Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
aufwachen konnte. Es wäre das Ende gewesen, aber es durfte einfach nicht geschehen. Mit mittlerweile schmerzenden Armen fuhr Dubhe unverdrossen fort, bis sie der Tasche alles entnommen hatte, was sie benötigte. Dann schlich sie davon.
Als sie sich ein Stück entfernt hatte, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus und warf dann noch einmal einen Blick auf alles, was sie erbeutet hatte: zwei Fläschchen mit dem Gegengift gegen den Fluch - nicht gerade viel - sowie drei Ampullen, die wie jene aussahen, aus der Rekla in der einen Nacht getrunken hatte. Um diese kümmerte sie sich als Erstes, entkorkte sie und goss den Inhalt ins Gras.
Auch wenn sie Rekla nicht töten konnte, so konnte sie sie doch in den Tod treiben, indem sie ihr die Last ihres wahren Alters aufbürdete.
Dann war da noch der Dolch, ihr eigener, den ihr der Meister hinterlassen hatte. Den hatte sie sich zurückgeholt, steckte ihn jetzt in den Gürtel, und als sie spürte, wie sich das Leder spannte, gab ihr das neue Kraft.
Schließlich wandte sie sich den erbeuteten Kräutern zu. Sie kannte sie alle, und eines davon war jetzt wie für sie gemacht. Schade, dass keine Gifte darunter waren, offenbar hatte Rekla geglaubt, sie nicht zu benötigen.
Dubhe brauchte nicht lange, um alles zuzubereiten, wobei sie eine der entleerten Ampullen verwendete. Als sie hörte, wie sich Rekla mit einem Seufzer auf die andere Seite drehte, beeilte sie sich, darum bemüht, keinen Laut zu machen. Bevor sie die letzte Zutat hineingab, nahm sie eine Hand vor das Gesicht.
Der wenige Dampf, der aus der Ampulle quoll, reichte schon, dass sie einen leichten Schwindel verspürte.
Behutsam goss sie ein wenig von dem Gebräu ins Gras direkt vor Fillas Mund und Nase und stellte dann die halb volle Flasche geöffnet direkt vor Reklas Gesicht. Ganz langsam stand sie auf. Es würde eine Weile dauern, bis die Mixtur wirkte, dann aber die beiden lange genug betäuben, dass sie einen Vorsprung von einigen Meilen gewinnen konnte.
Rückwärts gehend schlich sie davon. Dann, als Rekla und Filla kaum noch zu sehen waren, drehte sie sich um und rannte los.
Sie war frei.
Der Gnom und der Knabe
Ido verlor keine Zeit. Noch außer Atem schwang er sich auf das von der Rast ausgeruhte Pferd des Assassinen, den er getötet hatte, und machte sich auf die Verfolgung. Er dankte dem Himmel, dass er sich in der Wüstenlandschaft des Großen Landes befand, denn hier waren die Hufspuren des anderen Pferdes klar zu erkennen. Der Abstand war gering, und da er allein leichter als der Entführer mit seinem Opfer war, würde er sie wohl bald eingeholt haben. Der Assassine schien auf die Ruinen der alten Tyrannenfeste zuzuhalten, wo einst Aster residiert hatte, jene Festung mit dem himmelhohen Turm ganz aus schwarzem Kristall, der von mindestens einer Stelle aller acht Länder der Aufgetauchten Welt zu sehen gewesen war, auf die sich die Flügel des Bauwerks scheinbar wie glitschige Fangarme ausgestreckt hatten. Nach ihrer Zerstörung in der Großen Winterschlacht war lange Zeit nur eine trostlose Ebene zurückgeblieben, die von Trümmern und Bruchstücken aus Schwarzem Kristall übersät war.
Als Dohor mächtig genug war, beschloss er, das Terrain wieder nutzbar zu machen. Offensichtlich plante er, sich einen neuen gigantischen Palast zu errichten, um dort einmal als Alleinherrscher der Aufgetauchten Welt zu residieren. Mittlerweile waren die Arbeiten schon in vollem Gang: Sklaven, Fammin, Gnomen und Menschen waren damit beschäftigt, die Trümmer der Tyrannenfeste fortzuräumen. War der Assassine tatsächlich dorthin unterwegs, konnte das bedeuten, dass er den Knaben nicht zur Gilde, sondern in Dohors Machtbereich bringen wollte. Eine interessante Variante. Noch heftiger gab Ido seinem Pferd die Sporen, doch so geschwind er auch ritt, es wollte ihm nicht gelingen, den Assassinen und sein Opfer einzuholen. Er hatte sich ausgerechnet, dass er sie bei dem gegebenen Vorsprung und in Anbetracht des Gewichtsvorteils noch vor dem Morgengrauen erreichen würde. Aber so war es nicht. Nur die Hufspuren zogen sich unverändert in gerader Linie zum Horizont hin.
Irgendwann erblickte er in der Ferne einen dunklen Punkt. Müde und erschöpft rieb er sich sein verbliebenes Auge. Viele Nächte hatte er schon nicht mehr geschlafen, und das bekam er nun zu spüren. Zunächst dachte er, es handle sich vielleicht um eine Halluzination. Aber nein, der dunkle Punkt lag immer noch vor ihm.
»Los, mein Guter, gib
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