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Die Schattenplage

Die Schattenplage

Titel: Die Schattenplage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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versuchen, Verbindung zu dir aufzunehmen. Denkt alle daran, dass wir in das Nordzimmer in der zweiten Etage gehen müssen.« Er machte ein Zeichen, um ihnen zu bedeuten, welches die Nordseite des Hauses war. »Wahrscheinlich am Ende eines Flurs. Die Kombination lautet dreiunddreißig, zweiundzwanzig, einunddreißig.« Er schaute auf seine Armbanduhr. »Wir haben ungefähr sieben Minuten.«
    »Auf welches Signal dringen wir ein?«, fragte Warren.
    »Ich werde pfeifen«, antwortete Opa und hob zwei Finger an die Lippen.
    »Lasst es uns hinter uns bringen«, sagte Dale.
    Warren und Dale liefen um das Herrenhaus herum und waren bald außer Sicht, während Opa und Oma die Treppe hinaufgingen. Opa versuchte, die Vordertür zu öffnen, fand sie unverschlossen und trat zurück, den Blick auf seine Uhr gerichtet. Seth hatte die Hände so fest zu Fäusten geballt, dass die Fingernägel winzige Halbmonde in seine Handflächen gruben.
    Ohne seine Armbanduhr aus den Augen zu lassen, hob Opa langsam die Finger an die Lippen. Ein durchdringender Pfiff zerriss die Stille. Oma umklammerte mit einer Hand ihre Armbrust, mit der anderen das Pulver, und folgte Opa durch die Vordertür. Opa zog die Tür hinter ihnen zu.
    Von der Seite des Hauses hörte Seth Holz splittern und Glas zerbrechen. Er vermutete, dass es Dale war, der sich durch ein Fenster Zutritt verschaffte. Dann wurde es wieder still.
    Seth öffnete seine Fäuste, bog die Finger durch und tippte nervös mit den Zehen auf den Boden. Er konnte sein Herz in den Händen hämmern spüren. Es war die reinste Folter, das stille Haus anzustarren. Er musste sehen, was da drin vor sich ging. Wie sollte er sonst beurteilen können, ob es einen Grund gab, einzutreten und zu helfen?
    Seth ging die Treppe zur Veranda hinauf, drückte die Vordertür auf und spähte durch den Spalt. Das Haus war noch ganz so, wie er es in Erinnerung hatte – gut möbliert, aber mit einer dicken Staubschicht und unzähligen Spinnweben. Oma und Opa standen wie erstarrt am Fuß einer breiten Wendeltreppe. Oben an der Treppe kreiselte ein Staubwirbel vom Boden bis zur Decke. Alle Drähte und Seile führten zu dem Wirbelwind und liefen dort in einem Klumpen aus Schatten zusammen, der vage an eine menschliche Gestalt erinnerte.
    Seth machte einen Schritt durch die Tür. Drinnen fühlte sich die Luft erheblich kühler an, und eine weiße Atemwolke bildete sich vor seinem Mund. Omas Armbrust zitterte, als mühe sie sich, sie unter massiver Anstrengung zu heben.
    Die wirbelnde Staubsäule glitt die Treppe hinunter. Seths erstarrte Großeltern machten keine Anstalten, aus dem Weg zu gehen. Obwohl er nicht die gleiche lähmende Angst verspürte, die Oma und Opa erfasst hatte, war die Kälte real und der Anblick grauenerregend. Wenn er es nicht schaffte zu handeln, waren seine Großeltern verloren – das schwarze Zentrum der Schattenseuche hatte sie fest im Griff.
    Er nahm die Walrossbutter aus der Tasche, riss das Plastik auf, beschmierte einen Finger mit der Paste und steckte ihn in den Mund. Noch während er schluckte, wurde die Szene bereits deutlicher: Die Staubsäule verschwand und wurde ersetzt durch eine geisterhafte Frau in wallenden, schwarzen Gewändern. Ihre nackten Füße schwebten mehrere Zentimeter über der Treppe.
    Seth erkannte sie! Es war dieselbe Erscheinung, die am Mittsommerabend im vergangenen Jahr vor dem Dachbodenfenster aufgetaucht war. Sie hatte in der Schlacht bei der Vergessenen Kapelle Seite an Seite mit Muriel und Bahumat gekämpft! All die dunklen Fäden liefen bei ihr zusammen. Ihre Kleider und ihre Haut waren getränkt von Schatten, und ihre Augen waren leere Schwärze. Wogende Bänder streckten sich von der Erscheinung zu seinen Großeltern aus und bewegten sich, als würden sie von einer langsamen Brise getrieben.
    »Opa! Oma!«, brüllte Seth. Sie rührten sich nicht. »Stan! Ruth! Lauft!« Seth schrie so laut, bis seine Stimme brach. Keiner seiner Großeltern zuckte auch nur mit der Wimper.
    Die Erscheinung hielt inne. Ihre seelenlosen Augenhöhlen betrachteten Seth einen Moment lang.
    Seth rannte zu seinen Großeltern und bewegte sich dabei schneller als die schwarzen Bänder, hatte aber eine größere Strecke zu überwinden – die Schwaden schwarzen Nebels kamen ihm zuvor und packten Opa und Oma Sørensen wie Tentakel. Seth kam schlitternd zum Stehen und riss erschrocken die Augen auf, als der Schatten seine Großeltern überwältigte.
    Er drehte sich um und rannte zur

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