Die Schattenplage
sie den Stein werfen oder irgendeinen Trick anwenden konnten, um das Problem zu lösen, ohne dass jemand sterben musste. Doch was, wenn alle anderen Versuche scheiterten? Kendra fragte sich, ob sie den Mut haben würde, sich selbst zu opfern. Es wäre den Verlust ihres Lebens wert, wenn sie dadurch ihre Freunde und Verwandten retten konnte, und sie hoffte, dass sie mutig genug sein würde, falls es tatsächlich dazu kommen sollte.
Kendra schob sich den Kieselstein in die Tasche, zog ihre Schuhe an und kroch ins Freie. Der Tag war zwar heiß, aber die frische Luft war dennoch eine Erleichterung nach der abgestandenen Enge des Zeltes. Da sie in ihren Kleidern geschlafen hatte, verspürte Kendra ein verzweifeltes Bedürfnis, zu duschen, doch alles, was sie tun konnte, war sich mit den Fingerspitzen die verknoteten Haare zu frisieren, so gut es ging.
»Sie ist auf!«, jubelte Seth und kam auf sie zugelaufen. Er trug den Rucksack mit dem Chronometer. »Sieht so aus, als könnten wir es doch noch heute versuchen.«
»Warum habt ihr mich nicht geweckt?«, fragte Kendra anklagend.
»Patton hat es uns nicht erlaubt«, antwortete Seth. »Er wollte, dass du ausgeruht bist. Wir sind alle bereit.«
Kendra drehte sich um und sah eine beeindruckende Ansammlung von Satyren, Dryaden, Zwergen und Feen auf der Wiese zwischen den Zelten und der Lücke in der Hecke. Alle starrten sie an. Ihr Blick glitt über die Menge. Es war ihr irgendwie unangenehm, dass sie soeben erst aus einem heißen Zelt gekommen war, mit denselben Kleidern am Leib, die sie am Tag zuvor getragen hatte.
Hugo näherte sich aus einiger Entfernung. Flankiert von Wolkenschwinge und Breithuf, zog er den Karren, in dem bereits Patton, Lena und Coulter saßen.
»Wo hat Hugo den Karren her?«, fragte Kendra.
»Patton hat ihn im Morgengrauen losgeschickt, um ihn zu holen«, antwortete Seth.
»Die Zentauren schließen sich uns an?«, erkundigte sie sich.
»Fast alle Geschöpfe kommen mit«, schwärmte Seth. »Zum einen hat Patton ihnen erklärt, dass die Hecke keinen Schutz mehr bieten wird, sobald wir den Teich verlassen haben. Zum anderen respektieren sie ihn alle, selbst Breithuf.«
»Guten Morgen, Kendra«, rief Patton fröhlich, als Hugo in der Nähe der Kinder stehen blieb. Patton sah umwerfend aus, wie er da mit einem Fuß auf der Seite des Karrens stand. Waren seine Kleider gewaschen und geflickt worden? »Bist du ausgeruht und bereit für einen Ausflug?«
Kendra und Seth gingen um Hugo herum zur Seite des Wagens. »Ich schätze, ja«, bestätigte sie.
»Ich habe ein Trio von Freiwilligen gefunden, die bereit sind, uns zu helfen, die Talismane miteinander in Berührung zu bringen, sollte sich die Notwendigkeit ergeben«, berichtete Patton und deutete auf drei Feen, die in der Nähe schwebten.
Kendra erkannte Shiara mit ihrem blauen Haar und ihren silbernen Flügeln. Sie erkannte auch die schlanke Albino-Fee mit den schwarzen Augen, die geholfen hatte, sie in die Schlacht gegen Bahumat zu tragen. Die dritte war selbst für eine Fee winzig, mit feurigen Flügeln in der Form von Blütenblättern.
»Sei mir gegrüßt, Kendra«, sagte Shiara. »Wir sind bereit, alles zu geben, um den letzten Wunsch zu erfüllen, den unsere Königin übermittelt hat.«
»Wir werden euch in Reserve halten«, rief Patton ihnen ins Gedächtnis. »Ihr drei müsst während der Schlacht versteckt bleiben. Wir werden euch nicht um Hilfe bitten, es sei denn, es wird absolut notwendig.«
»Wir werden unsere Königin nicht enttäuschen«, piepste die rote Fee mit der winzigsten Stimme, die Kendra je gehört hatte.
Patton sprang von dem Karren herunter. »Hast du Hunger?«, fragte er und hielt Kendra eine Serviette hin, auf der sich Nüsse und Beeren stapelten.
»Ich habe nicht besonders viel Appetit«, erwiderte Kendra.
»Du solltest besser etwas essen«, ermutigte Coulter sie. »Du wirst all deine Energie brauchen.«
»In Ordnung«, gab Kendra nach.
Patton reichte ihr die Serviette. »Weißt du, wenn die Feen hinreichend motiviert sind, könnten sie Hugo für die Schlacht vorbereiten.«
Kendra kaute auf einigen Nüssen und Beeren herum. Die Nüsse schmeckten bitter. »Sind Sie sicher, dass man die essen kann?«
»Sie sind sehr nahrhaft«, beteuerte Patton. »Ich habe die Feen gebeten, Hugo ein wenig auszustaffieren, aber die meisten waren nicht bereit dazu.«
»Ich habe mich erboten zu helfen«, zirpte die Albino-Fee.
»Ihr drei müsst eure Kräfte schonen. Kendra, wir
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