Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
Vom Netzwerk:
dem Sitz wölbte. Seine langen grauen Haare wuchsen nur noch an der Seite und hinten. Oben glänzte eine Glatze. Ein stoppeliger Bart wucherte in seinem Gesicht.
    Der sieht wie Kalawesis Bruder aus, schoss es Luan durch den Kopf. Doch weder Kalawesi noch der Taxifahrer schienen die Ähnlichkeit zu bemerken. Der Taxifahrer trug eine schwarz getönte Sonnenbrille und ein verwaschenes T-Shirt. Von einer kleinen Fotoplakette an der Windschutzscheibe grinste ihnen ein Bild des Fahrers entgegen. Taxilizenz 838456 stand darüber und darunter sein Name: Benno Melmbach.
    „Wohin“, brummte der Taxifahrer.
    „Lunapark“, knurrte Kalawesi zurück.
    „Hmm“, machte der Taxifahrer und fuhr los.
    Das Taxi glitt langsam durch die überfüllten Straßen. Immerhin durfte es die Busspur benutzen. Aber neben ihnen schienen die Autos und Scooter in der Luft zu stehen: Sie bewegten sich nur im Schneckentempo.
    „Unterhaltung gefällig?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, schaltete der Taxifahrer den Monitor an.
    Luan schien das Herz stehen zu bleiben. Er hielt die Luft an. Der Monitor zeigte ein Bild von Kalawesi, Sansibar und ihm. „Gesucht! Achtung, schwere Disinformie!“, stand über dem Bild.
    Blitzschnell wählte Kalawesi einen anderen Sender. Volksmusik. Eine Sängerin in Trachtenkleid und bunter Schürze sang oder jaulte, wie Luan fand.
    So ein Mist. Jetzt wurden sie schon über die Nachrichten gesucht. Luan begann an dem Plan zu zweifeln und ein richtiger Plan war es ja nicht einmal. Wie sollten sie es nur bis ins Kristallamt schaffen? Sansibar war ganz blass im Gesicht und Kalawesi sagte auch nichts mehr.
    Luan stierte vorne aus der Windschutzscheibe. Und dann sah er es. Hinter der nächsten Tankstelle blinkte ein blaues Hologramm: Sipo-Kontrolle.
    „Schon wieder“, brummte der Taxifahrer. „Das ist heute schon die vierte Kontrolle.“
    „Wir haben es eilig. Gibt es einen anderen Weg?“ Kalawesi bemühte sich um einen beiläufigen Ton. So beiläufig, dass der Taxifahrer es nicht einmal für nötig hielt zu antworten.
    Schnurgerade glitten sie auf die Sipo-Kontrolle zu. Keine Straße zweigte ab. Wenn sie einfach umdrehen würden? Luan fieberte. Die Sipos standen kurz hinter der Tankstelle auf der rechten Seite. Hektisch wischte Luan über sein ceeBand.
    Sansibar krallte sich in ihren Sitz. Kalawesis Gesicht schimmerte quarkbleich. Nur Nacho schien die Taxifahrt zu gefallen.
    In Sekundenschnelle hackte sich Luan in den Computer des Taxis. Das war etwas für Anfänger. Jeder, der sich ein bisschen auskannte, schaffte das. Motorsteuerung, Schwebestabilisierung, RUHL-Anbindung. Endlich fand er das kleine Modul, das er suchte: Kontrollanzeigen. Er öffnete es und veränderte die Tankuhr.
    Augenblicklich blinkte ein rotes Licht auf der Windschutzscheibe und die freundliche Frauenstimme des Bordcomputers meldete sich: „Energie tanken. Bitte fahren sie sofort rechts in die Tankstation.“
    „Mist“, murmelte der Taxifahrer. „Auch das noch. Ich habe heute wirklich schon genug Zeit verloren.“
    Unauffällig ließ Luan seinen Arm mit dem ceeBand sinken.
    Kalawesi räusperte sich: „Hier ist die Ausfahrt“, und deutete aus dem Fenster. „Hab auch keine Tomaten auf den Augen“, blaffte der Taxifahrer, und zog das Taxi in einem halsbrecherischen Manöver zur Tankstation. Mit einer Vollbremsung hielt er neben der ersten Energiezapfsäule. Er sprang aus dem Auto. „Es dauert nicht lange.“ Der Taxifahrer ließ die Schiebetür hinter sich zugleiten.
    „Beeil dich! Du musst fahren, siehst sowieso wie der Bruder von Herrn Melmbach aus“, zischte Luan Kalawesi zu.
    Kalawesi knurrte ungehalten. Aber schneller, als es Luan dem umfangreichen Kalawesi zugetraut hätte, rutschte dieser auf den Fahrersitz.
    Der Taxifahrer hatte gerade den Energierüssel von der Zapfsäule genommen und angekoppelt.
    Kalawesi startete den Motor, als wäre er schon immer Taxi gefahren. Der Taxifahrer sprang auf und schrie und trommelte mit den Fäusten von außen gegen die Seitenscheibe. Sein Gesicht leuchtete wutrot. „Sofort anhalten!“
    Kalawesi ließ den Gang einrasten und beschleunigte. Das Taxi schoss davon. Der Energierüssel war immer noch mit dem Taxi verbunden. Er spannte sich wie ein Gummiband, wurde immer länger, immer dünner. Er sirrte. Der Taxifahrer rannte hinterher. Er stieß wüste Drohungen aus. Kalawesi bog auf die Straße in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Da zerriss der Energierüssel. Das Kabel schnalzte

Weitere Kostenlose Bücher