Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
Litanei und stand dann endlich auf. Er war alt, doch sein Körper wirkte noch robust und gelenkig. Aber wie hätte es auch anders sein können? Yeshol, der Höchste Wächter der Gilde, achtete streng darauf, immer in Form zu bleiben. Mehr noch als Priester sah er sich als Assassine, als Meuchelmörder, an den immer noch kein anderer heranreichte. Jetzt wandte er sich seinem Gesprächspartner zu.
Im Gegensatz zu Yeshol hatte Dohor den muskulösen Körperbau eines kampferprobten Kriegers, seine Gesichtszüge waren markant, seine Haare so blond, dass sie weiß wirkten. Fast die gesamte Aufgetauchte Welt beherrschte er, eine Machtfülle, die vor ihm nur der Tyrann besessen hatte. »Du erlaubst dir mir gegenüber immer noch Respekt losigkeiten, die ich keinem anderen verzeihen würde«, sagte er mürrisch. Yeshol lächelte. »Mein Gott kommt eben immer an erster Stelle.« Dann wechselte er rasch das Thema. »Wir haben getan, worum Ihr uns gebeten habt.«
Er zog einen blutbesudelten Ring aus der Tasche und reichte ihn Dohor. Der König betrachtete ihn aufmerksam im matten Licht der wenigen Fackeln an den Wänden. »Der ist von ihm«, erklärte er knapp mit einem zufriedenen Lächeln.
»Wir haben ihn gestern in einen Hinterhalt gelockt und getötet. General Kalhu wird Euch keinen Arger mehr machen.«
Dohor nickte nur zustimmend, und Yeshol wartete geduldig, um erst nach einer Weile hinzuzufügen: »Darf ich mir erlauben, Euch sofort um den Lohn zu bitten?«
Der König fuhr herum. »Du bist sehr gewinnsüchtig geworden ...«
»Nur besorgt«, erwiderte Yeshol, »wie Ihr wisst, sind ein Postulant und eine Assassinin geflohen.«
Dohor nickte ernst. Diese Angelegenheit ging auch ihn unmittelbar an. Niemand wusste genau, was Dubhe und dieser andere herausgefunden hatten und für wen ihre Erkenntnisse bestimmt waren.
»Meine Leute sind ihnen auf den Fersen«, fuhr Yeshol fort, »und ich bin sicher, dass wir sie bald ergreifen werden. Doch wäre uns sehr ...«
Er zögerte einen Augenblick, wusste er doch genau, wie viel er da verlangte. »... mit einem Drachen gedient«, fügte er fast flüsternd hinzu.
»Ein Drache? Das ist sehr viel mehr, als ich dir schuldig bin.«
»Ich weiß. Doch haben wir Euch noch niemals Grund gegeben, über unsere Dienste zu klagen. Unser Pakt hat bislang auch für Euch sehr gute Früchte getragen. Ich erinnere nur an die Ermordung von Aires ...« »Dafür hast du deinen Lohn wohl schon eingestrichen«, erwiderte Dohor, während er mit ernster Miene die Hand hob, »und außerdem vergisst du Ido, der immer noch gesund und munter irgendwo dort draußen herumläuft.« »Gewiss, aber ich bin sicher, mit einem Drachen könnten wir der Flüchtenden im Nu habhaft werden, und Ihr müsstet nicht allzu lange auf den Einsatz eines Drachenritters verzichten.«
»Ich führe Krieg, verstehst du? Krieg! Und dazu brauche ich jeden Mann.« »Wenn Ihr uns helft, werden Euch sehr viele andere Männer zu Diensten sein, das kann ich Euch versichern.«
Yeshol hasste es, sich vor Dohor so klein zu machen, doch es geschah zum Ruhm Thenaars, und so schluckte er seinen Stolz herunter.
»Du weißt, worauf ich aus bin ...«, sagte Dohor mit schmeichelnder Stimme. »Das werdet Ihr auch zu gegebener Zeit erhalten. Thenaars Kommen ist nahe, und Ihr sollt sein auserwählter Sohn sein.«
Diese Lüge erzählte Yeshol dem König bereits seit Jahren, seit sie ihren Pakt geschlossen hatten.
Es war Dohor gewesen, der die Bücher wiederbeschafft hatte, denen Yeshol die Zauberformeln entnahm, durch die er Aster zu neuem Leben zu erwecken hoffte. Zum überwiegenden Teil stammten sie aus dem Großen Land, lagen verstreut unter den Trümmern der alten Tyrannenfeste, dort wo sich Dohor einen neuen Palast zu erbauen gedachte.
Als Gegenleistung dafür hatte ihm Yeshol versprochen, dass er, Dohor, sollte das Experiment mit dem Tyrannen gelingen, Herrscher der gesamten Aufgetauchten Welt werden würde. Eine Abmachung, die bis zu diesem Zeitpunkt recht ordentlich funktioniert hatte.
»Versuch ja nicht, mich zu hintergehen. Du weißt, es enttäuscht mich, nicht vollständig in deine Pläne eingeweiht zu sein.«
Wie Yeshol wusste, hätte Dohor zu gern das Geheimnis der Riten geteilt, mit deren Hilfe Aster wiederauferstehen sollte. Aber das war nicht möglich, weil ihm dann klar geworden wäre, dass für ihn, sollte Aster wieder leben, kein Platz mehr war.
Yeshol war in einer schwierigen Lage, denn auch für die Bereitstellung eines
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