Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
schien von der Frage überrascht. »Weil mein Gott es so will!«
»Mit deinem Gott habe ich nichts zu tun. Ich habe ihm nichts getan!«, schrie Dubhe. »Ich versuche nur, mein Leben zu retten.«
»Oh doch! Du hast es gewagt, Thenaar zu hintergehen. Und diese Sünde ist unverzeihlich.«
Rekla kam ganz nahe an Dubhe heran, strich über die Wunde an ihrer Schulter, und das Mädchen schrie auf. Die Frau legt ihr eine Hand auf den Mund. »Schsch, nicht so laut, sonst weckst du noch Filla, und dieser Augenblick soll doch nur uns beiden allein gehören.«
Dubhe schloss die Augen, wollte ihr die Genugtuung dieser Gemeinsamkeit nicht gönnen.
»Für dich gibt es keine Rettung, Dubhe. Hat es nie gegeben. Yeshol erkannte das Kind des Todes in dir, und das warst du auch, obwohl du eine Zeit lang deiner Natur zuwider handeltest. Doch Thenaar entkommt niemand, er hat dich zu einer tödlichen Waffe geformt, zu einer Maschine des Todes für unsere Sache.« Dubhe schüttelte heftig den Kopf. »Ich habe niemals zu euch gehört, und das bleibt auch so!«
»Aber die Bestie in dir gehört zu uns. Denn die Bestie ist Thenaar! Ich war es, Dubhe, die die Nadel präparierte, die den Fluch über dich brachte. Ich hatte sie in Händen und gab sie dem jungen Assassinen, der sie dir ins Fleisch jagte. Dieser Siegreiche wusste, dass er sterben würde, doch er ging frohen Herzens. Denn dies war sein Schicksal.« Dubhe bedachte sie mit einem wütenden Blick.
»Und dein Schicksal ist es, zum Opferlamm zu werden. Eine Zeit lang hat Thenaar dich benutzt, und du hast viel Blut für ihn vergossen, sehr viel Blut.« Die Wahrheit dieser Worte traf Dubhe wie ein Faustschlag ins Gesicht. Rekla kam noch näher an sie heran, und angewidert spürte Dubhe ihren Atem an ihrem Hals. »Mit meinen eigenen Händen werde ich dich töten, und während sich das Becken mit deinem Blut füllt, wird dich die Bestie innerlich zerfleischen. Dann wird es keinen Trank mehr geben, der dir helfen könnte, Dubhe. Dann nicht mehr.« Und mit einem boshaften Lächeln fuhr sie fort: »Thenaar ist dein Schicksal, Dubhe. Und du wirst ihm bis zu deinem Ende dienen, ob du willst oder nicht.«
Das Grauen dieser Prophezeiung übertraf alle anderen Schmerzen. Dubhe spürte, wie eine panische Furcht ihre Schläfen zusammengepresste. »Nein!«, schrie sie noch einmal. »Ich gehöre nicht Thenaar! Und ich werde nicht in diesem verdammten Becken von deiner Hand sterben! Ich gehöre euch nicht!«
Ihre Halsschlagader pulsierte, ihre raue, leiderfüllte Stimme zerriss die nächtliche Stille. Ein Vogel flog auf.
Offenbar von dem Schreien geweckt, stand plötzlich Filla mit dem Dolch in der Hand neben ihnen.
»Sie schreit im Fieberwahn«, beruhigte Rekla ihn.
»So?«
»Es kommt von den Wunden. Morgen geben wir ihr ein wenig von dem Trank, dann ist das Problem gelöst. Und jetzt leg dich wieder hin.« Er blickte sie zweifelnd an.
»Ich hab gesagt, du sollst dich wieder hinlegen«, zischte Rekla noch einmal. Filla entfernte sich langsam, während sich Rekla wieder Dubhe zuwandte. Sie starrte ihr ins Gesicht. »Das werden wir schon noch sehen, ob du Thenaar gehörst oder nicht«, stieß sie, die Fäuste ballend, hervor und ging dann zu ihrem Lager. . Dubhe fand keinen Schlaf. Alles tat ihr weh, doch war ihr, als sei ihr ein klein wenig von der Last auf ihrem Herzen abgenommen worden. Endlich hatte sie eine Entscheidung getroffen. Die Erkenntnis war ganz plötzlich gekommen, geboren aus Verzweiflung und Schmerz.
Fast zehn Jahre lang hatte sie sich treiben lassen, ohne irgendetwas für sich zu erwarten, ohne auch nur zu versuchen, den scheinbar unaufhaltsamen Fluss der Ereignisse zu stoppen. Aber wie hätte sie sich auch wehren sollen? Es wäre aussichtslos gewesen, und so hatte wohl alles seine Richtigkeit gehabt.
Aber war es auch richtig, sich jetzt von der Bestie verschlingen zu lassen? War es richtig, dass ihr Leben mit diesem wahnsinnigen Opferritual für Thenaar zu Ende ging? Und was war mit der Aufgetauchten Welt? Was war mit den Hoffnungen ihrer vielen Tausend Bewohner? Nein! Sie hatte die Gilde für immer verlassen und würde nie mehr dorthin zurückkehren.
Sie würde fliehen, ganz egal wie schwierig das würde, und die für die Aufgetauchte Welt so entscheidende Mission allein fortführen. Warum sich damit abfinden, dass alles aus war? Nur weil die Chancen so schlecht standen? In dem Augenblick, als sie Lonerin zum letzten Mal sah, hatte er ihr nicht nur seinen Hass
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