Die Schattenritter: Kuss der Dunkelheit
auch, denn sie merkte, wie sein Körper sich neben ihr anspannte. Ein schmaler Schatten bewegte sich nahe einem Rosenstrauch. Marika kannte diese Silhouette, und sie kannte den Duft.
»Roxana?« Sie ließ Bishop los und trat vor. »Was machst du hier?«
Das Mädchen kam auf sie zugerannt, und Marika breitete die Arme aus.
»Wer ist das?«, fragte Bishop leise.
»Dimitrus Tochter«, antwortete sie und blickte nur kurz zu ihm.
»Dimitru – einer deiner Männer?«
Marika nickte. Erst dann, als Roxana auf sie zustürzte, erkannte sie die Gefahr. Sie lauerte dort, wo Marika sie am wenigsten erwartet hätte.
Alles ging ganz schnell und zugleich ganz langsam. Sie blickte in Roxanas dunkle Augen, froh, sie zu sehen, und im nächsten Moment bemerkte sie den Hass darin undfühlte den Schmerz, der mit ihm einherging – ein scharfer durchdringender Schmerz. Bishops Hand streifte ihre Schulter und zog an ihr, doch selbst er war nicht schnell genug. Marika stolperte rückwärts, als es bereits zu spät war.
Roxana hatte sie schon mit dem Dolch erwischt.
Kapitel 15
Bishop packte das Mädchen am Hals und hielt es seitlich in die Höhe. Kleine Füße traten ihm in die Hüften und in die Rippen, während ihre knochigen Finger an seinen Händen kratzten. Er erwürgte sie nicht, noch nicht, drückte jedoch fest genug zu, dass sie nicht schreien konnte.
»Marika!« Er konnte ihr Blut riechen. »Wie schwer bist du verletzt?«
Das Geräusch von zerreißendem Stoff hallte durch die Nacht. »Die Klinge hat mich nicht durchbohrt, aber es ist eine ziemlich große Fleischwunde.« Ihrer Stimme war der Schmerz deutlich anzuhören, als sie den abgerissenen Saum ihres Kleides um den Oberkörper wickelte. »Das wird die Blutung nicht lange aufhalten können.«
Er war unendlich erleichtert. Dann sah er zu dem Mädchen, das an seinem ausgestreckten Arm baumelte. »Soll ich sie umbringen?« Roxana riss die Augen weit auf und zappelte noch wilder.
Leise stöhnend rappelte Marika sich wieder hoch. »Hör auf, ihr Angst einzujagen!«
Bishop drehte sich fragend zu ihr um. Ihr Angst einjagen? Er meinte es verdammt ernst! »Sie hat versucht, dich zu töten!«
Marika nickte und hielt sich mit einer Hand die Seite. Zwar war ihre Haltung etwas schief, aber wenigstens konnte sie aufrecht stehen. »Lass sie runter!«
Machte sie Witze? »Nein.«
»Bishop, lass sie runter – bitte!«
Wie könnte er ihr irgendetwas abschlagen? Würde sie ihn bitten, sich ebenfalls von dem Mädchen abstechen zu lassen, er würde es wohl tun, nur um ihr zu gefallen.
Langsam stellte er das Mädchen ins Gras. Kaum lockerte er seinen Griff um ihren Hals, versuchte sie wegzulaufen, doch er packte ihren Arm.
»Hör auf zu zappeln«, knurrte er, »oder ich reiß dir den Arm ab!«
Das Mädchen wirbelte zu ihm herum. Als es den anderen Arm hob, packte Bishop ihr Handgelenk im selben Moment, in dem Marika ihm eine Warnung zuschrie. Sie hatte einen Pfahl in der Hand, eine grobe, aber wirksame Waffe, die absolut tödlich war, wenn sie ins Herz gerammt wurde.
»Weißt du eigentlich, wie viel Kraft du brauchst, um einen Pfahl in einen Körper zu treiben? Weit mehr als du hast, du dürres kleines Küken!« Er entriss ihr das Holzstück und steckte es in seine Tasche.
Das fühlte sich fast so an wie in guten alten Tagen, als er und die Jungs in die Theater oder Clubs ausgegangen waren, um einen Streit zu provozieren. In Abendgarderobezu kämpfen war allerdings verdammt schwierig. Nun, zum Glück war dieses Kind hier eher enervierend als gefährlich!
Das Mädchen stieß eine heftige Tirade auf Rumänisch aus, mit der sie beide verfluchte, und die Obszönitäten, die aus ihrem Mund kamen, hätten selbst den gewöhnlichsten Mann noch sprachlos gemacht. Als sie Bishop jedoch einen
Poula
nannte, musste er unweigerlich lachen.
Marika sah ihn fragend an. »Findest du das komisch?«
»Ja, ich finde es durchaus komisch, dass sie mich eben einen Penis genannt hat. Falls du es vergessen hast, war ich von ihrem Versuch, dich umzubringen, ganz und gar nicht amüsiert. Aber du hast gesagt, ich soll ihr nichts tun.«
»Und das meine ich auch. Roxana, warum hast du das getan?«
»Weil du ein
Monstru
bist, genau wie er. Du verdienst es zu sterben!«
Der Schmerz, der über Marikas Gesicht huschte, war so groß, dass Bishop ihn mitfühlte. »Sehe ich wie ein Monstrum aus?«
»Du siehst wie immer aus, aber du hast mir gesagt, dass nicht alle Monstren böse
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