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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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unser Vater ein großer dunkelhaariger Mann mit knochigem Gesicht war und unsere Mutter ein blondes, blauäugiges kleines Ding, und dass ich ihm nachschlage und du ihr.»
    Joanna nickte gedankenvoll.
    «Stimmt, wir sehen uns kein bisschen ähnlich. Niemand würde uns für Bruder und Schwester halten.»
    «Offensichtlich», sagte ich mit Verve.
    Joanna sagte, dass es doch furchtbar komisch sei.
    Sie ließ den Brief zwischen zwei Fingern baumeln und fragte, was wir damit tun sollten.
    «Die korrekte Vorgehensweise, wenn ich richtig informiert bin», sagte ich, «wäre, ihn mit einem schrillen Schrei der Empörung ins Feuer zu werfen.»
    Ich ließ den Worten die Tat folgen, und Joanna klatschte Beifall.
    «Das hast du großartig gemacht! Absolut bühnenreif. Ein Glück, dass wir noch Kaminfeuer haben, findest du nicht?»
    «Der Papierkorb wäre längst nicht so dramatisch gewesen», stimmte ich zu. «Natürlich hätte ich den Brief auch mit einem Streichholz anzünden und ihm langsam beim Verbrennen zusehen können – oder muss es heißen, zusehen, wie er langsam verbrennt?»
    «Wenn etwas brennen soll, brennt es doch nie», sagte Joanna. «Es geht aus. Du hättest wahrscheinlich ein Streichholz nach dem anderen anzünden müssen.»
    Sie stand auf und stellte sich ans Fenster. Dann wandte sie mit einem Ruck den Kopf.
    «Was meinst du, wer das geschrieben hat?», fragte sie.
    «Das werden wir vermutlich nie erfahren.»
    «Nein – wahrscheinlich nicht.» Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie: «Wenn ich so drüber nachdenke, weiß ich gar nicht, ob ich es wirklich so komisch finde. Ich – ich hatte gedacht, die Leute hier mögen uns.»
    «Tun sie ja auch», sagte ich. «Das hat doch eindeutig ein Spinner geschrieben.»
    «Wahrscheinlich. Puh – widerlich!»
    Sie ging hinaus in den Sonnenschein, und ich rauchte meine Verdauungszigarette und dachte mir dabei, dass sie völlig Recht hatte. Es war widerlich. Jemand stieß sich an unserem Hiersein – jemand stieß sich an Joannas frischer, junger, mondäner Schönheit – jemand wollte uns treffen. Darüber zu lachen, war vielleicht die beste Reaktion – aber im Grunde war es nicht komisch…
    An diesem Vormittag kam Dr. Griffith. Ich hatte mit ihm vereinbart, dass er mich einmal wöchentlich untersuchte. Ich mochte Owen Griffith. Er war brünett und unbeholfen, mit linkischen Bewegungen, aber geschickten, außerordentlich sanften Händen. Er sprach immer etwas abgehackt, und er war schüchtern.
    Meine Fortschritte, so meldete er, seien zufrieden stellend. Dann fragte er: «Sie fühlen sich doch gut? Vielleicht bilde ich es mir ja nur ein, aber Sie kommen mir heute Morgen ein bisschen angeschlagen vor.»
    «Nichts Schlimmes», sagte ich. «Wir haben nur einen sehr unflätigen anonymen Brief zum Frühstück bekommen, von dem habe ich noch einen schlechten Geschmack im Mund.»
    Er ließ seine Tasche auf den Boden fallen. Sein schmales dunkles Gesicht verriet Erregung.
    «Heißt das, Sie haben auch einen erhalten?»
    Mein Interesse war geweckt.
    «Sie gehen also um?»
    «Ja. Seit einer Weile schon.»
    «Ach», sagte ich. «Ich verstehe. Ich hatte angenommen, es richtet sich gegen uns als Fremde.»
    «Nein, nein, damit hat es überhaupt nichts zu tun. Es ist nur…» Er stockte und fragte dann: «Was stand darin? Wenigstens…» Er brach ab, plötzlich rot und verlegen. «Vielleicht sollte ich besser nicht fragen?»
    «Ich sage es Ihnen mit dem größten Vergnügen», erwiderte ich. «In dem Brief stand, das angemalte Flittchen, das ich hier angeschleppt hätte, sei nicht meine Schwester – wen ich denn damit für dumm verkaufen wolle? Das ist eine bereinigte Version, sollte ich hinzufügen.»
    Er lief rot an vor Zorn.
    «Wie abscheulich! Ihre Schwester hat aber doch nicht – sie nimmt es sich hoffentlich nicht zu sehr zu Herzen?»
    «Joanna», sagte ich, «sieht vielleicht aus wie ein Rauschgoldengel, aber sie ist durch und durch modern und ziemlich hart im Nehmen. Sie findet die Sache höchst unterhaltsam. Es ist etwas ganz Neues für sie.»
    «Das will ich hoffen», erklärte Griffith mit Nachdruck.
    «Wie auch immer», sagte ich fest. «Ich glaube, das ist die gesündeste Einstellung. Es als etwas völlig Lächerliches abtun.»
    «Ja», sagte Owen Griffith. «Nur…»
    «Genau», sagte ich. «‹Nur› ist das Wort.»
    «Das Problem ist», sagte er, «wenn so etwas einmal angefangen hat, zieht es immer weitere Kreise.»
    «Das kann ich mir vorstellen.»
    «Es ist

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