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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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dünnes Seidenpapier, dessen unteres Drittel abgerissen war. «Laut beigefügtem Kostenvoranschlag   … Tja, der ist nicht vollständig. Und wir wissen auch nicht, an wen das Schreiben gerichtet ist. Fehlanzeige.»
    «Ich nehme doch mal an, an die Hamburg-Amerika Linie.» Sören fuhr mit dem Finger über die Zeilen, als wolle er sich vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte. «24   Knoten. Donnerlittchen! Sieht so aus, als wenn sich die Hapag mal wieder auf ein Rennen mit dem Norddeutschen Lloyd einlassen will. Dabei dachte ich, dass man die Wettfahrten über den Atlantik inzwischen aufgegeben hätte.»
    Er zog ein weiteres Dokument hervor. «Dies scheint dazuzugehören. Ein Antwortschreiben einer Werft aus Irland, Harland & Wolff,   …
bezüglich Ihrer Anfrage nach
Erfahrungen im Einsatz von Turbinen vom Typ Parsons bei Drei- und Vierschraubenschiffen   … wird sich einer unserer Mitarbeiter mit Ihnen in Verbindung setzen   …. ein Treffen in Hamburg zu arrangieren.
Interessant.»
    Martin entzündete ein Streichholz und feuerte seine Zigarre erneut an. «Der Kerl auf der Treppe   … Hat er ein Wort gesagt? Oder vielleicht geflucht? Ich meine, könnte der Mann Engländer respektive Ire gewesen sein?»
    Sören versuchte, sich daran zu erinnern. Nein, der Kerl hatte ihn nur verdutzt angeschaut und keinen Laut von sich gegeben. Er zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. «Der Empfangschef erwähnte nur, dass Waldemar Otte jemanden erwarte. Das kann natürlich jemand von dieser Werft gewesen sein – jedenfalls hielt er mich für denjenigen   …»
    Martin starrte auf die Papiere, die ausgebreitet auf dem Tisch vor ihnen lagen. «Gut, da kommen wir nicht weiter. Was haben wir noch? Hier, eine Aufzählung verschiedener Kreditinstitute. Ein Schreiben der Hapag, gezeichnet von Albert Ballin. Wechselverfügungen und Konten der Norddeutschen Bank, der Warburg-Bank, der Berliner Handelsgesellschaft, der Diskontogesellschaft sowie der Deutschen Bank Berlin. Keine Ahnung, was das soll, aber das sollte für mich eine Kleinigkeit sein, herauszufinden, was es mit dieser Aufstellung auf sich hat. Schließlich arbeite ich eng mit dem Direktorium der Norddeutschen Bank zusammen. Ich werde mich gleich morgen darum kümmern. – Dann hier   … noch ein Schreiben von Ballin. Das ist das einzige Schriftstück in unserer Sammlung, das vollständig zu sein scheint.
An Waldemar Otte, Schichau-Werft, Hotel Victoria, Bei dem Hühnerposten 18
… Das ist seine hiesige Anschrift.
Sehr geehrter Herr Otte
… blablabla   … die übliche geschäftliche Vorrede   … aber jetzt:
… können wir
dem von Ihnen gewünschten Entgegenkommen bezüglich der im Jahre 1898 für den Norddeutschen Lloyd ausgelieferten Kaiser Friedrich aus verständlichen Gründen nicht nachkommen, da unser Unternehmen trotz zwischenzeitlicher Nutzung des Schiffes keinerlei vertragliche Verpflichtung Ihrer Werft gegenüber eingegangen ist   …
und so weiter   …
bitte ich Sie, sich an die Direktion des Norddeutschen Lloyd zu wenden   … und verbleibe mit dem Wunsch einer guten Zusammenarbeit sowie einem angenehmen Aufenthalt in der Stadt   … hochachtungsvoll   … Ballin.
Hast du eine Ahnung, worum es da gehen könnte?»
    «Nein.» Sören schüttelte den Kopf.
    «Tja, alles andere scheint mit seinen hiesigen Geschäften nicht viel zu tun zu haben. Private Briefe, die letzte Seite eines Schreibens vom Nachrichtenbureau des Reichsmarineamtes, gezeichnet von Tirpitz, und dann noch diese handschriftlichen Notizen.» Martin reichte Sören drei aus einem Notizblock herausgerissene Seiten. «Der Skizze nach könnte es eine Wegbeschreibung sein, aber ich kann es nicht entziffern.»
    Sören studierte das Gekritzel. «Ich erkenne die Worte
Ferdinand
und
Klingel
. Der Rest ist völlig unleserlich. Das kann alles Mögliche bedeuten.»
    Martin schob die Blätter zusammen. «Das war alles. Du wirst dich an die Hapag wenden müssen, um Näheres zu erfahren. Wie wäre es, wenn du dich direkt an Ballin wendest? Er wohnt doch gleich hier um die Ecke.»
    «Ja, in der Heimhuderstraße. Tilda ist mit seiner Frau bekannt», meinte Sören, schränkte aber sogleich ein: «Na ja, bekannt ist übertrieben, aber sie hatte eine Zeit lang Kontakt zu Marianne Ballin, als es um die Adoption von David ging. Ballins haben ja auch ein Kind adoptiert. Ihre Tochter Irmgard, eine Cholerawaise aus der Familie von Ballins Frau.»
    Martin verzog den Mund zu einem

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