Die Schattenplage
Eingang, um ihm Opfergaben zu bringen, größtenteils Speisen. Das Töten eines Drachen ist keine geringe Leistung, eine Aufgabe, die eher für Zauberer taugt als für Krieger. Aber es gibt ein seltenes Gras namens ›Tochter der Verzweiflung‹, aus dem man ein Toxin gewinnen kann, das als Drachenbann bekannt ist, das einzige Gift, das bei einem Drachen Wirkung zeigt. Die Suche nach dem Gras und die Herstellung des Gifts waren eine Mission für sich. Sobald ich es hatte, brachte ich Ranticus in der Verkleidung eines Goblins einen toten Ochsen, den ich zuvor mit dem Gift getränkt hatte.«
»Konnte Ranticus es nicht riechen?«, fragte Seth.
»Drachenbann ist nicht wahrnehmbar. Andernfalls würde es auch gar nicht funktionieren. Und ich war gut getarnt, ich habe sogar Goblinhaut über meiner eigenen getragen.«
»Sie haben ihn vergiftet?!«, rief Seth aus. »Es hat funktioniert? Dann waren Sie wirklich ein Drachentöter!«
»Ich nehme an, jetzt kann ich es zugeben. Zu meinen Lebzeiten wollte ich nicht, dass es sich herumspricht.«
»Du hast einige dieser Gerüchte selbst in die Welt gesetzt«, tadelte Lena ihn.
Patton legte den Kopf schräg und zupfte an seinem Kragen. »Die Prahlerei einmal beiseitegelassen: Nachdem ich mich Ranticus’ entledigt hatte, musste ich erst noch die Wächter des Artefakts besiegen, eine Horde geisterhafter Ritter, und die Schlacht, die wir uns lieferten, gehört zu jenen Ereignissen in meinem Leben, die ich lieber vergessen würde. Um jedwedem Verdacht vorzubeugen, dass ich den Chronometer aus Ranticus’ Höhle fortgeholt hatte, musste ich einen neuen Wächter bestimmen. Als mich eine günstige Gelegenheit nach Wyrmroost führte, eins der Drachensanktuarien, ließ ich dort ein Ei mitgehen und habe es in der Verlorenen Mesa ausbrüten lassen. Ich nannte den kleinen weiblichen Drachen Chalize und behielt ihn während seiner Kindheit im Auge. Es dauerte nicht lange, bis die Goblins Chalize ins Herz schlossen und meine Unterstützung nicht länger vonnöten war. Einige Jahre später spendete ich die Knochen von Ranticus’ Skelett dem Museum.«
»Haben Sie noch andere Drachen getötet?«, erkundigte Seth sich eifrig.
»Das Töten eines Drachen ist nicht immer etwas Gutes«, sagte Patton ernst. »Drachen sind menschenähnlicher als die meisten anderen magischen Geschöpfe. Sie verfügen über beträchtliche Selbstbeherrschung. Einige sind gut, einige sind böse, viele irgendwo dazwischen. Keine zwei Drachen sind gleich, und nur wenige sind einander auch nur ähnlich.«
»Und kein Drache schätzt es, wenn ein Nichtdrache einen ihresgleichen tötet«, ergänzte Lena. »Die meisten betrachten es als ein unverzeihliches Verbrechen. Was der Grund war, warum ich darauf bestand, dass Patton seine Drachenmorde unbestätigt ließ.«
Seth deutete mit einem Finger in Lenas Richtung. »Sie haben gerade ›Morde‹ gesagt. Also waren es mehrere Drachen.«
»Dies wäre ein schlechter Zeitpunkt, um vergangene Abenteuer noch einmal zu durchleben, die nichts mit der gegenwärtigen Zwangslage zu tun haben«, meinte Patton. »Ich kann einige unklare Punkt aufklären. Ich weiß eine Menge über Ephira. Viel mehr, als mir lieb ist.« Er senkte den Blick, und die Muskeln in seinem Kiefer spannten sich. »Ihre Geschichte ist eine Tragödie, die ich niemals jemandem offenbart habe. Aber ich denke, die Zeit dafür ist nun endlich gekommen.«
»Du hast mir gesagt, dass ich die Geschichte einmal hören würde«, bemerkte Lena. »Ist es der heutige Tag, von dem du damals gesprochen hast?«
»Ich nehme es an«, erwiderte Patton und faltete die Hände. »Vor langer Zeit hat mein Onkel, Marshal Burgess, Fabelheim geleitet. Er wurde nie offiziell zum Verwalter ernannt – mein stolzer Großvater behielt den Titel, delegierte aber jede Verantwortung an Marshal, der das Reservat bewundernswert geführt hat. Wenn auch nicht der beste Mann in einem Kampf, war Marshal doch ein geschickter Diplomat und ein wunderbarer Mentor. Frauen waren seine große Schwäche. Er hatte ein unleugbares Talent dafür, sie anzuziehen, aber er konnte sich nie endgültig auf eine festlegen. Marshal stand zahlreiche Skandale und drei gescheiterte Ehen durch, bevor er eine Zuneigung zu einer gewissen Hamadryade entwickelte. Von allen Baumnymphen in Fabelheim war sie die intelligenteste, die überschäumendste, die koketteste, immer hat sie gelacht, immer hatte sie ein Spielchen im Sinn und ein Lied auf den Lippen. Von dem Moment an, da
Weitere Kostenlose Bücher