Die Schattensurfer (German Edition)
im Lunapark? Hier ist es viel zu gefährlich für euch. Marc Bodin lässt alles kontrollieren. Er weiß, dass sich Kalawesi nicht so einfach geschlagen gibt. Was habt ihr vor?“
Da trat Kalawesi von hinten in die Eingangshalle. „Wir gehen ins Kristallamt“, brummte er.
„Ins Kristallamt?“, fragte Albert ungläubig.
Kalawesi nickte: „Über die alten Versorgungsröhren.“
Albert warf einen prüfenden Blick auf Kalawesis Bauch.
„Jetzt fängst du auch noch damit an“, beschwerte sich Kalawesi. „Natürlich war ich früher schlanker, aber für mein Alter habe ich eine bemerkenswerte Figur. Wenn es sein muss, schaffe ich das schon. Und heute muss es eben sein.“
„Ja genau, eine bemerkenswerte Figur“, wiederholte Albert, ohne seinen Blick von Kalawesis Hemd zu wenden, das sich über den Bauch spannte.
Kalawesi machte ein beleidigtes Gesicht und brummte: „Wir haben heute noch nicht gefrühstückt. Albert, kannst du uns ein paar Blaubeerpfannkuchen einpacken. Ich weiß nicht, wie lange unser Ausflug ins Kristallamt dauern wird.
Wortlos verschwand Albert und kam keine Minute später mit einem Rucksack zurück. „Da ist Wasser drin und Zwieback. Bis ich Blaubeerpfannkuchen gemacht hätte, wären wahrscheinlich sämtliche Sipos von Mallinport hier.“
„Schon gut“, nickte Kalawesi. Er wandte sich um und ging zur Kellertreppe.
„Viel Glück“, murmelte Albert und hielt seine Hände mit gedrückten Daumen hoch.
Luan ging seinen Plan noch einmal durch. Sie würden ein wenig Garmal benötigen, um das Sicherheitssystem zu knacken. Wenn sie es schafften, zum Zentralcomputer vorzudringen, müssten sie ihr ganzes Garmal in den Hauptspeicher kippen. Das war ihre einzige Chance. Hoffentlich wirkte das Garmal wie bei den Sipos. Luan berechnete mit seinem ceeBand den Weg zum RUHL-Zentralcomputer. Er lag mitten im Kristallamt. Die Versorgungsröhren vom Lunapark führten in das alte Rechenzentrum. Und von dort gab es einen Verbindungsgang zum RUHL-Zentralcomputer – keine 100 Meter entfernt.
„Luan, kommst du endlich?“, hallte Sansibars Stimme aus dem Keller.
Luan blickte auf. Er eilte hinterher. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal.
„Hier“, zischte Sansibar.
Luan drehte sich um. Eine Neonröhre beleuchtete den winzigen Kellergang, der hinter der Treppe abzweigte. Haustechnik. Zutritt verboten, stand auf einem abgewetzten Hologramm. Kalawesi hatte den grob geflochtenen Lichtvorhang zur Seite gezogen. Mit großen Schritten stapfte er voraus. Den Kopf hielt er ein wenig eingezogen. Sein Samtsakko streifte links und rechts an den Wänden. Wie weiß gepudert sahen seine Ärmel aus. Schließlich blieb er vor einer kreisrunden Metallluke stehen. Er gab den Code ein und zog sie quietschend auf. Ein Steg aus Metallrosten führte durch die Versorgungsröhre. Wie Irrlichter schimmerte die grüne Notbeleuchtung.
„Nach euch“, sagte Kalawesi und verbeugte sich.
Luan kontrollierte noch einmal den aktuellen Standort auf seinem ceeBand, gleich würde der Empfang abreißen. 2 Stunden 43 Minuten schimmerten die Ziffern jetzt in Gelb. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Der Weg ins Kristallamt dauerte mindestens eine Stunde. Nacho sprang als Erster hinein. Er jaulte, als sich das kantige Metallgitter in seine Pfoten drückte. „Willst du lieber hier bleiben?“, fragte Luan. „Albert könnte auf dich aufpassen.“
Mit stolz erhobenem Kopf trabte Nacho über das Metallrost weiter. Luan holte tief Luft und kletterte durch die kreisrunde Öffnung.
39 DICKES ENDE
Sansibar griff mit den Händen nach der kreisrunden Öffnung. Der Metallrahmen fühlte sich warm und glatt an. Sie drückte sich mit den Füßen ab und zog sich hoch. Sansibar stand auf dem Steg aus Metallgittern. Ihr Herz hämmerte. Die Luft schmeckte schal und stickig. Natürlich war der ganze Plan Wahnsinn, aber ihre einzige Chance, jemals wieder ein normales Leben zu führen. Sie musste es für ihre Mutter tun. Die winzige Chance war besser als nichts. Sansibar zog ihren Kopf ein. Luan und Nacho gingen voraus. Die Metallgitter klapperten unter ihren Füßen. Als Letzter kletterte Kalawesi in die Versorgungsröhre. Zur Hälfte steckte er bereits drin. Der Metallring saß wie ein zu enger Gürtel um seinen Bauch. Mit den Händen ruderte er durch die Luft. Er tastete nach der Wand. Sie war aus Metall, zu glatt. Er konnte sich nicht festhalten.
Sansibar reichte Kalawesi die Hand. „Ich ziehe“, bot sie an.
„Danke, geht schon“, grummelte
Weitere Kostenlose Bücher