Die Schattenplage
verneinte Dale.
»Er bedeutet uns, in den Garten zu kommen«, sagte Seth.
Oma stemmte die Hände in die Hüften und musterte Seth argwöhnisch. »Du führst uns doch nicht an der Nase herum, oder? Das wäre kein guter Scherz, Seth. Die Situation in Fabelheim ist viel zu …«
»Ich denke mir das nicht aus! Ich würde in so einer Gefahr niemals lügen. Ich kann mir nicht vorstellen, warum ihr ihn nicht sehen könnt!«
»Beschreibe ihn«, bat Opa.
»Wie ich gestern Abend schon sagte, es sieht aus wie der Schatten eines Menschen, aber dreidimensional«, antwortete Seth. »Sonst gibt es nicht viel zu beschreiben. Er hält die linke Hand hoch und deutet damit auf seine andere Hand. Ach du meine Güte!«
»Was?«, drängte Oma.
»Ihm fehlen der kleine Finger und ein Teil des Ringfingers.«
»Coulter«, sagte Opa. »Oder irgendeine Form von ihm.«
»Oder etwas, das uns glauben machen will, es sei irgendeine Form von ihm«, fügte Oma hinzu.
Opa stolzierte zur Tür. »Warne uns, wenn er auf mich zukommt«, wies Opa Seth an und zog die Tür einen Spaltbreit auf. Dann beugte er sich vor und sprach durch die Öffnung. »Wenn du ein Freund bist, bleib, wo du bist.«
»Er bewegt sich nicht«, vermeldete Seth.
»Bist du Coulter Dixon?«, fragte Opa.
»Er hat genickt«, sagte Seth.
»Was willst du?«
»Er bedeutet uns, mit ihm zu kommen.«
»Kannst du sprechen?«
»Er hat den Kopf geschüttelt. Er zeigt auf mich und macht ein Zeichen, dass ich ihn begleiten soll.«
»Seth wird nicht mit dir gehen«, rief Opa nach draußen.
»Er zeigt auf sich selbst und dann ins Haus. Er will reinkommen.«
»Wir können dich nicht einladen! Du könntest unser Freund sein, mit unversehrtem Verstand, lediglich in einem veränderten Zustand, oder …«
»Er reckt den Daumen hoch und nickt«, unterbrach Seth seinen Großvater.
»Oder du könntest eine verzerrte Version von Coulter sein, mit all seinem Wissen, aber finsteren Absichten.« Opa schloss die Tür und drehte sich zu den anderen um. »Wir können es nicht riskieren, ihn hereinzubitten oder uns in eine Falle locken zu lassen.«
»Er macht eine flehende Geste«, berichtete Seth.
Opa schloss die Augen, fasste sich und öffnete die Tür dann abermals. »Hilf mir zu verstehen, was hier geschieht. Es steht dir frei, im Reservat umherzustreifen?«
»Die Daumen nach oben«, sagte Seth.
»Selbst an Orten, an die wir normalerweise nicht würden gehen können?«
»Beide Daumen nach oben«, sagte Seth. »Dieser Punkt muss wichtig sein.«
»Und du hast etwas gefunden, das wir sehen müssen?«
»Er schüttelt die Hand, scheint sich nicht sicher zu sein.«
»Du kannst uns zu wichtigen Informationen führen.«
»Beide Daumen nach oben.«
»Und es ist dringend? Die Situation ist ernst?«
»Daumen nach oben.«
»Was ist, wenn nur ich mitkomme?«, schlug Opa vor.
»Daumen nach unten.«
»Seth muss mitkommen?«
»Daumen nach oben.«
»Könnten Tanu und ich Seth begleiten?«
»Er zuckt die Achseln«, berichtete Seth.
»Du weißt es nicht? Kannst du es herausfinden?«
»Daumen nach oben.«
»Geh und finde heraus, ob wir mitkommen können. Ich kann Seth nicht allein mit dir schicken. Ich hoffe, das verstehst du. Und keiner von uns kann dich begleiten, bis wir bestätigen können, dass du keine böse Version deiner Selbst bist, die danach trachtet, uns zu verraten. Gib uns ein wenig Zeit zum Nachdenken. Kannst du morgen früh wiederkommen?«
»Er schüttelt den Kopf«, vermeldete Seth. »Er formt mit den Händen eine Kugel. Jetzt beschirmt er die Augen. Ich denke, er meint, dass er bei Sonnenlicht nicht nach draußen gehen kann. Yepp, er hat mich gehört, er reckt einen Daumen nach oben.«
»Dann morgen Abend!«, sagte Opa.
»Daumen nach oben.«
»Versuche, dir eine Möglichkeit zu überlegen, wie du uns beweisen kannst, dass wir dir trauen können.«
»Er tippt sich mit einem Finger an die Schläfe. Er meint wohl, er wird drüber nachdenken. Jetzt geht er weg.«
Opa schloss die Tür. »Ich kann mir keine Möglichkeit vorstellen, wie wir beweisen können, dass er derselbe Coulter ist, den wir lieben und dem wir vertrauen. Er könnte über Coulters gesamtes Wissen verfügen und trotzdem eine Bedrohung darstellen.«
»Warum kann er nicht allein ins Haus kommen?«, fragte Dale.
»Ich denke, er könnte es tun, wenn wir die Tür offen lassen«, meinte Tanu. »Er ist im Augenblick körperlos. Nicht genug, um durch eine geschlossene Tür zu gehen, aber zu viel, um die Tür
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