Die Schattenmatrix - 20
anderen Sprache denken.«
»Ich danke Euch, dass Ihr mir dennoch vertraut. Ich habe Euch alles gesagt, was ich zu erzählen wage.« Ich will nicht ir
gendeine zufällige Bemerkung machen, die womöglich die Zukunft verändert.
Damila nickte ernst. »Als ich von zu Hause wegging und mich den Schwestern anschloss, hat mich mein Vater verflucht. Er sagte, ich wäre verrückt, ein dummes Mädchen, das nicht wüsste, was es tut. Und ich habe mir geschworen, niemals einer anderen Frau zu unterstellen, dass sie nicht weiß, was sie tut, auch wenn es mir dumm oder unüberlegt erscheint. Ich muss mich jetzt zum ersten Mal an diesen Schwur erinnern, aber ich denke, es ist am besten, ich bleibe dabei. Wohin geht Ihr und Euer Mann?«
Margaret seufzte schwer. »Wenn ich das nur wüsste.«
Jonil zog nun die Laibe aus dem Ofen, und der warme Duft nach frischem Brot erfüllte den Raum. Sie trug die goldenen Brote zum Tisch und setzte sie auf einem Brett ab. Margaret musste sich sehr beherrschen, um nicht sofort ein Stück abzubrechen und es sich in den Mund zu stopfen.
Hölzerne Schüsseln und Löffel wurden verteilt, dazu einige abgenutzte Schneidebretter. Margaret und Damila standen auf und gingen ans andere Tischende, wo sie sich einander gegenübersetzten. Jemand stellte kleine Holztassen auf das Tuch, ein Wasserkrug aus Birkenholz stand bereits in der Mitte. Die Mitglieder der Gruppe nahmen Platz, wobei sie sich leise unterhielten und sich die Hände an ihren Kleidern abwischten.
Damila streckte Margaret eine Hand über den Tisch entgegen, und die Frau neben ihr wollte nach der anderen greifen. Rasch zog Margaret die Hand zurück. Die unbekannte Frau starrte sie entsetzt an.
»Wir müssen den Segen sprechen, und dazu …«
»Was ist denn los?« Damilas Tonfall war schroff und fordernd. Das Misstrauen und die Feindseligkeit in Damilas Stimme ließen Margaret zusammenfahren. Ihre linke Hand war unbedeckt, aber an der rechten trug sie immer noch den Fingerlosen Handschuh. Er roch nach Zwiebeln, die sie gehackt hatte, und war überhaupt in einem bedauernswerten Zustand für ein so elegantes Accessoire. Sie war so müde, dass sie alles vergaß und fast eine Dummheit begangen hätte.
Margaret zog den Handschuh aus, stülpte ihn um und zog ihn eilig über die linke Hand. Als sie aufblickte, starrten sie acht Augenpaare erstaunt und feindselig an. Margaret errötete bis in die Haarspitzen. Was sollte sie ihnen nur erzählen?
Die Frau neben ihr sagte: »Beleidigt Euch meine Berührung etwa?« »Nein, auf keinen Fall. Aber ich weiß nicht, ob Ihr es überlebt hättet, meine bloße Hand zu berühren. Ich tat es, um Euch zu schützen, nicht um Euch zu beleidigen.«
Morall, die mit den Tieren sprechen konnte, nickte zustimmend. »Sie hat einen Laran-Glanz auf der Hand, sehr schwach nur, aber ich erinnere mich, dass ich ihn gesehen habe, als wir hierher kamen. Sie hat richtig gehandelt, Dorys, also beruhige dich wieder. Und nun lasst uns den Segen sprechen! Ich habe den verdammten Vögeln nicht den Hals umgedreht und sie gerupft, damit sie jetzt kalt werden, während wir spitzfindige Debatten führen.«
Sie reichten sich die Hände, und Dorys berührte Margarets sehr vorsichtig, mit großen Augen. Du meine Güte, das war aber knapp! Ich hätte sterben können!
Margaret fing die Angst der Frau auf und versuchte, die Gedanken zu überhören, die rund um den Tisch hervorsprudelten. Sie konnte das unaufhörliche geistige Geplauder schon ganz gut aussperren, das menschliche Gehirne üblicherweise aussandten, aber wenn sie müde war, fiel es ihr bedeutend schwerer. Sie hörte hier und da einen Gedankenfetzen - Vanda fragte sich, ob Mikhail Fieber bekommen würde,
Jonil dachte an das Hefebrot, das sie vorhin gebacken hatte. Doch Damilas Gedanken konnte sie nicht ganz ignorieren. Die Anführerin machte sich große Sorgen und bereute sehr, die beiden gerettet zu haben. Sie wollte ihre ungebetenen Gäste möglichst schnell wieder loswerden.
Vanda begann zu sprechen. »Wir danken der Göttin, die uns führt und beschützt, für das Geschenk dieser Mahlzeit und für das schützende Dach. Wir danken den Tieren, die uns ihr Fleisch gaben, und den Pflanzen, die uns ihre Nährstoffe gaben. Wir danken dem Regen, weil er uns Wasser gibt, und der Erde, die uns trägt, jetzt und für immer.«
Es war ein schlichter Segen, wie ihn Margaret schon öfter gehört hatte. Doch das aufrichtige Gefühl der Frauen berührte sie tief, und sie wünschte, sie müsste sie
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