Die Schattenplage
Sorgen?«
»Ich bitte um Verzeihung«, meldete die ältere Dame sich zu Wort, »aber sind diese beiden nicht ein wenig jung für diese Art von Dienst?«
Der Hauptmann griff nach einem Schüreisen und stocherte im Feuer herum, sodass Funken aufstoben. »Angesichts dieser gefährlichen Zeiten sind unsere Aufnahmebedingungen strenger denn je. Neben einer makellosen Herkunft und überwältigenden Beweisen für einen verlässlichen Charakter müssen künftige Ritter außerdem von einzigartigem strategischen Wert für die Bruderschaft sein. Kendra und Gavin besitzen ungewöhnliche Talente, die sie in die Lage versetzen, hochspezialisierte Dienste zu leisten. Nicht unähnlich Ihrer Nützlichkeit, Estelle, als begabte Archivarin und Forscherin.«
»Vergessen Sie nicht meine Geschicklichkeit mit dem Breitschwert«, prahlte die hochbetagte Frau. Sie zwinkerte Kendra und Gavin zu. »Das war ein Scherz.«
»Gibt es sonst noch etwas?«, fragte der Hauptmann und blickte sie der Reihe nach an. Keiner schien weitere Fragen oder Bemerkungen zu haben. »Dann werde ich euch nun in aller Form initiieren und euch dann freigeben, damit ihr euch unter die anderen mischen könnt. Bedenket, dass es euch freisteht – jetzt wie immer –, die Einladung, euch unserer Gesellschaft anzuschließen, abzulehnen. Wenn ihr fortzufahren wünscht, hebt die rechte Hand.«
Der Hauptmann machte es ihnen vor, und Kendra, Gavin und Estelle hoben die Hand.
»Sprecht mir nach: Ich gelobe, die Geheimnisse der Ritter der Morgendämmerung zu wahren und meine Mitritter in ihrem würdigen Bestreben zu unterstützen.«
Sie wiederholten die Worte, dann ließen sie die Hand sinken.
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte der Hauptmann. »Eure Ritterschaft ist jetzt offiziell. Es freut mich, euch auf unserer Seite zu haben. Nehmt euch einige Minuten Zeit, um euch miteinander bekannt zu machen, bevor wir mit der Versammlung beginnen.« Dann ging er zur Tür und verließ den Raum.
»War doch gar nicht so schlimm, oder?«, meinte Warren über Kendras Schulter hinweg und tätschelte ihr den Rücken. »Ich bin übrigens Warren Burgess«, erklärte er den anderen frischgebackenen Rittern.
»Estelle Smith«, erwiderte die alte Frau.
»Gavin Rose«, stellte der Junge sich vor.
»Kendra Sørensen«, sagte Kendra.
»Warren und ich kennen uns schon sehr lange«, warf Dougan schließlich ein.
»Schon aus der Zeit, bevor Sie Leutnant waren.« Warren senkte leicht die Stimme. »Seit unserer letzten Unterhaltung haben Sie den Hauptmann ohne Maske zu Gesicht bekommen. Nur unter uns Fünfen, wer ist er?«
»Sie sind sicher, dass der Hauptmann ein Er ist?«, fragte Dougan.
»Zu neunzig Prozent. Männlicher Körperbau, männlicher Gang.«
»Sie haben sich eine ganze Weile nicht mehr blicken lassen«, flüsterte Dougan. »Ich dachte, Sie hätten die Sache aufgegeben.«
»Ich bin immer noch da«, entgegnete Warren und führte nicht näher aus, dass er die vergangenen Jahre als in eine katatonische Schockstarre verfallener Albino verbracht hatte. »Kendra, du hast übrigens Dougans Bruder kennengelernt.«
»Seinen Bruder?«, fragte Kendra. Dann begriff sie, warum Dougan ihr so bekannt vorkam. »Oh, Maddox! Richtig, sein Nachname war Fisk.«
Dougan nickte. »Er ist nicht offiziell ein Ritter, dafür hört er seine eigene Trommel viel zu laut schlagen, obwohl er uns gelegentlich geholfen hat.«
»Aber was bilden wir uns nur ein, das Gespräch für uns allein zu beanspruchen!«, rief Warren entschuldigend. »Gavin Rose, sagtest du? Irgendwie verwandt mit Chuck Rose?«
»M-M-Mein Vater.«
»Kein Witz? Ich wusste gar nicht, dass Chuck einen Sohn hat. Er ist einer unserer besten Männer. Warum ist er nicht bei dir?«
»Er ist vor sieben Monaten gestorben«, antwortete Gavin. »Am Weihnachtstag im Himalaja. In einem der Sieben Sanktuarien.«
Warrens Lächeln verschwand. »Es tut mir leid, das zu hören. Ich bin nicht auf dem Laufenden.«
»D-D-D-Die Leute fragen sich, warum ich in seine Fußstapfen treten will«, sagte Gavin, den Blick auf den Boden gerichtet. »Ich habe meine Mutter nie kennengelernt. Ich habe keine Geschwister. Dad hat mich vor Ihnen allen geheim gehalten, weil er nicht wollte, dass ich in die Sache verstrickt werde, zumindest nicht bis zu meinem achtzehnten Geburtstag. Aber er hat mir erzählt, was er getan hat, und mich eine Menge gelehrt. Ich habe eine natürliche Begabung dafür.«
»Das ist eine Untertreibung«, meinte Dougan lachend. »Chucks bester
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