Die Schattenplage
retten.«
»Wir haben außerdem Hilfe von Patton Burgess«, berichtete Seth.
Coulter kicherte. »Klar, und wahrscheinlich wird Paul Bunyan ebenfalls mit anfassen. Wäre nicht übel, wenn wir auch noch Pecos Bill rekrutieren könnten.«
»Er meint es ernst«, bestätigte Kendra. »Patton ist in die Zukunft gereist. Er ist hier. Als Lena ihn gesehen hat, hat sie den Teich wieder verlassen, also haben wir sie ebenfalls auf unserer Seite.«
Coulter konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Ihr nehmt mich auf den Arm.«
»Warum sollten wir in einer so gefährlichen Situation Witze machen?«, fragte Seth.
»Ich bin mit Geschichten über Patton Burgess groß geworden«, erwiderte Coulter aufgeregt. »Ich habe immer davon geträumt, ihn kennenzulernen. Er ist gestorben, kurz bevor ich geboren wurde.«
»Ich glaube nicht, dass Sie enttäuscht sein werden«, versicherte Seth ihm.
»Können Sie gehen?«, fragte Kendra. »Wir könnten ihn hierher bringen.«
Ächzend rappelte Coulter sich hoch, und Seth stützte ihn, als er kurz taumelte. »Also, jetzt fang bloß nicht an, mich zu verhätscheln«, murrte Coulter. »Ich brauche nur eine halbe Sekunde, um mich zu orientieren.«
Er ging auf das Zelt zu, seine gemessenen Schritte ein wenig wackelig, und Seth blieb in seiner Nähe, um ihn aufzufangen, falls er stolperte, doch Coulters Schritte wurden schnell sicherer und seine Haltung ein wenig aufrechter.
»Da kommen sie«, sagte Kendra und deutete auf die andere Seite der Wiese. Hand in Hand kamen Patton und Lena ihnen entgegen.
»Kaum zu glauben«, murmelte Coulter. »Wer hätte gedacht, dass ich Patton Burgess eines Tages leibhaftig begegnen würde?«
»Ihr habt einen Freund gefunden«, rief Patton Kendra und Seth zu.
»Coulter!«, jubelte Lena. »Es ist viel zu viel Zeit vergangen!« Sie hüpfte herbei, ergriff seine Hände und musterte ihn von Kopf bis Fuß.
»Du siehst jung aus«, staunte Coulter.
»Patton Burgess«, sagte Patton und streckte die Hand aus.
Benommen ergriff Coulter die Hand und schüttelte sie. »Coulter Dixon«, brachte er mit Mühe hervor.
»Verstehe ich das richtig, dass Sie ein Schatten waren?«, fragte Patton.
»Ich wurde von Kendras Licht angezogen und bin so nahe wie möglich an die Lücke in der Hecke herangetaumelt. Als sie mich berührte, vertrieb ihr Leuchten die Dunkelheit aus mir.«
Patton betrachtete Kendra. »Ich nehme an, ein Risiko, das sich auszahlte, war ein Risiko, das sich einzugehen lohnte. Andererseits, wärest du selbst infiziert worden, wären wir womöglich am Ende gewesen, bevor wir auch nur angefangen hätten.«
»Wie ist es mit den anderen gelaufen?«, fragte Seth.
»Wir können morgen mit beträchtlicher Unterstützung rechnen«, prophezeite Patton. »Sind Sie bereit, sich uns anzuschließen, Coulter?«
»Absolut«, sagte er, fuhr sich nervös mit der Hand über seinen größtenteils kahlen Schädel und strich das dünne Haarbüschel in der Mitte glatt. »Ich bin erleichtert, Sie dabeizuhaben.«
»Freut mich, wenn ich helfen kann«, erwiderte Patton, »aber all unsere Hoffnung ruht auf Kendra. Wir sollten uns ins Zelt zurückziehen, damit wir Sie ins Bild setzen können. Morgen wird sich das Schicksal von ganz Fabelheim entscheiden.«
KAPITEL 23
Dunkelheit
D er Morgen war bereits heiß, als Kendra allein in ihrem Zelt erwachte. Sie fühlte sich benommen, weil sie so lange geschlafen hatte. Patton und Lena hatten die Nacht in dem großen Zelt verbracht, Seth und Coulter in dem anderen. Kendra lag auf dem Rücken, die Beine in ihrem Schlafsack verheddert, und war am ganzen Körper klebrig von Schweiß. Wie hatte sie nur schlafen können, obwohl es in ihrem Zelt derart stickig war?
Der eiförmige Kieselstein lag noch immer in ihrer Hand, genauso, wie sie ihn gehalten hatte, als sie eingeschlafen war. Sie befühlte den glatten Stein, der, soweit sie es wahrnehmen konnte, weder Hitze noch Licht verströmte und ihr trotzdem die Macht gegeben hatte, Coulter mit einer kurzen Berührung aus seinem schattenhaften Zustand zurückzuholen. Würde ihre Berührung auf jede verdunkelte Kreatur diese Wirkung haben? Die anderen schienen optimistisch zu sein.
Angesichts der Aufgabe, die auf sie wartete, wünschte Kendra, sie hätte in ihren traumlosen Schlummer zurückkehren können. Wenn die Feenkönigin recht hatte, würde derjenige, der den Nagel mit dem Lichtkiesel berührte, heute sterben. Sie hoffte, Seth und Patton hatten einen anderen Weg gefunden, dass
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