Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
jetzt nach dem Weggang von Nihal und Sennar. Lange Jahre hat Nihal mein Leben ausgefüllt, und jetzt bleibt mir nur das Bedauern, dass ich ihr niemals wirklich die Mutter ersetzen konnte. Dabei habe ich mich doch immer wie ihre Mutter gefühlt, verstehst du?« Ido nickt.
»Jetzt ist sie fort, und ich frage mich: Und nun?«
Müde lehnt sich Ido gegen die Wand. Seltsam, wie genau seine Empfindungen mit denen Soanas übereinstimmen. Die gleichen Gedanken, das gleiche Gefühl, jetzt doch langsam alt zu werden. »Ja, und nun? Nun werden wir lernen müssen, den Frieden zu genießen, lernen, ohne Nihal zu leben. Und wir werden uns darauf einstellen müssen, dass sich unsere Körper verändern, uns die Kräfte allmählich verlassen, die Zipperlein des Alters immer mehr werden ...«
»Tja, das Alter. . . Ich fühle mich wirklich jahrhundertealt, so als hätte ich in meinem Leben schon zu viel erlebt. Das Massaker an den Halbelfen, Rais' Wahnsinn, den Tod des Mannes, den ich liebte, den Einsturz der Tyrannenfeste ...Ich bin müde... Und hässlich geworden.«
Soana errötet einen Augenblick. Sie weiß gar nicht so recht, wieso ihr dieser letzte Satz herausgerutscht ist.
Ido betrachtet die feinen Runzeln um ihre Augen herum, die ausdrucksstarken Falten um ihre Lippen, und spürt, wie ihm etwas die Eingeweide zusammenzieht. Es ist vielleicht verrückt, aber er denkt an eine andere Art Jugend, an einen neuen Anfang.
»Du bist schön, so wie immer schon, ja sogar noch schöner. Jeder Schmerz, den du erlebt hast, macht deine Schönheit einzigartiger, bereichert dein Gesicht.«
Sogleich bereut er diese Worte, die ihm plötzlich ganz unpassend vorkommen, für ihn, für ihr Verhältnis. Ein alter Mann, der plötzlich den galanten Jüngling gibt.
Doch sie reagiert mit einem strahlenden Lächeln, legt eine Hand auf die seine, die auf der Fischplatte ruht. Es ist, als habe sie jetzt schon etwas entschieden, er spürt es an dem leichten Schaudern seiner Hand, das von ihr erwidert wird.
»Kann ich heute Nacht bei dir bleiben wie in alten Zeiten?«, fragt ihn Soana.
Da muss er nicht lange überlegen. »Mein Haus ist auch dein Haus, das weißt du doch.« Und so fing alles an.
Es war der Wirt, der abrupt den S t rom von Idos Gedanken unterbrach.
Er war dünner, als er ihn in E r inneru n g hatte, und b e trächtlich älter gewo r den, war kahl wie ein Kürbis, was er nun mit ein e m lan g en Voll b art ausglich. D er rechte Är m el s eines Wa m s e s war z ug enäht. Aber s e in G es i cht hatte sich nicht s o sehr verändert, zumindest war es auch jetzt wieder gerötet wie nach ausgiebigem Bier g en u ss.
»Es ist schon spät, wir schließen jetzt. Oder soll ich Euch ein Zimmer geben?
Oben haben wir hübsche, saubere Kammern.«
»Was ich drin g ender braucht e , sind einige Auskünfte.«
Sogleich wurde Nehva zurückhaltender. »Wenn Ihr hier nicht übernachten
möchtet, kann ich Euch nicht mehr a n bieten und muss Euch bitten, jetzt z u zahlen und zu gehen.«
Ido lächelte unter seiner Kapuze. » Ich b in ein alter Fre u nd.«
Der Wirt schaute nur fragend drein.
»Als du mir sagtest, dass du den Kampf aufgeben willst, hast du mir versprochen, dass ich immer auf dich zählen könne, wenn ich Hilfe brauche ... « Nehva riss den Mund auf. » I .. .«
Sofort legte der Gnom den Zeigefinger an die Lippen. »Nein, nein, nur ein Kaufmann auf Reisen .. . Verstanden?«
»Mein Gott, wie lange ist das her! Aber wieso ...?«
Ido stand auf und legte ihm eine Hand auf den Mund. »Es ist wahrscheinlich besser, wenn d u das g ar n i cht wei ß t. A b er h a st du h i er ein Hinterzimmer?« Nehva nickte und führte ihn dann an der Th ek e vorbei in se i ne Wohnung. Dort nahmen sie Platz.
Erst jetzt nahm I do die Kapuze ab und zeigte sein Gesicht mit der langen breiten Narbe dort, wo einmal sein linkes Auge gewesen war.
Nehva lächelte: »Verdammt, du hast dich keinen Deut verändert ...«
»Und was is t mit all den gr au en Haaren?«, erwiderte Id o , während er ei n en der vielen Z öpfe in die Hand nahm, die s e ine Fr is ur nach Gnomenart zierten.
Sein al t er F re u nd lacht e . » A c h, du warst d o ch schon g ra u , als w ir noch zusammen im Land d e s Feuers kämpften . «
»Aber doch weniger, oder?« Auch Ido lachte.
»Ach, Id o , wer hätte das ged a cht . .. « , be g ann der W irt, » h ier bei uns hört man ja nur wenig von dir, sieht höchstens mal e i n Schild mit der H ö he des Kopf g elds, das auf d i ch
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