Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
Sünde unverzeihlich.
Rasch!
Es war nicht mehr als ein schwaches Gefühl, eine vage Ahnung. Ein Flüstern. Rekla öffnete die Augen, blickte in das Dunkel des Waldes und wartete. »Noch einmal, ich bitte dich! Sprich weiter!« Doch niemand antwortete. Es war nur ein kurzer Augenblick gewesen, doch der reichte ihr schon. Der Faden war wieder geknüpft, alles würde so wie früher werden. Wenn Dubhes Blut erst in das Becken zu seinen Füßen rann, würde er sie auch wieder tröstend in seine Arme nehmen.
Rekla lachte, während ihr gleichzeitig die Tränen über das Gesicht liefen. Lange Zeit waren da nur Dunkelheit und Schmerz. Und Verwirrung.
Hastige Hände an ihrem Körper, zwei Stimmen, die Worte sprachen, die sie nicht verstand, die Kühle einer Salbe auf ihrem Rücken, Übelkeit. Und Träume. Der Meister, der zu ihr sprach.
>Lass nie die Deckung sinken, sei wachsam, immer auf der Hut.< Derselbe Satz, immer wieder, wiederholt bis in alle Ewigkeit.
>Ja, Meister. < >Und warum hast du dich dann ablenken lassen?< Und dann Blumen, Tausende von Blumen, so weit das Auge reichte, und Lonerin, der darüber hinwegflog mit einem merkwürdigen Lächeln und hasserfülltem Blick.
Als sie aufwachte, graute gerade der Morgen.
»Wie fühlst du dich?«
Lonerins Stimme! Was war geschehen? Wie hatte er es geschafft, sie wieder einmal zu retten? Sie lächelte, doch als sie sich zu ihm umwandte, schaute sie in ein fremdes Gesicht.
Sein Alter war schwer einzuschätzen, doch war er ganz in Schwarz gekleidet, und sein Körper wirkte jung und athletisch.
»Wer bist du?«
Ihre Stimme war rau, ihre Kehle schmerzte entsetzlich.
»Dein Retter«, antwortete eine Frauenstimme. Dubhe erkannte sie auf Anhieb, und die Wirklichkeit, die Erinnerung an das, was geschehen war, traf sie mit der Wucht eines Faustschlags. Lonerin ... Lonerin war tot.
Die Übelkeit wurde unerträglich, und sie erbrach die letzten Reste, die sie im Magen hatte. Ihre Arme und Beine waren gefesselt, sie konnte nicht aufstehen, und so war es dieser Assassine, der ihr aufhalf, um zu verhindern, dass sie erstickte.
Jetzt trat Rekla in ihr Blickfeld. »Ich habe dich doch hoffentlich nicht zu hart angefasst, oder?«, fragte sie mit einem scheinheiligen Lächeln.
Sie hielt ihr eine kleine Schale mit einer Flüssigkeit unter die Nase, die nach Gewürznelken roch. Dubhe biss sich auf die Lippen. »Trink, oder ich flöße es dir mit Gewalt ein!«
Dubhe war sich bewusst, dass sie mit ihren tränenverhangenen Augen wohl alles andere als bedrohlich aussah, doch hielt sie Reklas Blick stand. Sie wollte ihr in die Augen sehen, dieser Frau, die Lonerin umgebracht hatte. »Wie du willst ...« Der Mann trat hinter sie, richtete sie auf, und Rekla öff nete ihr den Mund und kippte den Trank, den sie zubereitet hatte, hinein. Dubhe fehlte die Kraft, um sich zu widersetzen. Ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr.
Ein Teil der Flüssigkeit lief daneben, aber der Großteil rann ihr brennend die Kehle hinunter.
Der Mann ließ sie einfach los, und auch Rekla ließ von ihr ab, sodass sich Dubhe auf dem Boden liegend wiederfand, mit einem herrlich rosafarbenen Himmel über sich. Ein einzigartiges Schauspiel. Wäre Lonerin noch da gewesen, hätte er jetzt neben ihr gelegen und mit Sicherheit irgendetwas Scherzhaftes gesagt. Sie schloss die Augen, und zwei dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. »Du weinst doch wohl nicht um deinen Freund?«
Dubhe schlug die Augen auf und blickte Rekla hasserfüllt an. »Wag es nicht, ihn auch nur zu erwähnen ...«, murmelte sie mit rauer Stimme.
Da hob Rekla eine Hand, wie um sie zu ohrfeigen, schlug aber nicht zu, lächelte nur höhnisch.
»Richtig, du warst ja nie eine von uns, sonst hättest du begriffen, dass so ein Verlorener nicht mehr wert ist als ein Klumpen Fleisch. Das Einzige, was wirklich zählt, ist Thenaar.«
Immerhin ließen die beiden sie den Rest des Tages über in Ruhe. Der Trank, den sie ihr eingeflößt hatten, vernebelte ihr Hirn und versetzt sie in einen eigenartigen Zustand der Betäubung. Sie hatten ihr eine Droge verabreicht, weil sie wussten, dass sie sich nirgendwohin hätte bringen lassen, ohne sich zu wehren.
Die Bestie in ihrem Innern war stumm: Offenbar hatte Rekla dem Trank auch ein paar Tropfen des Gegengifts beigemischt, um sie einzuschläfern. Wenn sie sich regte, das wusste Rekla, würden sie Probleme bekommen. Sie hatte an alles gedacht. Dubhe saß in der Falle.
Seltsam, dass Lonerins Gegenwart sie
Weitere Kostenlose Bücher