von See her eine kühle Brise wehte. Sauberes, klares Wasser rollte auf sie zu. Der Sand reflektierte das grelle Sonnenlicht, was das Pochen hinter Fegans Augen nur noch weiter entfachte.
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Marie. Sie hatten Ellen im Garten gelassen, wo sie mit Stella spielte, während Mrs. Taylor sich um ihre Pflanzen kümmerte und ein wachsames Auge auf sie hatte.
    »Es ist die Wahrheit«, beteuerte Fegan. Die Lüge kam ihm nur schwer über die Lippen, aber er wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen. Marie hätte es niemals verstanden.
    Sie blieb stehen und schirmte mit einer Hand die Augen ab. »Du hast mir gestern Abend gesagt, du hättest noch etwas zu erledigen, bevor du zu mir kommen würdest. Da ging es um Pater Coulter, stimmt’s?«
    Mit Mühe unterdrückte Fegan den Drang, wegzusehen. »Nein. Ich musste Geld besorgen.«
    »Und warum ist McGinty dann hinter dir her? Warum hat gestern jemand versucht, dir etwas anzutun?«
    »Weil ich mich ihnen in den Weg gestellt habe, als sie kamen und dich einschüchtern wollten.«
    »Nein, da steckt noch mehr dahinter.« Sie lief weiter den Strand hinauf. »So etwas würden sie nicht tun, nur weil du mir geholfen hast. Da muss es noch was geben.«
    »Nein, nichts.« Die Wut über seine eigene Täuschung brannte in Fegans Brust.
    »Und was ist mit Vincie Caffola? Und mit Onkel Michael, um Gottes willen?«
    Fegan verabscheute sich selbst dafür, dass er log. »Dein Onkel hat sich auf Sachen eingelassen, von denen er besser die Finger gelassen hätte. Und Caffola hat überall herumposaunt, dass ihm die neue Parteilinie nicht passte. McGinty hat es mir selbst erzählt. Es gab genügend Leute, die auf ihren Tod aus waren.«
    »Du hast schon früher gemordet«, beharrte sie. »Ich weiß, dass du dazu fähig bist. Was auch immer du für einen Defekt hast, er ist nie behoben worden.«
    »Ich habe mich geändert.« Er nahm ihren Ellenbogen und drehte sie zu sich um, damit sie ihn ansah. »Das hast du selbst gesagt. Du hast gesagt, man sähe es mir an.«
    Marie musterte sein Gesicht, ihre Augen waren rot und wütend. »Schwörst du das?«
    »Ja.«
    Sie

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