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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Nachricht das war?» Sie warf einen Blick zu Joanna hinüber. «Nicht böse sein, liebes Kind.»
    Joanna jedoch amüsierte sich großartig.
    «Oh, mir macht das nichts aus», versicherte sie der alten Dame. «Ich habe keinerlei Erinnerung daran, aber vielleicht weiß Jerry es ja noch. Es muss etwas ziemlich Banales gewesen sein.»
    Feierlich wiederholte ich die Nachricht, so getreu ich nur konnte, und stellte geschmeichelt fest, dass die alte Dame wie gebannt an meinen Lippen hing.
    Ich hatte befürchtet, der tatsächliche Wortlaut könnte sie enttäuschen, aber vielleicht schwebte ihr eine Romanze vor, denn sie nickte und lächelte und wirkte ganz zufrieden.
    «Ah ja», sagte sie. «Ich dachte mir schon, dass es so etwas ist.»
    «Dass es was ist?», fragte Mrs Dane Calthrop scharf.
    «Etwas gänzlich Unauffälliges», antwortete Miss Marple.
    Sie betrachtete mich eine Weile nachdenklich und sagte dann unerwartet: «Ich merke, Sie sind ein sehr scharfsinniger junger Mann – aber Sie trauen sich nicht genug zu. Das sollten Sie ändern!»
    Joanna johlte auf.
    «Um Gottes willen, bestärken Sie ihn nicht auch noch. Er ist schon eingebildet genug.»
    «Du bist ruhig, Joanna», sagte ich. «Miss Marple versteht mich.»
    Miss Marple hatte ihr flauschiges Strickzeug wieder zur Hand genommen. «Wissen Sie», bemerkte sie sinnend, «ich glaube, ein erfolgreicher Mord hat viel mit einem geglückten Zauberkunststück gemeinsam.»
    «Weil es so schnell geht, dass das Auge nicht mitkommt?»
    «Nicht nur das. Auch weil man dafür sorgen muss, dass die Leute auf das Falsche achten und in die falsche Richtung schauen. Man muss sie irreleiten.»
    «Tja», erklärte ich. «Bisher haben offenbar alle am falschen Ort nach unserer gemeingefährlichen Verrückten gesucht.»
    «Ich persönlich», sagte Miss Marple, «würde ja nach jemandem sehr Normalem suchen.»
    «Stimmt», erwiderte ich gedankenvoll. «Das meint Nash auch. Ich erinnere mich, dass er außerdem von Respektabilität gesprochen hat.»
    «O ja», pflichtete Miss Marple bei. «Respektabilität ist ganz wichtig.»
    Da schienen wie uns also einig.
    Ich wandte mich an Mrs Dane Calthrop. «Nash ist der Ansicht», sagte ich, «dass es mit den anonymen Briefen weitergehen wird. Was denken Sie?»
    Sie sagte langsam: «Das ist natürlich möglich.»
    «Wenn die Polizei das sagt, dann wird es zweifellos so sein», urteilte Miss Marple.
    Beharrlich an Mrs Dane Calthrop gewandt, fuhr ich fort: «Tut Ihnen die Briefeschreiberin immer noch Leid?»
    Sie errötete. «Warum nicht?»
    «Ich fürchte, da kann ich dir nicht zustimmen, Liebes», sagte Miss Marple. «Nicht in diesem Fall.»
    Ich sagte hitzig: «Sie hat eine Frau in den Selbstmord getrieben und unendlich viel Unglück und Herzweh verursacht.»
    «Haben Sie auch einen bekommen, Miss Burton?», fragte Miss Marple.
    Joanna gluckste. «Und ob! Es standen furchtbare Sachen drin.»
    «Ja», sagte Miss Marple, «auf Menschen, die jung und hübsch sind, haben es die Verfasser solcher Briefe leider besonders abgesehen.»
    «Deshalb finde ich es auch so seltsam, dass Elsie Holland keinen bekommen hat», sagte ich.
    «Warten Sie», sagte Miss Marple. «Ist das das Kinderfräulein der Symmingtons – das in Ihrem Traum vorkam, Mr Burton?»
    «Ja.»
    «Wahrscheinlich hat sie einen gekriegt und gibt es nur nicht zu», sagte Joanna.
    «Nein», erwiderte ich. «Ich glaube ihr. Und Nash auch.»
    «Eijeijei», sagte Miss Marple. «Das ist ja sehr interessant. Das ist das Interessanteste, was ich bisher gehört habe.»
     
    II
     
    Auf dem Heimweg meinte Joanna, ich hätte Nashs Prognose bezüglich der Briefe besser für mich behalten sollen.
    «Warum?»
    «Weil Mrs Dane Calthrop diejenige sein könnte, welche.»
    «Das glaubst du doch nicht im Ernst!»
    «Ich weiß nicht. Sie ist schon sehr seltsam.»
    Und wir begannen unsere Spekulationen über sämtliche Verdächtigen von neuem.
    Zwei Abende später kam ich im Auto aus Exhampton zurück. Ich hatte dort zu Abend gegessen, und als ich Lymstock erreichte, war es schon dunkel.
    Etwas stimmte nicht mit den Scheinwerfern, und nachdem ich eine Weile langsamer gefahren war und sie an- und abgeschaltet hatte, stieg ich aus, um nach dem Rechten zu sehen. Es dauerte ein bisschen, aber schließlich hatte ich sie so weit, dass sie wieder funktionierten.
    Die Straße lag verlassen. In Lymstock ist niemand nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs. Die ersten Häuser waren nur ein kleines Stück entfernt, unter

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