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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ral Coligny, bis zu den Vagabunden, die wegen der Hochzeit in die Stadt gekom m en w a ren.
    »Er selb s t «, sagte s i e zu A r m and, »er selb s t hat eine Fa m ilie getötet, die Eltern, einen Jungen, ein e n S äugling. S i e verfolgten ihn noch bis an sein Totenbett. Sein ganzes Leben danach war eine Buße für diese Tat, aber er hat auch m ein Leben zu seiner Buße ge m a c ht.«
    Er dachte an seinen eigenen Vater, an den er sich kaum no c h erinnerte, an den sehr gegenwärtigen G r oßonkel A ntoine de R i chelieu, den m an hatte einsperren m üssen, das Erbe, das ihn und seine Geschwister verfolgte. Daß sie ihm i h re eigene W unde offenbarte, bedeutete in gewisser W eise noch m ehr als der Körper, den sie ihm gab. Es schuf eine gefährliche Bindung, und den vollen Umfang der Gefahr erkannte er in ganzer Konsequenz er s t , als es fast zu s pät war. Sie hatten sich in Laleu getroffen und waren bis zum Meer geritten. Es war warm, und als sie sich die Schuhe auszog, folgte er ihrem Beispiel. Er spürte den Sand unter seinen Füßen, als sie, ohne stehenzubleiben, plötzlich sagte: »Armand, ich habe wieder einen Vorschlag für E uch.«
    Sie wollte es beenden, und der Gedanke versetzte ihm einen Stich. Doch selb st verstän d lich hatte e r im m er gewußt, daß es irgendwann aufhören mußte, es mußte aufhören, es war gut, daß es aufhörte. E s hätte nie beginnen dürfen.
    » W arum gehen wir nicht e i nfach m iteinander fort ? «
    Die Schreie der Möwen, der W i nd und das Haar, das ihm ins Gesicht flatterte. » W ir können es tun«, fuhr sie fieberhaft fort, »was hält uns hie r ? P h ilip p e brau c ht m i ch nicht. Eure Fa m i lie bra u cht d as Bistum auch nicht m ehr, und wenn doch, dann haben sie i mm er noch Euren Bruder im Kloster. W i r neh m en ein Schiff, wie Ihr es im m er tun wolltet, und verlas se n dieses Land, gehen irgendwohin, wo uns nie m and kennt.«
    Stille. Auch er blieb nicht stehen, als er schlie ßl ich sagte: » Es ist un m öglich.«
    »Aber waru m ? Erzählt m ir nicht, daß es Euer Gelübde ist. Ihr glaubt nicht daran. Ihr k önnt nicht daran glauben.«
    Er hätte von dem Skandal sprechen können, den es auslösen würde, der i h ren Ge m ahl genauso zer s tör e n würde wie seine F a m ilie, die schon genügend Skandale tragen m ußte. Er hätte sie darauf auf m erksam m ach e n können, daß sie ihren E n tschluß bald b e reuen würde. Schließlich kannte sie ihn kau m , oder besser gesagt, sie wußte einiges, aber ni chts darü b er, was es hi e ß, m it je m andem wie ihm zu leben. W as es für ihre Kinder bedeuten würde, und sie würde Kinder haben wollen. Aber dies war das Ende, er wußte, daß es das Ende war, und er schuldete ihr die W ahrheit.
    »Es ist unmöglich«, sagte er, »weil Ihr m ir nicht geben könnt, was ich wir k lich will.«
    Stille, die Möwen, das Meer und i h re Augen, in denen etwas zerbrach und dann zu Eis wurde.
    »Ich verfluche Euch, Ar m and de Richelieu«, sagte sie schließlich kalt. »Der T ag wird kommen, an dem Ihr f ür das, was Ihr wollt, bezahlt, und dann m öge Gott Euch helfen.«
    Sie kehrte zu ihrem Pferd zurück, sehr gerade. E i n m al stolperte sie, und dabei war er fast sicher, daß sie weinte. A r m and sah ihr nach, und ihr Na m e, den er nie ausgesprochen hatte, lag ihm auf der Zunge. Doch er blieb ungesagt, wurde zu Asche, die der W ind zerstreute.
     
    Als die Nachricht ka m , daß der K önig auf offener Straße ermordet worden war, wußte er, daß die Zeit des W artens sich ihrem Ende näherte. Er war bestürzt, denn er h a tte Henri IV verehrt, a b er was er jetzt vor sich sah, war der Anlaß, den er brauchte.
    »Das bedeutet, daß die Generalstände zusamm e ngerufen werden«, sagte Ar m and zu Michel Le Masle. »Noch nicht gleich, noch nicht in diesem Jahr, aber m an wird sie zusammenrufen. Die Königin steht den Ministern des Königs feindlich gegenüber, sie wird ihre eigene Regierung durchsetzen wollen.«
    Le Masle, der offen um den König geweint hatte, schaute ihn m it rotu m ränderten Augen an. »Aber was hat das m it Euch zu tun ? «
    »Setzt einen Brief an den Erzbisc h of auf. Ich bewerbe m i ch daru m , den Klerus der Provinz in d e n Generalständen zu vertreten.«
     
    Es war nicht einfach, und es dauerte seine Zeit, bis er es durchgeset z t hatte, a ber als die General s tä nd e eröffnet wurden, stand er unter den Vertretern des Kler u s im Hôtel Bourbon. Die Lilien, die überall an den W änden

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