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Die Schattenmatrix - 20

Die Schattenmatrix - 20

Titel: Die Schattenmatrix - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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auf die Füße. Sie atmete flach, und ihre Augen sahen aus wie zwei große, gefrorene Teiche. »Ich erlaube Euch nicht, noch länger als Regent für meine Kinder zu fungieren! Wenn Ihr auch nur versucht, sie mitzunehmen - und ich weiß, dass Ihr das vorhabt -, lasse ich den Wächter los, und mit ihm kann es nichts und niemand aufnehmen! Er ist stärker als jeder Sterbliche und liebevoller.« Sie drückte die zitternden Hände an ihren flachen Busen. »Jetzt kommt zu Eurer Mutter, Kinder. Wir
werden uns in meine Räume zurückziehen, bis diese Leute morgen abreisen.«
Einzig Alain rührte sich, und auch er nur mit großem Widerwillen. Er rutschte auf seinem Stuhl umher, stand halb auf und sah sich dann verwirrt um. Die übrigen Kinder zögerten und warteten auf einen Befehl.
»Still, Alain«, bellte Vincent. »Mir ist, als wäre ich gerade aus einem schrecklichen Traum erwacht.«
»Domna Priscilla«, begann Mikhail, er wollte wenigstens den Versuch unternehmen, den Grund für ihr Verhalten herauszufinden, »warum habt Ihr Regis’ Vorschlag überhaupt zugestimmt?« »Aber Emelda hat doch gesagt, ich soll es tun. Sie meinte, es würde so oder so keinen Unterschied machen. Sie war überzeugt, Ihr würdet Vincent auswählen und innerhalb von zehn Tagen wieder verschwunden sein. Hätte ich mich gegen Euren Besuch gewehrt, dann hätte Regis Hastur - verflucht sei sein Name - nur versucht, mir seinen Willen aufzuzwingen. Emelda hat behauptet, er würde das tun, wenn ich mich sträube. Sie wollte Euch dazu bringen, dass Ihr wieder geht, aber Ihr wart wohl stärker, als sie erwartet hat. Und die Zeit wurde langsam knapp.«
»Emelda hat das alles getan, nicht dieser Wächter?«
»Selbstverständlich nicht! Er gibt sich nicht mit solchen gewöhnlichen Dingen ab.« Allein die Vorstellung schien Priscilla zu beleidigen. »Er ist ein großes Wesen.«
Mikhail, sie ist einem schrecklichen Irrglauben aufgesessen. Du kannst sie im Augenblick unmöglich erreichen.
»Domna, die Kinder unterstehen nicht mehr Eurem Befehl«, sagte Mikhail bedächtig. Er wusste tief in seinem Inneren, dass er die Kinder nicht einfach von Haus Halyn wegbringen konnte. Er wünschte, er könnte sich von einer älteren und erfahreneren Person Rat holen, aber Liriel und er waren auf sich
allein gestellt. Liriels Eintreffen hatte die Krise herbeigeführt, denn hätte Mikhail sie nicht geholt, wäre er sehr wahrscheinlich der langsamen Vergiftung seines Geistes durch Emelda unterlegen. »Ich werde die Kinder und Euch ebenfalls wegbringen müssen.« Er konnte nichts gegen das Bedauern in seiner Stimme tun, gegen die Traurigkeit, die er angesichts dieser armen, verrückten Frau empfand. »Ihr seid krank, und wir müssen dafür sorgen, dass man sich um Euch kümmert.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille im Raum. Dann richtete sich Priscilla zu voller Größe auf. »Zittere, kleiner Mensch, zittere. Du wirst sterben, so wie alle zu Grunde gehen, die sich mir widersetzen.«
Bevor Mikhail eine passende Antwort einfiel, stürmte Priscilla in ihren wallenden Umhängen aus dem Raum und ließ Emelda auf dem Boden liegen, als wäre die Wahrsagerin ein abgelegtes Kleidungsstück. »Was, bei Zandrus Hölle, hat sie damit wohl gemeint?«
»Sie hat gemeint«, antwortete Vincent, »dass sie den Wächter rufen wird.« Er schauderte leicht. »Allerdings ist es nicht leicht, ihn zu wecken, selbst im Sommer, wenn er am aktivsten ist.«
»Was ist dieser Wächter, Vincent?«
Vincent zuckte die Achseln. »Ich weiß es auch nicht genau. Ich habe ihn immer nur in Trancen gesehen, und meine Erinnerung daran ist sehr blass. Er hat nichts mit mir zu tun, nur mit den anderen.« Vincent warf einen verächtlichen Blick auf seine Brüder und Schwestern.
»Was hast du gesehen?«, fragte Liriel.
»Etwas Langes und Dünnes, das leuchtet.«
Miralys schauderte. »Er kriecht in dein Hirn, hab ich Recht, Emun? Das hast du mir erzählt.«
»Mutter hat mir verboten, darüber zu reden«, flüsterte Emun, er sah immer ängstlicher aus. »Ich hätte dir das nie er
zählen sollen - jetzt wird er bestimmt kommen und uns holen.« Emuns Angst war offensichtlich, selbst für die verdutzten Gardisten. Alain schluchzte geräuschvoll.
Was meinst du, Liri? Haben wir es hier mit etwas Ähnlichem wie der Sharramatrix zu tun - wovor uns die Götter bewahren mögen! Nein, es fühlt sich nicht so an. Aber die Kinder sind keine guten Zeugen. Sie wurden jahrelang mit diesem Schreckgespenst eingeschüchtert, und ich

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