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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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über seine Gang wissen«, fügte Ringmar hinzu. »Alles.«
    »Ich will auch herausbekommen, wo zum Teufel dieser Jakobsson ist«, fluchte Winter.
    »Sollen wir eine Haussuchung bei Bremer machen?«
    Winter schüttelte den Kopf.
    »Zu früh?«
    »Wir warten noch ein bisschen. Und für diese Sache möchte ich die Zustimmung des Staatsanwalts einholen. Dann erst zerlegen wir das Haus. Aber richtig.«
    »Du scheinst ja schon alles beschlossen zu haben.«
    »Wurde auch langsam Zeit, oder?«
    Winter führte das Verhör selbst. Bevor er zurück in den Verhörraum ging, hatte er den neuesten Bericht über die Suche im Delsjön gelesen.
    Bremer saß auf einem Stuhl und blickte ins Leere. Aber auch wenn er Winter ansah, wirkte er abwesend. Das Licht im Zimmer war blendend hell. Winter hatte beschlossen, keine Videoaufzeichnung zu machen, sondern stellte das Tonbandgerät an und sprach den obligatorischen Prolog ins Mikrofon. Danach begann das Verhör.
    Bremer blieb in Gewahrsam.
    Winter brummte der Schädel. Er hatte seine Schreibtischlampe angemacht, weil es bereits wieder dämmerte, aber er blieb tatenlos sitzen. Er rauchte und betrachtete nachdenklich den Umschlag mit den Fotografien vor sich auf dem Tisch. Michaela war schnell gewesen, genauso schnell wie der Fotograf und das Fotolabor. Die Bilder waren nach Kopenhagen und weiter nach Göteborg geflogen worden.
    Winter schloss die Augen, wollte eine Minute warten, bevor er den Umschlag öffnete. Er drückte den Zigarillo aus. Vielleicht den Letzten seines Lebens. Für Raucher gab es keinen Platz in einer modernen Welt.
    Doch er zündete bereits einen neuen Zigarillo an, bevor er aufstand und an die Wand mit den Zeichnungen trat.
    Landvetter. Als sie Bremers Ödegärd verließen, war eine Boeing durch den Luftraum über Bremers Haus gedonnert. Bremer hatte keinerlei Reaktion gezeigt. Aneta war zusammengefahren, als das Flugzeug plötzlich über ihnen aufgetaucht war. Winter hatte nach oben geblickt, und der Bauch des Flugzeugs füllte den Himmel, als der Schall längst auf der anderen Seite des Waldes und der Schnellstraße angekommen war.
    Das hatte er doch auf Jennies Bildern gesehen... in ihrem Tagebuch. Das betreffende Bild hing nicht an der Wand. Er ging zum Tisch, wo die Zeichnungen sortiert lagen, und im dritten Stapel von links, dem für Fahrzeuge aller Art, befanden sich zwei Bilder mit einem länglichen Ding, das über dem Wald und dem Haus schwebte. Es war ein gutes Bild. Winter konnte beinahe das Donnern hören, mit dem das Flugzeug durch die Wolken stieß, durch Regen und Sonne.
    Winter öffnete den Umschlag. Es waren fünf Bilder darin. Das oberste zeigte zwei Personen auf dem Weg zum Haus: Eine Frau, die ein Kind an der Hand hielt. Sie blickten beide geradeaus. Die Gesichter konnte man nicht sehen.
    Auf dem anderen Bild waren sie dem Haus bereits näher gekommen. Das Kind hatte sich umgedreht oder jedenfalls in diese Richtung. Vielleicht hatte es den Fotografen bemerkt. Winter kannte das Gesicht. Es war das des Kindes auf dem Videofilm. Von dem Verhör im Präsidium, Jahre zuvor. Es war Helene. Das Gesicht der Frau war nicht zu sehen.
    Das dritte Bild aus dem Umschlag war eine Ausschnittvergrößerung des zweiten. Winter fühlte sich an einen Film erinnert, den er vor ungefähr zehn Jahren im Kino angeschaut hatte. Schon als er mit Michaela Poulsen über die Bilder gesprochen hatte, war ihm der Gedanke gekommen, wie sehr sich die Situationen ähnelten. In diesem Film aus den sechziger Jahren war ein Fotograf einem Mord auf die Spur gekommen, als er zufällig aufgenommene Fotos vergrößert hatte. Zumindest glaubte Winter, dass dies die Story war.
    Jetzt war es das Gleiche. Die Fotografie war zu einem bestimmten Zweck aufgenommen worden und hatte nun eine völlig andere Bedeutung bekommen. Das Dokument eines Verbrechens. Blow Up. So hieß der Film. Vergrößerung, dachte er. Grotesk vergrößerte Bilder.
    Auf dieser dritten Fotografie war das Mädchen noch deutlicher erkennbar. Von der Frau sah man nur das Profil. Winter wünschte, er könnte dem Profil einen Namen geben, aber er war sich nicht sicher.
    Nein, etwas ganz Anderes auf dem Bild versetzte ihm einen Schock. Er schloss die Augen und blickte erneut hin: Zwischen der Frau und der Tür befand sich ein Fenster, und in dem Fenster war schemenhaft eine weitere Gestalt zu sehen. Noch einmal machte Winter die Augen zu und öffnete sie wieder, versuchte sich ganz darauf zu konzentrieren. Die Gestalt war noch

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