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Die Schattenplage

Die Schattenplage

Titel: Die Schattenplage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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kam eine warme Brise auf. Kendra sah die interessantesten Dinge, sobald sie ihren Blick von der Mesa losriss, und erhaschte in der Ferne hie und da einen Blick auf eine Fee oder einen Hasenbock. Sie fragte sich, ob die Hasenböcke Neil wegen seiner Ohranhänger grollten. Kein Geschöpf, nicht einmal ein Insekt, wagte sich bis zur Mesa hinauf. Die Atmosphäre war drückend. Gavin hatte recht gehabt: Es lag etwas in der Luft, das einen einlullte und schläfrig machte.
    Sie vollendeten einen weiteren sorgfältigen Rundgang um die Mesa, bevor sie sich in den Schatten setzten und die getrockneten Früchte und das Dörrfleisch aßen, die Neil zum Abendessen mitgenommen hatte. Als die Sonne unterging, erklärte er ihnen, dass ein letzter Gang um die Mesa sie ungefähr zur rechten Zeit an die richtige Stelle bringen würde, um nach dem Zwielichtweg Ausschau zu halten.
    Während sie auf dem Marsch waren, zogen von Süden her bleischwere Gewitterwolken auf. Als sie eine Trinkpause einlegten, musterte Mara die sich nähernden Wolken. »Das wird ein echtes Unwetter geben heute Nacht«, prophezeite sie.
    Als die Sonne sich schließlich dem Horizont näherte, pfiff der Wind durch die Felsen wie ein stetiges, unheimliches Stöhnen, das die ersten Böen zu einem schrillen Kreischen anschwellen ließ. Unheilverkündende Wolken verdeckten einen großen Teil des Himmels, durchschossen mit den prächtigen Farben des Sonnenuntergangs.
    »Hier müsste er sein«, sagte Neil und starrte eine blanke Klippe hinauf. »Ein gewundener Pfad.«
    Mara lehnte sich an den Fuß des Felsvorsprungs, die Augen geschlossen, die Hände auf den Stein gedrückt. Kendra versuchte, ihre Augen zu zwingen, jedweden Zauber, der den Pfad vielleicht verbarg, zu durchschauen. Neil ging auf und ab, offensichtlich frustriert. Warren stand mit vor der Brust verschränkten Armen da, und nichts als seine Augen bewegte sich. Hinter ihnen verschwand die Sonne schließlich unter dem Horizont.
    Eine besonders starke Böe riss Kendra den Hut vom Kopf und brachte sie ins Taumeln. Der Wind steigerte sich zu einem heulenden Sturm, als die dunklen, tiefen Wolken sie erreichten.
    »Wir sollten zum Jeep zurückgehen«, sagte Neil, während er ein letztes Mal den Blick über die Mesa gleiten ließ.
    »Der Zwielichtweg ist verschlossen«, erklärte Mara feierlich.
    Während sie zum Jeep zurückwanderten, begannen die ersten Regentropfen auf die Felsen zu klatschen und hinterließen große nasse Flecken auf dem Stein. Binnen Minuten waren die Felsen dunkel von Nässe und wurden an manchen Stellen glitschig und trügerisch. Als der Jeep in Sicht kam, regnete es bereits heftig, doch obwohl ihre Kleider durchnässt waren, verhinderte die warme Luft, dass Kendra zitterte.
    Sie schaute noch einmal zurück und sah einen Wasserfall die Mesa hinabstürzen. Bei dem Anblick hielt sie inne: Das Wasser ergoss sich nicht gerade nach unten, sondern traf immer wieder auf Felsvorsprünge, sprang und wirbelte wie die Stromschnellen eines schnellen Flusses. Doch es waren keine natürlichen Stromschnellen – das Wasser floss eine steile Treppe hinunter, die in die Flanke der Mesa gemeißelt war.
    »Halt!«, rief sie und streckte die Hand aus. »Seht euch diesen Wasserfall an!«
    Die drei anderen drehten sich um und starrten in Richtung der Mesa. »Wasserfall?«, wiederholte Warren.
    »Kein natürlicher Wasserfall. Es strömt eine Treppe hinunter!«
    »Du siehst eine Treppe?«, hakte Neil nach.
    Kendra deutete vom Fuß der Mesa zum Plateau hinauf. »Sieht so aus, als würde sie bis ganz hinauf führen. Ich sehe sie so deutlich, ich kann gar nicht glauben, dass sie zuvor versteckt war! Ihr werdet warten müssen, bis sie abgetrocknet ist. Bei all dem Wasser wäre es ein harter Aufstieg.«
    »Die Überflutete Treppe«, murmelte Mara voller Staunen.
    »Ich sehe immer noch nichts«, sagte Warren.
    »Wir auch nicht«, bestätigte Neil. »Bring uns zum Fuß der Treppe.«
    Die anderen folgten Kendra, während sie sie zum Fuß der Mesa zurückführte. Es dauerte nicht lange, bis sie die Treppe erreicht hatten. Direkt am Fuß der Treppe floss das Wasser gluckernd in einen dunklen Spalt in der Erde. Kendra bewegte sich langsam darauf zu und spähte hinab. Es war kein Ende in Sicht. In den fernen Tiefen konnte sie Wasser gurgeln hören.
    »Komisch, dass wir nicht in das Loch gefallen sind, als wir vorhin um die Mesa herumgewandert sind«, meinte Kendra und drehte sich zu den anderen um.
    »Ich sehe kein Loch«,

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