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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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Geschäftspartner und kenne Max Schinckel recht gut, aber für solche Nachforschungen habe ich andere Quellen.»
    Sören verkniff es sich, nachzufragen, wer der Informant war. Sehr wahrscheinlich handelte es sich dabei um einen von Martins
guten Freunden
, der an der Quelle saß. «Wem gehören die Konten?»
    «Das ist nicht so einfach zu durchschauen. Scheinbar handelt es sich dabei um ein Konsortium verschiedener Industrie- und Handelsunternehmen. Das habe ich überdie Eingänge feststellen können. Borsig ist dabei, Fritz Friedländer-Fuld sowie Krupp aus Essen, aber auch andere Namen tauchen auf, etwa James Simon aus Berlin. Den größten Teil des Kuchens, den man namentlich zuordnen kann, hat dabei Friedrich Alfred Krupp beigesteuert. Der gute Capri-Fischer hat alleine mehr als zwanzig Millionen Mark auf die Konten verteilt.»
    «Capri-Fischer?»
    Martin lächelte vielsagend. «So wird er hinter vorgehaltener Hand von denjenigen tituliert, die einmal seinen opulenten Feierlichkeiten in der Marina piccola auf Capri beiwohnen durften.» Er blickte kurz auf, als wollte er sich vergewissern, ob Sören den Wink verstanden hatte. «Wie du ja weißt, halte ich mich in den Übergangsmonaten gerne in wärmeren Gefilden auf. Aber ich schweife ab   … Interessant scheint mir, wer die Konten eingerichtet hat. Das geschah nämlich in allen Fällen durch die Geschäftsführer der einzelnen Bankhäuser.»
    «Ist das so ungewöhnlich?»
    «Allerdings. Ein solcher Vorgang lässt darauf schließen, dass es zwischen Einzahlern und Bankinstituten einen außerordentlichen Vertrag gibt, wie es beispielsweise bei der Einrichtung von Spendenkonten üblich ist. Daran habe ich zuerst auch gedacht, aber die Summen sind einfach zu groß. Die Konten wurden alle im letzten Herbst angelegt, mehr oder weniger gleichzeitig. Bis dato ist nur ein einziger Ausgang verbucht, und der ging von der Norddeutschen Bank an die Schiff- und Maschinenbau AG Germania in Kiel.»
    «Eine Werft.»
    «Richtig. Aber nicht irgendeine Werft. Ich bin natürlich gleich neugierig geworden, weil mich der Verwendungszweck der Gelder interessiert hat. Und worauf bin ichgestoßen? Die Schiff und Maschinenbau AG Germania ist seit fast sechs Jahren ein Pachtbetrieb der Firma Friedrich Krupp in Essen. Eine vollständige Übernahme des Betriebs ist für dieses Jahr geplant. Aber das Beste kommt noch   …» Martin klatschte freudig aufgeregt wie ein Kind in die Hände. «Weißt du, wer die Anweisung des Betrags unterschrieben hat? Du wirst es nicht glauben: Albert Ballin. Der Mann hat Prokura.»
    «Was! Dann müssen das Gelder und Konten der Hapag sein.»
    Martin schüttelte den Kopf. «Das glaube ich nicht. Die Höhe der Einlagen übersteigt das Kapital der Hapag bei weitem. Ich denke vielmehr, es sind Konten, mit denen Großaktionäre der Hapag spekulativ in neue Aufträge der Hapag investieren. Die Hapag hält sich ja leider sehr bedeckt, was die Namen ihrer Aktionäre betrifft. Sonst hätte man das anhand der Einzahler verifizieren können.»
    «Also ich kann deinen Gedankengängen nicht folgen.» Sören stand auf und ging im Zimmer auf und ab. «Krupp überweist Gelder an die Hapag. Und die Hapag bestellt dann wieder bei einem Unternehmen, das Krupp gehört. Das ist doch völlig unlogisch.»
    Martin griff nach einer Zeitung, die zuoberst auf einem Stapel neben dem Tisch lag. «Die Hapag hat bei der Germania-Werft aber überhaupt kein Schiff im Bau», sagte er bedächtig und blätterte durch die Seiten. Schließlich schien er gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte.
    «Hier.» Martin tippte auf einen Artikel. «Laut Bericht des
Unparteyischen Correspondenten
haben Hamburger Reedereien derzeit folgende Dampfschiffe in Bau. Die Hamburg-Amerika Linie führt die Liste mit elf Schiffen an. Zwei davon lässt man in Hamburg bauen, zwei Dampfer in Flensburg, zwei in Vegesack, ein Schiff in Rostockund zwei in England. Die Levante-Linie folgt auf Platz zwei mit sechs Schiffen, wovon je zwei in Hamburg und Rostock auf Kiel gelegt sind und je eins in Lübeck und Helsingör. Unser alter Klassenkamerad Woermann hat vier Schiffe bei Blohm + Voss in Hamburg bestellt, die Kosmos ebenfalls zwei in Hamburg, die Deutsche Ostafrika Linie hat einen Dampfer in Flensburg geordert, und in Geestemünde wird noch der Fünfmaster Preußen für die Laeisz-Reederei gebaut.»
    «Lies noch mal vor», bat Sören und blieb nachdenklich vor dem Kamin stehen. – «Das macht neun und nicht elf

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