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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Aimée dich erschießen, wenn mich nicht alles täuscht.»
    «Sie kann mich jetzt schon nicht ausstehen», konstatierte Joanna, nachdenklich, aber nicht ohne eine gewisse Genugtuung.
    «Wir sind hierhergezogen», sagte ich fest, «weil wir Ruhe und Frieden suchen, und ich werde dafür sorgen, dass wir sie auch finden.»
    Aber Ruhe und Frieden waren das Letzte, was uns vergönnt sein sollte.

Viertes Kapitel
    I
     
    E s muss etwa eine Woche später gewesen sein, als Partridge mir mitteilte, Mrs Baker würde mich gern sprechen, falls ich ein paar Minuten erübrigen könnte.
    Der Name Mrs Baker sagte mir gar nichts.
    «Wer ist Mrs Baker?», fragte ich verdutzt. «Kann sie nicht mit Joanna reden?»
    Doch nein, anscheinend war ich es, den die Dame zu sprechen wünschte. Es stellte sich außerdem heraus, dass Mrs Baker die Mutter des Mädchens Beatrice war.
    Ich hatte Beatrice vergessen. Seit zwei Wochen wurde ich hin und wieder einer älteren Frau mit strähnigen grauen Haaren gewahr, die meist auf allen vieren kauerte und sich bei meinem Auftauchen im Krebsgang aus Badezimmern oder irgendwelchen Durchgängen zurückzog, und vage wusste ich wohl auch, dass sie unser neues «Mädchen» war. Ansonsten war mir die Geschichte mit Beatrice aus dem Gedächtnis geschwunden.
    Ich konnte mich schlecht weigern, Beatrice’ Mutter zu empfangen, zumal ich erfuhr, dass Joanna nicht daheim war, aber ich muss gestehen, dass mich die Aussicht unruhig stimmte. Ich konnte nur hoffen, dass ich nicht beschuldigt würde, mit Beatrice’ Gefühlen gespielt zu haben. Während ich im Stillen die Aktivitäten des anonymen Briefeschreibers verfluchte, befahl ich laut, man möge Beatrice’ Mutter zu mir bringen.
    Mrs Baker war eine wuchtige, wettergegerbte Frau, die redete wie ein Wasserfall. Zu meiner Erleichterung konnte ich keinerlei Anzeichen von Zorn oder Vorwurf entdecken.
    «Sie müssen entschuldigen, Sir», begann sie, kaum dass die Tür sich hinter Partridge geschlossen hatte, «dass ich so frei war, zu Ihnen zu kommen, aber ich hab mir gedacht, ich wende mich am besten an Sie, und Sie täten mir einen großen Gefallen, Sir, wenn Sie mir vielleicht einen Rat geben könnten, was man in so einem Fall am besten machen soll, denn irgendwas muss geschehen, Sir, und es war noch nie meine Art, einfach die Hände in den Schoß zu legen, Weinen und Jammern hat noch keinem weitergeholfen, sag ich immer, man muss das Übel samt der Wurzel ausreißen, wie auch unser Herr Pfarrer erst vorletzte Woche in seiner Predigt gesagt hat.»
    Ich war etwas verwirrt und hatte das Gefühl, irgendeinen wichtigen Teil der Unterhaltung verpasst zu haben.
    «Natürlich», sagte ich. «Möchten Sie – möchten Sie nicht Platz nehmen, Mrs Baker? Es wäre mir ein Vergnügen, alles – äh, alles in meiner Macht Stehende für Sie zu tun…»
    Ich hielt erwartungsvoll inne.
    «Danke, Sir.» Mrs Baker setzte sich auf die Kante eines Sessels. «Sehr gütig von Ihnen, danke. Was bin ich froh, dass ich zu Ihnen gekommen bin, das hab ich auch zu meiner Beatrice gesagt, wie sie heulend und weinend auf ihrem Bett lag, Beatrice, hab ich gesagt, Mr Burton weiß bestimmt, was zu tun ist, schließlich ist er ein feiner Herr aus London. Und irgendwer muss eingreifen, wo junge Männer doch solche Hitzköpfe sind, die sich nie was sagen lassen, und von einem Mädel schon gar nicht, aber wenn ich du wäre, hab ich zu Beatrice gesagt, tät ich ihm gehörig den Marsch blasen, und überhaupt, was ist mit dem Mädchen aus der Mühle unten?»
    Meine Verwirrung nahm stetig zu.
    «Entschuldigen Sie», sagte ich. «Aber ich verstehe nicht ganz. Was ist denn passiert?»
    «Diese Briefe, Sir. Schlimme Briefe, voll lauter unanständigen Wörtern, noch schlimmer, als wie ich’s aus der Bibel kenn.»
    Ich überging diese interessante Randbemerkung und fragte verzweifelt: «Hat Ihre Tochter denn noch mehr Briefe bekommen?»
    «Sie nicht, Sir. Sie hat bloß den einen gekriegt. Der, wegen dem sie hier aufgehört hat.»
    «Es bestand keinerlei Grund…», setzte ich an, aber Mrs Baker unterbrach mich bestimmt und respektvoll.
    «Das brauchen Sie mir nicht erst sagen, Sir, dass das, was da drin stand, nichts wie dreckige Lügen waren. Da hat mir Miss Partridge ihr Wort gegeben – und ich hätt’s auch so gewusst. Sie sind nicht die Sorte Herr für so was, das weiß ich, wo Sie doch auch noch behindert sind. Dreckige, falsche Lügen war’n das, aber ich hab Beatrice trotzdem gesagt, sie soll lieber

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