Die Schattenleserin - Nachtschwarze Träume: Roman (German Edition)
Riss, wann und mit wem ich es dir auftrage.«
»Nicht ganz«, schaltet sich Aren ein und macht einen kleinen Schritt nach vorn. »Sie wird immer in meiner Nähe sein.«
Kyol drückt meine Hand, lässt sie aber los, bevor er sich an Aren wendet. »Wir haben schon oft zusammengearbeitet.«
Aren zuckt mit den Achseln. »Das ist Vergangenheit. Sie ist nicht mehr deine Marionette. Ich werde auf sie aufpassen.«
»Ich werde auf sie aufpassen. Ich habe sie zehn Jahre lang beschützt.«
»Du hast sie nicht vor mir beschützt.«
Kyols Faust schleudert Aren gegen die Wand.
Nalst stürzt vor und zieht sein Schwert, aber Kyol schnaubt etwas, was ich nicht übersetzen kann, marschiert durch das Wohnzimmer und durch die Hintertür hinaus.
»Sidhe«, stöhnt Aren, der am Boden liegt, und betastet seinen Kiefer.
»Das hast du verdient.« Das ist mein Kommentar.
Lena wirft ihm einen finsteren Blick zu. »Damit hättest du rechnen müssen.«
»Ich hatte damit gerechnet, ich hatte nur nicht mehr genug Zeit, um mich zu ducken.« Er setzt sich auf und bewegt seinen Unterkiefer hin und her.
Er tut mir nicht leid. Aren hat sich benommen wie ein Arsch. Es gab keinen Grund, Kyol zu provozieren.
»McKenzie«, ruft Aren, als ich mich umdrehe und gehe. Ich ignoriere ihn und gehe nach draußen.
Der Abend ist warm und feucht. Der Halbmond steht tief am Horizont und ist halb hinter Wolken verborgen. Kyol sitzt zu meiner Linken mit dem Rücken an der Wand und stützt die Unterarme auf die angewinkelten Knie.
Ich lasse mich neben ihm nieder. »Ist alles okay?«
Er sagt lange Zeit nichts und starrt nur seine verschränkten Hände an. Seine Edarratae sehen hier draußen sehr hell aus. Früher hätte ich ihren Weg auf seiner Haut mit dem Finger verfolgt. Das fehlt mir. Mir fehlt die Wärme seiner Berührung, der vertraute Trost.
»Ich habe dich verloren, nicht wahr?«
Sein Schmerz droht, mich zu zerreißen. Er schnürt mir die Kehle zusammen, und ich kann ihm keine Antwort geben. Ich weiß nicht, wie. Ich bin dieser Unterhaltung, dieser Entscheidung, viel zu lange aus dem Weg gegangen, weil ich glaubte, ich würde danach alleine und mit gebrochenem Herzen dastehen. Jetzt … Jetzt muss es nicht mehr so enden. Lena hat ihn zu ihrem Lord General gemacht, aber wenn Kyol und ich morgen beide überleben, dann würde er diese Position aufgeben. Er würde das Reich aufgeben, wenn ich ihn darum bitte. Vor zehn Jahren, vor einem Jahr, selbst vor einem Monat hätte ich es noch getan.
Er macht ein Geräusch, das fast wie ein unterdrücktes Schluchzen klingt. »Ich habe mein Leben meinem König gewidmet. Ich hätte es dir widmen sollen.«
Ich muss erneut schlucken. »Ich hätte nicht zehn Jahre auf dich warten sollen.«
»Ich …« Seine Stimme versagt. »Ich habe dir die ganze Zeit Unrecht getan. Ich wusste, was du empfindest, was ich empfinde, und dennoch habe ich nichts unternommen.«
Ich beiße mir auf die Lippe und schmecke Blut, aber der Schmerz kann mich nicht ablenken. Die Tränen rinnen über meine Wangen.
»Kaesha« , haucht Kyol. »Weine nicht. Bitte. Komm her.«
Er legt mir einen Arm um die Schulter und zieht mich an sich. Ich schließe die Augen und nehme ganz egoistisch seine Wärme und seinen Geruch in mir auf.
»Ich bin rausgekommen, um dich zu trösten«, flüstere ich.
Er legt den Arm fester um meine Schulter.
»Das tröstet mich. Das tröstet mich sehr.«
29
D er Jet der Vigilanten ist vor etwa drei Stunden in Great Falls gelandet. Sie werden etwa vier Stunden für die Fahrt brauchen und dann den Fluss entlangmarschieren, den die königstreuen Fae bewachen. Wir gehen erst durch die Risse, wenn Arens Späher melden, dass sie eingetroffen sind. Es ist bald so weit, aber ich musste noch nie zuvor so lange auf eine Operation warten. Meine Nerven liegen blank.
Bei Aren ist das ganz anders. Er sitzt im Wohnzimmer und reißt Witze. Es ist nervig, wie gefasst und sorglos er wirkt. Ich habe endlich etwas Anständiges gegessen, körperlich geht es mir daher besser. Aber emotional bin ich äußerst angespannt. Jedes Mal, wenn ich mit Kyol in einem Raum bin, habe ich das Gefühl, ihm das Herz aus der Brust zu reißen, erst recht, wenn ich mich in Arens Nähe aufhalte. Da ich es nicht ertrage, Kyol wehzutun, gebe ich mir die größte Mühe, mich von beiden Männern fernzuhalten.
Ich trinke noch einige Schlucke Cabus , die ich mit einer halben Dose Dr. Pepper herunterspüle. Ich habe Kyol gesagt, dass er der Rebellion nicht
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