Die Schattenseherin: Roman (German Edition)
Grinsen entblößte er seine makellosen Zähne, sowohl die stumpfen als auch die beiden spitzen Fänge. »Der Einzige«, bestätigte er und beugte sich zu Cale herunter. Ein sinnlicher Duft hüllte Cale ein, der direkt von Desmond zu kommen schien.
Cale stöhnte wieder und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Caes hatte sich bisher noch nicht gemeldet, und Cale war dankbar dafür – die Sache mit dem Dämon würde noch Folgen nach sich ziehen, dessen war er sich sicher, aber im Augenblick fühlte er sich absolut nicht in der Lage für einen Streit. Um ehrlich zu sein, fühlte er sich gerade zu gar nichts in der Lage.
Desmond streckte ihm die Hand entgegen. »Komm. Sehen wir erst einmal zu, dass wir dich in einen ... menschenähnlicheren Zustand bekommen, und dann erzählst du mir, warum du dir neuerdings das Bett in den Hintergassen machst.«
»Nur wenn du mir erzählst, was da im Agenturhaus los war«, brachte Cale zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als er Desmonds Hand packte und sich mit einem Ruck hochzog.
Der Vampir nickte knapp und schlug Cale freundschaftlich auf den Rücken, bis der ächzte. »Alles, was du willst, Prinzesschen.«
Eine heiße Dusche und ein englisches Frühstück später fühlte Cale sich tatsächlich wieder einigermaßen menschlich. Oder zumindest so menschlich, wie man sich mit einem sexwütigen Dämon in seinem Innern fühlen konnte. Desmond hatte ihn direkt zu einem Apartment im Stadtzentrum geführt und es als sein Versteck präsentiert. Anscheinend schleuste er ein paar Einkünfte an Lexa vorbei und ließ sich von einigen Kunden auch privat aushalten. Seltsamerweise hatten diese Enthüllungen Cale nicht einmal wirklich überrascht. Es passte zu Desmond.
Cale saß mittlerweile am Küchentisch des kleinen Apartments und trank seine zweite Tasse Kaffee. Desmond ließ ihm die Zeit, was für ihn ein großes Opfer bedeutete. Normalerweise konnte der Vampir keine fünf Minuten die Klappe halten.
Dankbar leerte Cale den Kaffeebecher und fuhr sich dann durch die feuchten Haare. Bartstoppeln kratzten seine Handfläche, als er sich über das Gesicht rieb, und er nahm sich stumm vor, sich bei nächster Gelegenheit zu rasieren.
Desmond hatte als Vampir solche Probleme nicht und dementsprechend auch kein Rasierzeug im Haus. »Danke«, murmelte Cale und stützte sich mit verschränkten Armen auf dem Tisch ab. Das Holz war ebenso rau wie seine Wange. »Und jetzt rede.«
Desmond legte den Kopf zur Seite und tat, als würde er nachdenken, wo er beginnen sollte, aber Cale wusste, dass das nur Show war. »Alles weiß ich leider auch nicht«, begann er schließlich. »Wirklich auffällig war nichts an diesem Abend – gut, bis auf die Leiche von Ezekiel, aber um die solltest du dich ja kümmern. Wir hatten alle Aufträge, soweit ich weiß, und Lexa war alleine. Ich kam, etwa drei Stunden nachdem du gegangen warst, zur Agentur zurück und fand dort nur noch Chaos vor.«
»Was war mit Lexa?«
Desmond zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie war nicht da, und ließ sich auch per Handy nicht erreichen. Aber die verwüstete Agentur sagte mir eigentlich genug. Ich hab das Nötigste weggeschafft und bin dann so schnell wie möglich gegangen.«
Cale schnaubte frustriert. »Die anderen werden es wahrscheinlich genauso gemacht haben«, sagte er zu niemand bestimmten. »Ratten, die das sinkende Schiff verlassen.«
Desmond hob spöttisch seine Augenbraue. »Ah, und was hast du als strahlender Ritter gemacht, nachdem du die Agentur so vorgefunden hast?«
»Ich tue zumindest jetzt etwas«, brummte Cale und massierte sich die Augen. Die Kopfschmerzen pulsierten noch immer in seinem Hinterkopf. »Immerhin läuft Lexas Mörder immer noch frei durch Edinburgh.«
Desmond wurde blass. »Lexa ist tot?«
Cale verfluchte sich selbst, aber Takt war in seinem Zustand wirklich schwer einzuhalten. »Ja«, sagte er leiser. »Ich hab ihren Körper gestern in der Agentur gefunden.«
Für einen Moment sah es so aus, als würde Desmond wütend aufschreien. Die makellosen Gesichtszüge verzogen sich, die Fangzähne wurden sichtbar – doch binnen eines Lidschlags war dieser Eindruck wieder verschwunden. Desmond sackte förmlich in sich zusammen und räusperte sich. »Das erklärt zumindest, warum sie sich bisher noch nicht gemeldet und uns zusammengeschissen hat«, murmelte er.
Cale lächelte traurig. »Ja.«
Desmond stand auf und nahm aus einem der Hängeschränke zwei kleine
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