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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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habe beobachtet, wie mehrere Personen auf das spätere Opfer einschlugen. Hat Waldemar Otte irgendwelche Angaben dazu gemacht, womit auf das Opfer eingeschlagen wurde?»
    Schön schüttelte nachdenklich den Kopf, während Sören laut weiterlas.
    «Da er einen Raubüberfall vermutete, verständigte er den nächsten Wachtmeister und kehrte in dessen Begleitung an den Ort des Geschehens zurück, wo man die Leiche von Simon Levi entdeckte. Mit Hilfe mehrerer hinzugezogener Polizisten durchkämmte man daraufhin die Lokalitäten in der näheren Umgebung, bis die gesuchten Personen in der Gaststätte
Zum kleinen Fässchen
durch den Zeugen identifiziert werden konnten. Drei der Personen entzogen sich durch Flucht der Festnahme, ein Vierter konnte in Gewahrsam genommen werden. Bei dem Verdächtigen handelt es sich um den   …» Sören machte einen tiefen Atemzug. «David Bischop.» Er blickte Schön provozierend an. «Sie kennen ja
seine
Aussage.»
    «Allerdings.»
    «Mein Mandant leugnet nicht, das spätere Opfer geschlagen zu haben.»
    «Doktor Bischop. Es ist müßig, hier über die Aussagen eines Verdächtigen bezüglich des Tathergangs zu streiten. Er wurde zweifelsfrei als einer der an der Tat Beteiligten vom Zeugen identifiziert.» Schön machte eine kurze Pause. «Und er war in Begleitung umtriebigen Gesindels. Die Namen sind uns bekannt, und meine Leute halten die Augen offen.»
    «Haben Sie bereits Nachforschungen wegen der Frau eingeleitet, die nach Aussage meines Mandanten am Geschehen beteiligt war?»
    Polizeirat Schön erhob sich und streckte Sören die Hand zur Verabschiedung entgegen. «Doktor Bischop. Sie können sicher sein, wir tun alles, was wir für nötig halten.»
     
    Pünktlich um halb acht betrat Sören den Convent Garten. Nicht wie sonst über den Eingang an der Fuhlentwiete, vor dem sich heute sogar eine kleine Schlange gebildet hatte, sondern über das Portal an der Kaiser-Wilhelm-Straße, das den Besitzern einer Logenkarte vorbehalten war. Mathilda hatte die Karte für ihn an der Abendkasse hinterlegt. So, wie es aussah, war das Konzert restlos ausverkauft. Auf der Treppe zum Rang staute sich bereits das Publikum, das nach oben drängte. Im Foyer vor den Logen war es nicht weniger voll.
    Wohin Sören auch blickte, überall sah er bekannte Gesichter, als hätte sich ein Teil der städtischen Prominenz am heutigen Abend auf ein Stelldichein verabredet. An der Garderobe erkannte er Gustav Amsinck, der dem alten Münchmeyer, beschwerlich auf einen Stock gestützt, aus dem Mantel half. Münchmeyer mochte auf die Neunzig zugehen, und man sah ihn nur noch selten in der Öffentlichkeit. Neben ihnen machte er Emil Wohlwill aus, den Direktor der Norddeutschen Affinerie, und unweit dahinter identifizierte Sören die geschwungene Adlernase und die leuchtend blauen Augen von Senator Burchard, seinem alten Kontrahenten, dessen Blick auf das Dekolleté einer Sören nicht näher bekannten Begleitung geheftet schien. In früheren Jahren hatten sie sich am Steuer ihrer Segelboote erbitterte Duelle auf Alster und Elbe geliefert. Sören musste unweigerlich schmunzeln. Die Dame an Burchards Seite war nicht seine Gemahlin.
    Nachdem er der Garderobiere seinen Rock gereichthatte, führte ihn eine junge Platzanweiserin zu seiner Loge, die bis auf einen einzigen Platz hinter einer hünenhaften Gestalt bereits belegt war. Als er sich gesetzt hatte, musste Sören feststellen, dass ihm der Blick auf die Bühne durch den Riesen tatsächlich verwehrt wurde. Während er versuchte, je nach Kopfhaltung des Mannes vor ihm abwechselnd rechts oder links an ihm vorbeizuschauen, machte ihn dessen Begleitung auf die Unannehmlichkeit aufmerksam. Als der Mann sich umdrehte, konnte Sören im Schummerlicht der Loge erkennen, wer da vor ihm saß. Im gleichen Moment musste ihn Adolph Woermann ebenfalls erkannt haben, denn der freundliche Vorschlag, die Plätze tauschen zu können, endete abrupt in einem herzhaften Lachen.
    «Wie damals in der Schule», meinte Woermann amüsiert. «Nur dass ich früher hinter dir gesessen habe.» Er reichte Sören die Hand. «Schön, dich hinter mir zu wissen. – Du kennst meine Gattin?»
    Sören erhob sich kurz zur Begrüßung und machte eine höfliche Verbeugung. Nein, Franziska Woermann hatte er nie kennengelernt, obwohl Adi bei jedem ihrer meist zufälligen Treffen die längst ausstehende Einladung in sein Haus erneut vorbrachte. Inzwischen zweifelte Sören allerdings daran, dass es ihm wirklich ernst

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