Die Schattenmatrix - 20
bestimmt essen, wenn ich könnte. Ich bin jetzt fast so groß wie Damon und trage seine alten Kleider auf. Aber zu Mittwinter bekomme ich eine neue Jacke. Vater hat es mir fest versprochen.« Mutter ist zu sehr mit dem neuen Baby beschäftigt, als dass sie meine kaputten Sachen bemerken würde und dass meine Zehen zu lang für meine Stiefel sind!
Margaret überhörte seine Gedanken höflich. »Wie schön. Vielleicht möchtest du mitkommen, wenn ich die Schneider in der Nähnadelstraße besuche. Falls es deinem Vater recht ist.« »Ach, ich bin sicher, er lässt dich - er hat im Moment so viel um die Ohren.« Mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: »Ich habe mit Onkel Jeff Terranisch geübt, und er meint, ich kriege den Dreh langsam raus.« Donal schob seine Hand in die von Margaret und strahlte sie an. Sie hatte gelegentlich bezweifelt, ob es klug gewesen war, ihn zu unterrichten, aber der Junge hatte sich in Arilinn so gelangweilt, und wenn sie ehrlich war, war sie froh gewesen, außer dem Studium der Matrixwissenschaften noch etwas anderes zu tun zu haben. Donal fand Margaret augenscheinlich sehr nett für eine Erwachsene, und sie erwiderte dieses Gefühl. Der Junge war intelligent und bezaubernd - vielleicht mehr, als ihm gut tat.
Nach Margarets Ansicht waren Donal und seine Brüder die wahre Zukunft Darkovers, und sie hoffte, er würde lernen können, seinen Verstand zum Nutzen des Planeten einzusetzen. Bei der überängstlichen Mutter und dem schwermütigen Vater der Kinder war sich Margaret jedoch nicht allzu sicher, ob es dazu kommen würde, und sie wollte nur zu gern dabei behilflich sein. Aber ihre eigene Position war noch zu unklar
und zu verworren, als dass sie sich den Vorschlag erlauben konnte, Donal sollte zu seinem eigenen Besten vielleicht in eine andere Familie zur Pflege gegeben werden, wie es auf Darkover gängige Praxis war.
Mit Donal an der Hand überquerte Margaret den Hof, wobei sie um die vielen Diener herumsteigen mussten, die sich mit dem Gepäck der Reisegruppe Hastur-Alar abmühten. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass sie den kleinen Burschen selbst gern in Pflege nehmen würde, auch wenn ihre Tante und die Mutter des Jungen davon ganz und gar nichts halten würden. Ariel konnte es nicht ertragen, wenn auch nur eins der Kinder außer Sichtweite war, und seit Domenics tödlichem Unfall war sie noch besitzergreifender geworden.
Nachdem Margaret endlich um die Kutsche herumgegangen war, entdeckte sie ihren Vater auf der Treppe, die in den Stallhof führte. Er pfiff leise vor sich hin, wie er es immer dann tat, wenn er sich langweilte. Im flackernden Licht der Fackeln wirkte er müde, aber zur Abwechslung auch ziemlich gelöst.
Lew Alton sah seine Tochter und kam die Treppe herab, als er sie mit seinem schiefen Lächeln bedachte, tanzten kleine Falten um seine Augen. Sie stürzten beinahe aufeinander zu, doch dann standen sie einfach nur in einer schweigenden Begrüßung da. Margaret freute sich sehr, ihn zu sehen, und wenn sie auch ein wenig enttäuscht war, dass Mikhail nicht ebenfalls anwesend war, so blieb es doch nur ein kleiner Kummer.
»Chiya!« Lew legte seine einzige Hand auf Margarets Schulter, und sie spürte, wie sich die Finger in den Stoff ihrer Kleider bohrten; in dieser Geste und dem einen Wort lag all die Wertschätzung, nach der sie sich als Kind immer so gesehnt hatte. Du siehst großartig aus, wenn man bedenkt, dass du einen so langen Ritt hinter dir hast. Schön, dass du endlich da bist.
Ich freue mich auch, Vater. Ich bin froh, wenn ich mal für zehn Tage nicht auf einem Pferd sitzen muss. Dorilys ist ein glänzendes Pferd, aber selbst der beste Gaul wird einem mit der Zeit zu viel. »Hallo, alter Herr.« Sie sprach laut, um die Woge an Gefühlen aufzuhalten, die sie zu überwältigen drohte. »Du siehst gut aus.« »Hallo, Onkel Lew«, mischte sich Donal ein und grinste. »Marguerida nimmt mich zu den Schneidern mit, weil ich zu Mittwinter eine neue Jacke bekomme. Ich will unbedingt eine blaue!«
»So, so. Ja, ich glaube, eine blaue Jacke würde dir ganz gut stehen.« Er lächelte den Jungen an. »Wie war die Reise, meine Tochter?« »Zügig und völlig ereignislos, danke. Keine verlorenen Hufe, gerissenen Sattelgurte, Banditen, Schneestürme oder sonstigen erwähnenswerten Vorkommnisse.«
»Gehen wir nach drinnen.« Lew hakte sich bei Margaret ein, dann streckte er Donal die Hand hin, der sie sofort ergriff und die schmale Brust aufblähte, als wäre er sich der
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