Die Schatten von La Rochelle
Armand sich in diesem Mon a t keine größeren Ausgaben m ehr leisten, doch eine vollständige A u sgabe aller sechs Teile von Bodins Über den Staat…
Er betrachtete die Lederbände, gab sich einen Ruck und erkundigte sich nach dem Preis, Der Bu c hhändler nannte ihn, und Armand war angenehm überrascht. Ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben, erwarb er das W erk und m achte s i ch gerade daran, den Laden zu verlassen, als die Tür des Geschä f t es ihm unver m utet ins Gesicht geworfen wurde.
Er wich zurück, stolperte, und seine Bücher fielen zu Boden. Hastig bückte er sich, um sie aufzuheben, als eine Stim m e sag t e: »Oh, Monsieur, ich bin untröstlich.«
Er blickte hoch. Auf d e r Schwelle stand eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, m it hellblonden Haa r en und einem Kleid, angesichts dessen Häßlichkeit er unwillkürlich schauderte. Noch in den Zeiten ihrer grö ß t e n Ar m ut hätte sei n e Mutt e r Franç o ise nicht z u ge m utet, einen so for m losen grauen Sack zu tragen. W arum hielten Protestanten so etwas nur für n ö tig? Noch dazu schien diese hier besonders hübsch zu sein. Ihre Züge waren zart und fein g e schnitten, und in ihren blauen Augen tanzte ein s c hel m ischer F unke, der ihre W orte Lügen strafte.
»Mada m e«, entgegnete er, stand a u f und verbeugte sich, wie er es gelernt hatte, »wenn man einer Ny m phe begegnet, wird m an gewöhnlich v o m Blitz getroffen.«
Es war kein sehr originelles Ko m pli m ent und s tam m te aus einem der Handbücher für Manieren bei Hofe, aber sie lächelte und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, a l s hinter ihr die ge m essene, würdige Gestalt eines vielleicht vierzi g j ährigen Ma n nes auftauc h te.
»Oh, Philippe«, sagte sie, »ich habe gerade auf etwas m erkwürdige Weise Bekanntschaft mit diesem j ungen Herrn geschlossen. Er hat m einen Eintritt in den L aden gerade noch überlebt.«
Der Buchhändler hatte s i ch inzwi s c h en zu Ar m a nd gesellt, d i e Bücher aufgelesen und drückte sie ihm nun wieder in die Hand, was es für Ar m and nicht einfacher m achte, sich vor dem Begleiter der Da m e zu verbeugen.
»A r m and de La Porte, Monsieur«, sagte er. Der Mann m usterte ihn und m einte: »Philip p e d ’Irsd m asens. Verzei h t die Frage, M onsieur, aber Ihr k o mmt m i r v e rtra u t v o r. Ist es m öglich, daß wir uns kennen ? «
Bitte nic h t, dachte Armand. Er e r i n nerte sich v age, daß m a n ihm die Fa m ilie d’Irsd m asens als Vett e rn der Rohans bezeich n et hatt e , und die Herzöge von Rohan waren d i e höchstrangigen protestantischen Adligen des Königreichs.
»Nein, ich glaube, die Ehre hatte ich noch nicht«, entgegnete er. Die blonde junge Frau zog die Augenbrauen zusammen. Dann sagte sie: »Aber natürlich, Philippe, ver m u tlich erinnert er Euch an Charles de La Porte. Euer Vater, Monsieur?«
Nie, nie wieder, schwor sich Ar m and, würde er seinen kindischen, abenteuerlustigen I m pulsen nachgeben. Doch jetzt blieb i h m nichts anderes übrig, als es durchzusteh e n und zu hoffen, daß er nicht enttar n t wurde.
»In der Tat, Mada m e.«
Philippe d’Irsd m asens’ Gesicht hellte sich auf. »Euer Vater war m i r bei ei n er Rec h tstr e itig k eit in Paris ein m al sehr h il f r e i c h. Seid heute m ein Gast, Monsieur, ich bestehe darauf.«
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den beiden zu folgen. W ährend der Fahrt zu dem Stadthaus der Rohans, in dem die Irsd m asens zur Zeit wohnten, entspann t e er sich ein wenig, während er ihnen in der Kutsche gegenübersaß. Sie wuß t en anscheinend nicht, ob und wie viele Söhne Onkel Charles h a tte, noch kannten sie deren N a m en. Als Madame d’Irsd m asens sich na c h dem Grund seines Aufenthalts in La Rochelle erkundigte, änderte er seine Geschichte ein wenig ab und entschied sich für die W ahrheit.
»Eigentlich nur Neugier, Mada m e«, s a gte er offen. »Ich wollte diese so viel gerüh m te Stadt gerne kennenlernen.«
Philippe d’Irsd m asens brum m t e zu s tim m end. »Das kann ich verstehen. W enn Ihr wollt, dann kann ich Euch heute einigen d e r Helden unserer Religion vorstellen, die La Rochelle gerettet haben, als die verdam m ten Katholiken im letzten Krieg vor d en Stadtt o r e n standen.«
Henri hätte das als hi mm lische G e rechtig k eit b ezeich n et u nd lauthals g e lac h t. Ar m and gelobte, f r e iwillig eine W oche lang d ie Beichten der Bürger von Luçon anzuhören, wenn seine Torheit
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