Die Schatten von La Rochelle
wir dem entneh m en, Monsieur de La Porte, daß Ihr glaubt, der Kön i g sollte die höchste Autorität in einem Staat haben ? «
»So ist es.«
»Nicht zu stark«, sagte Stadtrat G uiton. »Die Rechte des dritten Standes lasse ich m i r nicht beschneiden.«
»Ganz zu sc hweigen v o n den Rec h ten des Adels«, stim m t e Philippe d’Irsd m a sens zu. »Der König ist nur der Erste unter Gleichen.«
A r m and stützte die Ellenbogen auf den Tisch und beugte sich vor.
»Absolute S ouveränität ist absolute Souveränität. Sie kann nicht geteilt wer d en. W enn m an ihre Rechte irgendwie beschneidet, verliert die souveräne Majestät ihre Größe. Ein souveräner Fürst kann keinen Untertanen für ebenbürtig erklär e n, ohne da m it seine Macht zu zerstören. W enn er es dennoch tut und einen Teil seiner Souveränität abgibt, dann haben wir entweder e i ne Aristokratie oder eine De m okratie, und ich halte beides für ein Desaster.«
» W aru m ?« fragte Mad a m e d’Irsdmasens m it e i ner Nai v it ä t , von der er s i cher war, daß s i e s i e n u r s pielte. » Ich würde doch m einen, eine De m okratie habe viel für si c h. Alle Schriftsteller der Alten rüh m en Athen und Rom zu der Zeit, als es noch eine Republik war.«
Philippe d ’I rsd m asens schien d ie T eilnah m e s e iner Ge m ahlin am Tischgespräch für nichts Ungewöhnli c h e s zu h alten. Er lä c helte i h r wohlwollend zu und beschränkte sich vorerst darauf, zu schweigen.
»Selbst Cicero sagt, daß die Tyr a nnis der Menge am gefährlichsten ist, Mada m e«, entgegnete A r m and. »Im übrigen hat es nie m als einen Staat gegeben, in denen die Ideale der De m okratie, die Gleichheit des Besitzes und des Ansehens beachtet worden wären. I m m er hatte ein kleiner Teil der Bevölkerung m ehr davon als der breite R est. Gerade Athen und Rom s i nd gute Beispiele. Und wie endeten sie? Athen wurde erst von dem Königreich Sparta und später von den Makedonen besiegt, und Rom wurde zum Kaiserreich, das die Welt eroberte und erst zu wanken anfing, als die Stärke seiner Herrscher nachließ.«
Seit e r in R o m den Papst h a tte für sich gewinnen m üssen, hatte A r m and sich nicht m ehr so lebendig gefühlt, so… erregt.
Er konzentrierte s i ch ganz und gar auf Mad a me d’Irsd m asens, als sei d e r Dis p ut m it ihr eine weit e re ü berle b enswichtige Pro b e sei n er Fähigkeiten. Sie hatte sich ebenfalls aus ihrer entspannten Haltung aufgesetzt und beugte sich vor.
»Aber die vielen italienischen Republiken…«
»… sind zu Fürstentü m ern geworden, bis auf Venedig, und ich kann Euch versichern, Venedig ist eine Arist o kratie r e insten W assers.«
» W irklich? Und was habt I h r gegen die Aristokratie?«
»Die Basis der Ari s tok r atie ist der Konsens der Herrschenden. Sind sich alle ei n i g, so regieren sie besser als das Volk. Ist das aber nic h t der Fall, so gibt es keine Staats f orm, die unter größeren S chwierigkeiten stabil gehalten werden kann, und wer wüßte das besser als die Franzosen, Mada m e? Denkt an den Zwist zwischen dem H a us Valois und dem H a us Guise und all das Elend und die Kriege, die wir diesem Zwist zu verdanken haben.«
»Ein einzelnes Beispiel…«
»Ein Sy m pto m . Regiert eine kleine Gruppe, so wird sie sich früher oder später untereinander befehd e n und zerfleischen, wenn es keinen souveränen Herrscher gibt, der sie im Zaum halten kann.«
Monsieur d’Irsd m asens fand es an der Zeit, die Diskussion abzubrechen, die zu einem selt s am int i men Disput zwischen seiner Ge m ahlin und seinem Gast ausgeartet war.
»Nun, Gott sei’s gedankt, einen s o lchen Herrscher haben wir ja. Erheben wir das Glas, Messieurs, Mesda m es. Auf Seine Maje s t ät . « Und m it d e m Stolz eines Mannes, der den König bereits gekannt hatte, als dieser noch e i n verfolgter Hugenotte gewesen war, fügte er hinzu: »Unseren Henri!«
Nachdem sie alle getrunken hatten, f ragte Guiton: »Sagt, Monsieur, aus welcher Gegend stammt Ihr eigentlich ? «
Ehe Ar m and antworten konnte, sa gt e Mada m e d’Irsd m asens: »Gewiß aus einem reichen O r t.«
Dies m al war er sicher. F ür den Rest der Gesell sc haft m ochte es wie eine unschuldige Be m e rkung kli n gen, doch sie m ußte w i ssen, um wen es sich bei ihrem Gast handelte.
»Kein sehr riche lieu, k ein se h r re ich er O rt, Mada m e«, gab er gelassen zurück. »Um die Wahrheit zu sagen, ich bin im Paris des Bürgerkriegs geboren,
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