Die Schattenflotte
wäre schön, wenn Sie uns möglichst schnell eine Liste des Diebesgutes zusammenstellen könnten. Ach ja, bevor ich es vergesse: Das Schloss an Ihrer Eingangstür sollten Sie austauschen lassen. Wir haben zwar keine Einbruchsspuren finden können, aber so ein altes Schloss macht jeder Schränker im Handumdrehen mit einem einfachen Dietrich auf.»
«Ich werde es beherzigen.» Fräulein Paulina hatte in der Zwischenzeit Kaffee aufgesetzt und kam mit einem Tablett herein.
«Sehr aufmerksam», sagte Rosskopf. «Vielen Dank. Zwei Stücke Zucker. Mehr gibt es für uns eigentlich nicht zu tun.»
«Kommt so etwas häufiger vor?», fragte Sören.
Der Leutnant nippte vorsichtig am Kaffee. «Das sollten Sie doch wissen. Sie sind doch vom Fach. Einbruchmeldungen müssen wir fast täglich nachgehen. Aber das hier …» Er deutete auf die offene Tresortür. «Das macht man nicht im Vorbeigehen. Dafür wird schweres Werkzeug benötigt, und das schleppt man nicht so einfach mit sich herum. Sieht nach einer gezielten Tat aus. Der Täter wusste, was er wollte.» Rosskopf blickte auf das Tohuwabohu auf dem Boden. «Wenn man Geld sucht, reißt man keine Dokumentenmappen auseinander. Der oder die Täter waren auf etwas anderes aus.»
Er musste sich dringend mit Martin in Verbindung setzen. Wenn man ihm gefolgt war, kannte der Täter womöglich auch seinen letzten Aufenthaltsort.
«Wer wusste von der Existenz des Panzerschranks?»
«Nur ich und meine Mitarbeiterin.» Sören stockte einen Moment. «Und einige meiner Mandanten wahrscheinlich.»
«Eben.» Leutnant Rosskopf setzte eine Kennermiene auf. «Wie ich annehmen darf, sind wohl hin und wieder auch ein paar schwere Jungs darunter.»
Dem konnte Sören kaum widersprechen, auch wenn er diese Mandanten meist über Pflichtmandate verteidigte und dementsprechend fast alle Gespräche mit ihnen im Untersuchungsgefängnis stattfanden. Andererseits gab es im Nachhinein schon mal den einen oder anderen Besuch in der Kanzlei. Aber hier lag der Fall anders. Der Einbruch hatte nichts mit seiner Arbeit zu tun. Dennoch lag Leutnant Rosskopf mit seiner Vermutung natürlich richtig. Sören zuckte ahnungslos mit den Schultern. «Ich wüsste nicht, was die hier gesucht haben könnten. Im Tresor war nicht viel Geld. Ich bewahre in meinem Bürokeine Wertsachen oder kostbaren Dinge auf … Und die Akten … Viele von den wirklich schweren Jungs können doch meistens nicht mal lesen.»
Der Polizeileutnant leerte den Becher. «Trotzdem möchte ich Sie bitten, im Kommissariat einen Blick in unsere Kartei zu werfen. Da haben wir einige Burschen drin, die auf so etwas spezialisiert sind.» Er deutete abermals auf den Geldschrank. «Schauen Sie. Man hat nur vier Löcher gebohrt und dann ein Stemmeisen angesetzt. Die wussten genau, wo man bohren muss, das heißt, sie kannten das Modell.»
Nachdem der Polizeifotograf seine Arbeit beendet hatte, rückten die Beamten ab. Zuvor hatte Sören Polizeileutnant Rosskopf versprochen, wegen der Verbrecherkartei noch heute ins Kommissariat zu kommen. Jedes andere Verhalten wäre auch zu auffällig gewesen, obwohl sich Sören nicht wirklich etwas von diesem Abgleich versprach. Dass sich einer der Mandanten seine hiesigen Ortskenntnisse zunutze gemacht hatte, konnte er jedenfalls ausschließen.
«Und dann wäre es schön, wenn Sie bitte alles zur Mandatsübernahme im Fall David Bischop vorbereiten würden. Die Papiere nehme ich nachher gleich mit.»
Fräulein Paulina blickte ihn verstört an. «Sie wollen selbst …?»
Sören nickte. «Ja. Stellen Sie bitte vorher noch eine Verbindung mit Rotherbaum 228 her. Herr Hellwege, Sie wissen schon. Es ist wichtig. Wenn er nicht im Haus sein sollte, versuchen Sie es bitte in seinem Kontor im Dovenhof. Ich werde hier jetzt erst mal für Ordnung sorgen.»
Seine Gedanken waren nur noch beim Fall Otte. Die Dokumente waren jedenfalls in Sicherheit, das hatte ihm Martin am Telefon mitgeteilt. Aber er fühlte sich auf Schritt und Tritt verfolgt. Auf dem Weg zum Untersuchungsgefängnis hatte Sören sich gleich mehrfach dabei ertappt, wie er sich nach scheinbar unauffälligen Passanten umgedreht hatte, er war Umwege gegangen und hatte Haken geschlagen wie ein Kaninchen auf der Flucht. Er wurde das Gefühl nicht los, ständig beobachtet zu werden. Selbst hier im Stadthaus war ihm so, als spürten ständig ein paar Augenpaare jeder seiner Bewegungen nach. Der junge Polizist zum Beispiel, der ihm den Karteikasten
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