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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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mit ihren Wimpern. Dann riss sie plötzlich ihre Augen ganz weit auf.
    Sansibar nervte dieses blöde Getue. Das war wirklich übertrieben.
    Keinen Augenblick später gellte ihr Schrei durch die Halle. Ihr Gesicht zu einer Halloween-Fratze verzerrt, starrte sie Luan an.
    Sansibars Herz pochte. Nur nicht aufregen, alles in Ordnung, versuchte sie sich zu beruhigen. Sansibar riss ihren Blick von der hysterischen Frau los und starrte auf Luans Rücken. Sie sah sein schwarzes T-Shirt, das mit dem ceeBand-Aufdruck.
    Sansibar schrie. Da stand Luan vor ihr. Er war nicht viel breiter als sie selbst. Luans dünne Arme ragten aus dem T-Shirt. Die schwarzen Haare waren verstrubbelt. Verwirrt sah er sie mit seinen tintenblauen Augen an. Und auf Kalawesis Schulter hockte jetzt wieder die Ratte Rüdiger und zupfte sich die Irokesenfrisur zurecht. Die Holo-Kostüme waren verschwunden.
    Die Sipos schossen wie Eisenkugeln von einem riesigen Magnet angezogen auf Sansibar, Luan, Kalawesi und Nacho zu.
    „Zur Treppe“, schrie Luan und raste los. Er riss Sansibar mit. Vier oder fünf Schritte trennten sie noch von dem Durchgang. Kalawesi hetzte hinterher. Wie Keulen schwang er die Garmal-Beutel. Nacho bellte zornig.
    Schon hatten die drei den schmalen Durchgang erreicht. Luan drängte Sansibar zur Wendeltreppe. Sansibar griff nach dem schmalen Stahlgeländer, links und rechts. Sie zog sich hoch. Ihre Beine ratterten wie eine Nähmaschine die Stufen hinauf. Luan klebte dicht an ihr. Kalawesi schnaufte hinterher.
    Nacho war im Durchgang stehen geblieben. Er hatte sich umgedreht und fletschte die Zähne. Wie Zerberus verteidigte er den Durchgang. Verunsichert standen die Sipos vor ihm. Keiner traute sich vorbei.
    „Schalte das blöde Robopet doch endlich aus!“, hörte Sansibar einen Sipo brüllen.
    „Wo denn, du Idiot!“
    „Weiß ich nicht, selber Idiot.“
    „Schau im Computer nach, wo diese Sorte Robopets den Schalter hat.“
    „Quatsch, das Vieh wird einfach mit Laser-Raptor geschockt. Volle Leistung.“ Das war der Anführer des Trupps, der mit dem quadratischen Kopf.
    Sansibar hatte das obere Podest der Wendeltreppe erreicht. Ein Gang führte in einem langen Bogen nach links. Ein zweiter in die entgegengesetzte Richtung.
    Mit einem Sprung war Luan neben ihr. Kalawesi keuchte die letzten Stufen hinauf.
    „Nacho, komm!“, rief Luan.
    Wie eine Badewanne, aus der der Stöpsel gezogen wurde, strömten die Sipos hinauf. Einer nach dem anderen. Die Treppe vibrierte und begann zu schwingen.
    „Wohin?“, schnaufte Kalawesi. Sein Atem rasselte. Er hielt die beiden Garmal-Beutel so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
    Luan strich über sein ceeBand. Drei Klicks und die Karte erschien.
    „Sag schon“, drängte Kalawesi.
    Luans Arme zappelten ungeduldig. „Der Empfang …“, murmelte er. „Ich habe noch kein Signal. Gleich ...“
    Nacho nahm die letzten drei Stufen auf einmal. Seine Zunge hing wie ein Waschlappen aus dem Maul. Er hechelte.
    Die Treppe dröhnte mit Sansibars Schläfen um die Wette. Da sah Sansibar eine Spiegelbrille zwischen den Stufen aufblitzen. Der Sipo mit dem quadratischen Kopf lächelte freundlich zu ihr herauf, aber seine Muskeln an Hals und Kiefer waren gespannt wie Stahltaue. In der Hand schwang er einen Laser-Raptor. Die Spitze glühte.
    Todesmutig sprang Nacho auf die Sipos zu. Jetzt stand der zottelige schwarze Hund ganz vorne auf der obersten Stufe. Er knurrte wie ein angeschossener Bär, der immer noch in der Lage war, jeden Feind mit in den Tod zu reißen. Sein Schwanz schlug wie ein Teppichklopfer.
    „Ich hab’s“, schrie Luan. Endlich hatte er ein stabiles Signal bekommen. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung war nicht berauschend, doch für die Navigation reichte es allemal. Ein kleiner roter Pfeil blinkte auf und markierte den linken Gang. Dieser mündete nach 50 Metern in den Hauptgang und führte direkt unter dem Kursolsee hindurch nach draußen in die Freiheit.
    Da schlug Nachos Schwanz so heftig gegen Kalawesis linke Hand, dass ihm der Garmal-Beutel entglitt. Kalawesi bekam ihn nicht mehr zu fassen.
    Sansibar sah den Beutel fallen, wie in Zeitlupe. Sie konnte nichts tun. Sie stand zu weit weg. Sie war zu langsam. Der Garmal-Beutel stürzte auf den Sipo zu, der jetzt direkt unter Nacho stand.
    Wie eine Packung Mehl zerplatzte der Garmal-Beutel auf dem quadratischen Kopf des ersten Sipos. Das silberne Garmal zerstob in alle Richtungen. Es rieselte über die anderen Sipos herab.

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