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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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daheim bleiben, denn Sie wissen ja, wie die Leute reden, Sir. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, werden sie sagen. Und ein Mädchen kann gar nicht gut genug Acht geben. Wo meine Beatrice sich doch eh so geschämt hat wegen den Sachen, die in dem Brief drinstanden, deshalb hab ich ihr auch gleich zugestimmt, wie sie gesagt hat, sie will nie wieder zu Ihnen raufkommen, obwohl es uns natürlich beiden furchtbar arg war, dass Sie jetzt Ungelegenheiten mit…»
    Außerstande, aus diesem Satz herauszufinden, holte Mrs Baker tief Atem und begann von neuem.
    «Jedenfalls, ich hab gehofft, damit hätten alle die bösen Reden ein Ende. Aber jetzt hat George von der Autowerkstatt unten, der mit unserer Beatrice geht, auch einen gekriegt, furchtbare Sachen stehen da drin über das Mädel, wie sie mit Fred Ledbetters Tom poussiert und und und, dabei geb ich Ihnen mein Wort, Sir, das Mädel hat kaum mehr mit ihm geredet als Grüß Gott und Auf Wiedersehen.»
    Mir schwirrte der Kopf ob dieser neuen Komplikation in Gestalt von Mr Ledbetters Tom.
    «Habe ich Sie recht verstanden?», fragte ich. «Beatrice’ – äh – junger Mann hat einen anonymen Brief bekommen, in dem Anschuldigungen gegen sie und einen anderen jungen Mann stehen?»
    «Genau, Sir, und nicht sehr fein ausgedrückt – fürchterliche Wörter, und George ist fuchsteufelswild geworden, fuchsteufelswild, und er ist zu uns gekommen und hat Beatrice gesagt, so was lässt er sich von ihr nicht gefallen, er lässt es sich nicht bieten, dass sie sich hinter seinem Rücken mit einem anderen rumtreibt, und sie sagt, es ist alles gelogen, und er sagt, wo Rauch ist, ist auch Feuer, und stampft wütend davon, und Beatrice, die ist völlig außer sich, das arme Ding, und ich hab gesagt, ich setz jetzt meinen Hut auf und geh schnurstracks zu Ihnen rauf, Sir.»
    Mrs Baker hielt inne und sah mich erwartungsvoll an, wie ein Hund, der nach einem besonders schwierigen Kunststück auf seine Belohnung wartet.
    «Aber warum zu mir?», fragte ich.
    «Ich hab gehört, Sir, dass Sie auch einen von diesen schlimmen Briefen gekriegt haben, und ich hab mir gedacht, Sir, wo Sie doch ein feiner Herr aus London sind, wissen Sie bestimmt, was zu tun ist.»
    «Ich an Ihrer Stelle», sagte ich, «würde zur Polizei gehen. Der Sache muss ein Riegel vorgeschoben werden.»
    Mrs Baker machte ein zutiefst schockiertes Gesicht.
    «O nein, Sir. Zur Polizei geh ich nicht.»
    «Wieso nicht?»
    «Ich hab noch nie was mit der Polizei zu tun gehabt. Keiner hier hat das.»
    «Das habe ich auch nicht erwartet. Aber nur die Polizei kann mit solchen Dingen umgehen. Dafür ist sie da.»
    «Bert Rundle, meinen Sie?»
    Bert Rundle war der Dorfpolizist, das wusste ich.
    «Auf der Polizeiwache gibt es sicher auch einen Sergeanten oder einen Inspektor.»
    «Ich soll in die Wache reingehen?»
    In Mrs Bakers Ton lagen Vorwurf und Ungläubigkeit. In mir stieg allmählich Ärger auf.
    «Das ist der einzige Rat, den ich Ihnen geben kann.»
    Mrs Baker schwieg, sichtlich nicht überzeugt. Gramvoll und ernst sagte sie: «Mit diesen Briefen muss Schluss sein, Sir, es muss Schluss sein damit, sonst richten sie irgendwann noch Unheil an.»
    «Ich hatte den Eindruck, dass sie das bereits tun», sagte ich.
    «Ich red von blutigen Köpfen, Sir. So ein junger Bursche, der wird leicht rabiat, wenn er sich aufregt – und bei den älteren ist’s das Gleiche.»
    «Sind denn viele von diesen Briefen im Umlauf?», fragte ich.
    Mrs Baker nickte.
    «Es wird immer schlimmer, Sir. Mr und Mrs Beadle vom Blue Boar, was waren die immer glücklich miteinander, und jetzt kommt so ein Brief und er sieht Gespenster, Sir – bildet sich Sachen ein, die nicht stimmen.»
    Ich beugte mich vor.
    «Mrs Baker», sagte ich, «haben Sie irgendeine Vorstellung, irgendeinen noch so vagen Verdacht, wer solche abscheulichen Briefe schreiben könnte?»
    Zu meiner großen Überraschung nickte sie.
    «Wir haben unseren Verdacht, Sir. Ja, wir haben alle unseren Verdacht.»
    «Wer ist es?»
    Ich hatte erwartet, dass sie zögern würde, einen Namen zu nennen, aber sie erwiderte prompt:
    «Es ist Mrs Cleat – das meinen wir alle, Sir. Es ist ganz sicher Mrs Cleat.»
    Ich hatte so viele Namen gehört an diesem Morgen, dass ich ganz durcheinander war.
    «Wer ist denn jetzt Mrs Cleat?», fragte ich.
    Mrs Cleat, so erfuhr ich, war die Frau eines alten Aushilfsgärtners. Sie wohnte in einem Häuschen an der Straße, die zur Mühle führte. Weitere Erkundigungen meinerseits

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