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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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offen da.
    Dieses eine Mal war ich heilfroh, als Aimée Griffiths markige Stimme erklang.
    «Ah, Maud! Wie gut, dass ich Sie treffe. Ich wollte einen anderen Termin für den Basar vorschlagen. Tag, Mr Burton. – Ich muss nur auf einen Sprung ins Lebensmittelgeschäft, meine Bestellung aufgeben, dann komme ich im Frauenverein vorbei, wenn’s Ihnen recht ist.»
    «Doch, doch, das passt mir gut», sagte Mrs Dane Calthrop.
    Aimée Griffith verschwand im Laden.
    Mrs Dane Calthrop sagte: «Armes Ding.»
    Ich war verwirrt. Sie hatte doch nicht etwa Mitleid mit Aimée?
    Aber sie sprach schon weiter: «Wissen Sie, Mr Burton, ich bin wirklich in Sorge…»
    «Wegen der Briefe?»
    «Ja, denn es bedeutet – es muss bedeuten…» Sie schwieg, gedankenverloren, die Augen verengt. Dann sagte sie, langsam, wie jemand, der ein kniffliges Problem löst: «Blinder Hass… ja, blinder Hass. Aber selbst ein Blinder kann durch einen Zufall ins Herz treffen… Und was geschieht dann, Mr Burton?»
    Wir sollten es erfahren, ehe ein weiterer Tag um war.
     
    II
     
    Es war Partridge, die die Tragödie meldete. Partridge liebt Unheil. Ihre Nase fängt ekstatisch zu zucken an, sobald sie Hiobsbotschaften gleich welcher Art zu überbringen hat.
    Als sie an diesem Morgen in Joannas Zimmer kam, zuckte ihre Nase wie wild, ihre Augen glänzten, und ihre Mundwinkel waren zu einer düsteren Fratze nach unten gebogen. «Schreckliche Neuigkeiten heute früh, Miss», bemerkte sie, während sie die Jalousien hochzog.
    Joanna mit ihrem Großstadtrhythmus braucht morgens immer eine Weile, bis sie bei vollem Bewusstsein ist. «Mh-mh», murmelte sie und wälzte sich auf die andere Seite.
    Partridge stellte ihr den Morgentee hin und unternahm einen neuen Vorstoß. «Schrecklich. Ein richtiger Schock! Ich konnt’s kaum glauben, wie ich’s gehört hab!»
    «Was ist schrecklich?», fragte Joanna, während sie den Schlaf abzuschütteln versuchte.
    «Die arme Mrs Symmington.» Sie machte eine Kunstpause. «Tot.»
    «Tot?» Joanna setzte sich auf, jetzt hellwach.
    «Ja, Miss, gestern Nachmittag, und das Furchtbarste ist, sie hat sich das Leben genommen.»
    «O nein, Partridge!»
    Joanna war ernsthaft entgeistert – Mrs Symmington schien so gar nicht der Typ für Tragödien.
    «Doch, Miss, leider. Mit voller Absicht. Ist dazu getrieben worden, die Arme.»
    «Getrieben?» Joanna dämmerte die Wahrheit. «Doch nicht…?» Sie sah Partridge an, die nickte.
    «Jawohl, Miss. Einer von diesen abscheulichen Briefen.»
    «Was stand darin?»
    Doch das hatte Partridge zu ihrem großen Bedauern nicht erfahren können.
    «Sie sind ja auch widerwärtig», sagte Joanna. «Aber dass man sich deshalb gleich umbringen muss…»
    Partridge schniefte und meinte dann viel sagend: «Außer es wäre wahr, Miss.»
    «Oh», sagte Joanna.
    Partridge zog ab, und sie trank ihren Tee aus, warf einen Morgenmantel über und kam herüber, um es mir zu erzählen.
    Ich dachte an das, was Owen Griffith gesagt hatte. Früher oder später musste einer der blindlings abgefeuerten Schüsse treffen. Er hatte Mrs Symmington getroffen. Gerade sie, bei der man es am allerwenigsten vermutet hätte, hatte ein Geheimnis gehabt… Es passt, überlegte ich: Schlau mag sie gewesen sein, vital nicht. Sie war der blutarme, klammernde Typ Frau, der kein Stehvermögen hat.
    Joanna stupste mich an und wollte wissen, was ich dachte.
    Ich erzählte ihr, was Owen gesagt hatte.
    «Natürlich», sagte Joanna giftig, «der muss es ja wissen. Dieser Mann hat die Weisheit mit Löffeln gefressen.»
    «Er ist gescheit», sagte ich.
    «Er ist eingebildet», sagte Joanna. Und sie fügte hinzu: «Grauenhaft eingebildet.»
    Sie schwieg eine Weile und sagte dann: «Wie furchtbar für ihren Mann – und für das Mädchen. Wie geht es Megan jetzt wohl?»
    Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, und das sagte ich auch. Es war seltsam, wie wenig sich abschätzen ließ, was Megan fühlte oder dachte.
    Joanna nickte und sagte: «Ja, bei Wechselbälgern tappt man immer im Dunkeln.» Und dann: «Meinst du… würdest du… ich überlege gerade, ob sie vielleicht Lust hätte, ein paar Tage zu uns zu kommen. Es muss ein furchtbarer Schock sein für ein Mädchen in diesem Alter.»
    «Wir könnten hingehen und es anbieten», stimmte ich zu.
    «Für die Jungen ist gesorgt», sagte Joanna. «Die haben ihr Kindermädchen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie genau die Sorte Mensch ist, die jemanden wie Megan verrückt macht.»
    Das hielt

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