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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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eine Tagesstätte oder Vorschule in der Umgebung ging. Aber war das ihre Aufgabe? War das nicht nur Neugierde?
    »Sie können mit Ihrem Namen unterschreiben, wenn Sie wollen«, sagte Ester Bergman. »Warum sollte ich das tun, Frau Bergman?«
    »Sie können besser mit den Polizisten reden, wenn sie herkommen.«
    »Sie sind es aber doch, Frau Bergman, die sie lange nicht gesehen hat.«
    »Aber Sie können sich besser ausdrücken, meine ich. Und ich mag nicht so viele fremde Leute. Wenn die in ihren Autos kommen. Mit Hunden. Oder gar Pferden.«
    »Es werden bestimmt nicht gleich so viele sein«, beschwichtigte Karin Sohlberg die alte Frau. »Vielleicht nur einer oder zwei, die ein paar Fragen stellen. Aber das kann dauern, bis die überhaupt kommen. Und vielleicht wird ja gar nichts draus.«
    »Nein? Warum sollten sie denn nicht kommen?«
    Karin Sohlberg wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie schaute hinaus, als hoffte sie, dass die Mutter und das rothaarige Mädchen Hand in Hand vorbeikämen.
    »Vielleicht ist es besser, wir schreiben den Brief nicht«, zögerte Ester Bergman.
    »Er ist schon fertig.«
    »Aber wir müssen ihn nicht abschicken.«
    »Wollen Sie es wirklich nicht, Frau Bergman?«
    »Doch.«
    »Dann tun wir es.«
    »Aber es ist besser, wenn Sie mit denen reden.«
    »Können wir uns nicht darauf einigen, dass ich dabei bin und mit der Polizei rede? Ich kann neben Ihnen sitzen, Frau Bergman.«
    »Ja, das ginge vielleicht.«
    »Dann klebe ich den Brief jetzt zu und werfe ihn gleich ein«, sagte Karin Sohlberg. »Lesen Sie ihn noch mal vor«, bat Ester Bergman.
    Als Karin Sohlberg las, war sie fest überzeugt, dass der Brief bestimmt liegen bleiben würde. Bei der Polizei mussten doch hunderte oder tausende solcher Hinweise auf verschwundene Personen eingehen. Telefonanrufe und Briefe. Vielleicht gingen sogar welche persönlich hin. Sie fragte sich, wie die Polizei entschied, welchen Hinweisen sie nachgehen sollte. Sie konnten ja nicht alles ernst nehmen.
    Winter las die Protokolle der immer umfangreicheren Voruntersuchung: Der Papierberg auf seinem Tisch wuchs. Er saß im Sakko da und arbeitete am offenen Fenster. Im Laufe der Nacht hatte es aufgehört zu regnen. Die Geräusche von den Straßen waren dumpfer und gleichzeitig gedämpfter, da die Luft jetzt schärfer und leichter zu atmen war. Ein Widerspruch, über den er kurz nachgedacht hatte, als er von zu Hause zur Arbeit geradelt war.
    In den Gemeinden Göteborg, Kungälvs, Kungsbacka und Härryda gab es insgesamt 124 weiße Ford Escort 1.8 CLX Kombi Sedan 3-türig, Baujahr 91-94, die den Buchstaben H als ersten auf dem Nummernschild hatten. Es gab keinen, bei dem das Kennzeichen mit »HE« anfing. Merkwürdig.
    Winter hatte noch einmal lange über den unscharfen Videobildern gebrütet. Eines war sicher, der Anfangsbuchstabe auf dem Nummernschild war ein H. Kein Zweifel.
    Eines der Autos auf seiner Liste musste das Auto auf dem Film sein. Was hatte es dort am See gemacht?
    124 Autos. Das war nun wirklich keine geringe Zahl. Es würde viel Zeit kosten, 124 Besitzer zu befragen. Auf der Liste standen jeweils das Autokennzeichen, der Name, die Adresse des Fahrzeughalters und die Nummer des Personalausweises. Zwei der Autos waren zur Zeit des Mordes an Helene als gestohlen gemeldet. Das war ein Problem, aber es konnte auch eine Hilfe sein. Sie hatten bei den Besitzern der beiden gestohlenen Autos angefangen. Das eine hatte sich wieder gefunden, falsch geparkt mit staubtrockenem Tank auf dem Parkplatz vor Swedish Match. Das andere blieb verschwunden, was beides bedeuten konnte: eine weitere Komplikation oder einen Schritt nach vorn. Sie mussten nur die Unschuldigen ausschließen durch die Vernehmung der betroffenen Personen über ihr Tun zu einem gewissen Zeitpunkt ihres Lebens. Das hieß konkret: zuhören und daraus den Schluss ziehen, wer log und möglicherweise warum.
    Das große Problem waren die Lügner - nicht etwa weil sie gegen die Gesetze verstoßen hatten, sondern weil sie sich nahe Stehenden gegenüber unmoralisch, unethisch oder falsch verhalten hatten - und nun unter keinen Umständen gestehen wollten, was es war. Lieber sollten Mörder frei herumlaufen, Unfallflüchtige weiter fahren. Es gibt dafür eine alte Redensart, erinnerte sich Winter. Die Sache mit dem Dreck am Stecken.
    Winter wartete noch auf mehrere Abschriften von Verhören mit Autobesitzern, die den Leuten gegenüber als Gespräche bezeichnet wurden, um sie nicht zu

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