Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
klang unversöhnlich, verbittert und verzweifelt und schallte durch das ganze Haus. »Wie ich sehe, hast du mein Buch aufmerksam gelesen ... Ist es also immer noch in Umlauf? Ich dachte, es sei längst verbrannt oder zumindest in Vergessenheit geraten.«
Mit vor Verblüffung offenem Mund saß Lonerin da und wusste nicht, was er entgegnen sollte.
»Blödsinn. Schwachsinn. Fantastereien des unreifen glücklichen Jünglings, der ich damals war. Wenn man glücklich ist, fällt einem alles Mögliche ein, glaubt man alles, womit man sich vormachen kann, dass dieser Zustand ewig sei. Aber das ist er niemals.«
Er lehnte sich zurück und legte den Kopf in den Nacken. Er schien müde. »Soll ich dir mal sagen, wie es tatsächlich läuft?«, fuhr er dann fort. »Es gibt immer ein paar Jahre Vorbereitungszeit. Die Leute sind erst mal kriegsmüde, die alten Feinde sind besiegt, und es dauert, bis man sich neue gemacht hat. Doch diese wenigen kurzen Jahre dienen einzig und allein dazu, ein neues Blutbad vorzubereiten. Wie viele Jahre des Friedens hat die Aufgetauchte Welt erlebt? Fünf. Fünf Jahre nach einem Krieg von vierzig Jahren.«
Lonerin schüttelte den Kopf. »Schon, aber das ist nicht der Punkt. Ja, sicher, es stimmt, es ist wieder eine neue Bedrohung für die Aufgetauchte Welt entstanden. Aber die Gründe dafür sind jetzt nicht so wichtig. Worauf es ankommt, sind die Fakten: Wir haben es mit einer Sekte zu tun, die einen Gott anbetet, der nach Blut dürstet und den Tod liebt. Thenaar heißt er. Und diese mörderische Sekte bemüht sich nun, Aster wieder zum Leben zu erwecken.«
Sennar machte eine wegwerfende Handbewegung. »Und nur um mir diese langweilige Mitteilung zu machen, legst du diesen weiten Weg zurück? Du hast mir wohl nicht zugehört. Wenn du meine verfluchten Bücher gelesen hast, müsstest du wissen, wie viel ich der Aufgetauchten Welt von mir selbst gegeben habe. Als Erstes schon mal ein Bein, und dann alle meine Hoffnungen, alles, woran ich geglaubt habe. Im Krieg gegen den Tyrannen habe ich meine Überzeugungen verloren, habe getötet, um ihn zu bekämpfen. Und nicht zuletzt habe ich der Aufgetauchten Welt auch noch fünf kostbare Jahre meines gemeinsamen Lebens mit Nihal geschenkt, als ich mich aufrieb in dem Versuch, eine friedliche Ordnung zu schaffen.« 0 Seine Stimme klang jetzt dröhnend, zornig.
»Ich habe alles gegeben. Und in diesen verfluchten Landen hier wurden mir die letzten Kräfte entrissen, jeder Wille gebrochen. Jetzt habe ich nichts mehr, was ich geben könnte. Nichts ist mir geblieben, sogar mein Sohn wurde mir genommen. Nur noch meine Einsamkeit besitze ich, und diese werde ich ganz sicher nicht auch noch der Aufgetauchten Welt opfern. Diese Welt ist verloren, durchtränkt von unversöhnlichem Hass, und nichts, aber auch gar nichts kann ihr Ende verhindern. Selbst wenn es dir gelingen sollte, diese Welt noch einmal zu retten, indem du ihr alles gibst, was du bist und was du auf dem Weg hierher zu mir nicht verloren hast, taucht bald schon eine neue tödliche Bedrohung auf und wieder eine und noch eine. Nein, der Sturz der Aufgetauchten Welt ist unaufhaltsam, und mit jedem Mal versinkt sie ein Stück weiter, und das Ende ist unausweichlich.«
Lonerin war fassungslos. »Und was schlagt Ihr also vor? Wollt Ihr sie ihrem Schicksal überlassen?«
»Wie gesagt, ihr Sturz ist nicht aufzuhalten.«
»Aber Ihr habt doch auch gekämpft für diese Welt. Ihr habt es ja selbst gerade gesagt!«
»Ja, aber wozu war es gut? Nicht lange, und dieser Dohor trat auf den Plan, und damit ging alles wieder von vorn los, nicht wahr?«
»Schon, aber...«
»Sogar Aster soll nun auf die Erde zurückkehren, so als hätte es mich nie gegeben, als hätte Nihal nie gelebt, als wäre der Große Krieg niemals geführt worden.«
Lonerin schüttelte heftig den Kopf. »So ist es keineswegs. Wir haben andere Mittel, und ich ...«
»Und wer führt den Kampf jetzt, kannst du mir das sagen? Vor vierzig Jahren gab es Nihal und mich, Ido und die gesamte Akademie, ganz zu schweigen von den Freien Ländern, aus denen Heerscharen junger Leute kamen, die bereit waren, sich für unsere Sache aufzuopfern. Aber nun?« »Da ist der Rat der Wasser, da bin ich, da ist sie.« Lonerin deutete auf Dubhe. Sennar lächelte höhnisch. »Deine Freundin ist sehr schweigsam. Ich denke, sie hat andere Probleme. Und sie ist nicht etwa der Aufgetauchten Welt wegen hier, sondern um ihre eigenen Dinge zu regeln. Du aber lässt dich
Weitere Kostenlose Bücher