Die Schattenkämpferin 02 - Das Siegel des Todes
noch niemals einen Assassinen in Aktion erlebt. Zwar wusste er, dass Dubhe für die Gilde und auch schon zuvor getötet hatte, doch hier mit eigenen Augen zu beobachte n , wie sehr sie i h re A u sbi l d u ng z u r Me uc hel m ör derin verinnerlicht hatte, war eine ganz andere Sache.
Er war fasziniert von ihren katzenhaf t en B e we g un g en, wie sie mit ge schl o ssenen Augen den Dolch tanzen ließ. Es war, als we r de ihm hier d e r Tod in einem ihm unbeka n nten Gewandvorgeführt. Hier f e hlte das Grauen d e r halb verwesten Leichen, die er als Kind gesehen hatte, in je n em Massengrab, in das d ie Gi lde auch seine Mutter geworfen hatte, nac h d e m sie Thenaar geopfert worden war. Hier hatte der Tod etw a s B e törendes, Verfü h rerisches.
Ohne sie anzusprechen, sah er ihr zu.
So bewegt sich also eine Siegreiche, musste er plötzlich denken. So bewegte sich auch der Mörder, der meine Mutter auf dem Gewissen hat.
Hass überkam ihn und brachte ihm d i e schmerzlichsten G e sc hehnisse sein e r Verga n genheit in Erinnerung. Dieser H a ss a u f die G i l de, d i e ihm die Mutter genommen ha t te, war ein unauslöschlicher T eil sein e s L eb e ns, eine Las t, gegen die er sich immer wieder ste m men musste. E ben deswegen, um dies e s zeh r ende G ef ü hl in etw a s P o si t ives zu v erwandel n , ha t te er sich in jungen Jahren der Magie zugewandt und jetzt diese M i s s ion übernommen.
Selbst wenn Du bhe, überlegte er jetz t , in d ie Gilde gezwungen wurde, so gehörte sie ihr d o ch in g ewissem Sinn tatsäch l ich a n. Der G edan k e war ihm l ä st ig .
Plötzlich fühlte er sich v e rstört und verwirrt und beeilte sich, nach ihr zu ru fen und so zu tun, als habe er sie gerade erst be merkt.
»Ach hier stec k st du a ls o .«
Dubhe war überrascht. »J a , h i n und wieder muss ich m e ine Übungen machen, meinen Körper geschmeidig halten. Eine alte Gewohnheit von mir«, sagte sie, während sie p l ötzlich den D ol ch l o ssch l e u d e rte in R i cht u ng eines Ba u mes, n u r ein paar Ellen von ihm entfe r nt. »Ich wusste g ar nicht, da s s du so ein Früh au f s teher bi s t . «
Sie trat auf ihn zu und zog den Dolch aus dem Stamm. Ihre Hand zitterte ein wenig.
Das kommt von dem Fluch, d ac hte Lonerin so f ort.
»Aber das sind doch Übungen der Gilde für eine Auftragsmörderin. Wozu bra u chst du d a s a l s Einbrech e rin?«
Dubhe war verblüfft. »Nun, wie gesagt, ich kann mich dabei entspannen. Mein Meister hat mir das alles beigebracht.«
»Er gehörte ja auch einmal der Gilde an, nicht wahr?«
Dubhe nickte. Lonerin lag es auf der Zunge, noch etwas hinzuzufügen, unterließ es abe r . E inen kurzen Moment b lick ten s ie s i ch schw e i g end an.
Dann gingen sie gemeinsam zu der Stelle zurück, wo sie geschlafen hatten, um dort etwas zu e ssen u nd ihre S achen zu pac ke n.
»Du h a ss t zw a r d ie G il de , tr ain ier s t aber g e n a us o w ie d ie Ass a ss inen . . . «
Sofort bereute Lonerin, was er gesagt hatt e , doch er war gereizt, ohne da s s er den Grund hätte nennen können.
Dubhe schluckte die Bemerkung und erwiderte nichts, setzte sich auf den Boden und nahm einem Schluck aus der Feldflasc h e. Dann hob sie den Blick. »Das sind eben die Übu n gen meines M e isters.«
»Eines Siegreichen.«
»Er h atte die G ilde ve r l ass e n .«
»Dennoch blieb er auch weiterhin ein Assassine. Ein wenig wie du auch.«
Dubhe reagierte nicht, griff nur zu e i nem St ü ck Brot von ih r en Vorräten. Als Lonerin sah, dass ihre Hand leicht zitterte, freute er sich fast.
Ich habe sie verletzt, habe sie getroffen, endlich, dachte er, um gleich darauf vor sich selbst zu er sc hrec k en.
»Verzeih«, murmelte er, »ich bin . . . etwas durcheinander. Vielleicht habe ich mich geärgert beim Aufwac h en, we i l du fort warst, und außerdem ist a ll e s so schauerlich h ie r . . . D iese Gespenster gehen mir nicht aus dem Kopf . «
»Ich bin keine Assassinin.«
»Nein, natürlich nicht«, ant w ortete er, den Blick gesenkt.
Dubhe kam ganz nahe an ihn heran. »Ich war nie eine Assassinin und werde a u ch nie m als e ine s e in. Verst a nden? A ls ich m it dir a u s d e m Bau der Gi l d e floh, habe ich das Tor hinter mir z u geschlagen, und das für i m mer . «
Sie blickte ihm so fest in die Augen, dass Lonerins Zorn vollends verrauchte.
Plötzlich wusste er gar n i cht mehr, wie er m it ihr umgehen sollte. Bisher w ar alles so einfach gewesen: Sie war e n Gefähr
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