Die Schattensurfer (German Edition)
Kalawesi, aber nach ein paar erfolglosen Ruderbewegungen griff er doch zu.
Sansibar zog. Mann, war der schwer. Alleine hatte sie überhaupt keine Chance. „Luan, wir brauchen dich“, rief sie.
„Was ist?“
„Kalawesi steckt fest.“
„Ich habe in den letzten Tagen wohl etwas wenig Sport getrieben“, erklärte Kalawesi. „Aber das Fitnessangebot im Korrekturhaus war wirklich mies.“
Luan lief zurück. Er packte Kalawesis andere Hand. „Eins, zwei und drei.“
Sansibar und Luan zerrten gleichzeitig. Für einen Augenblick hatte Sansibar das Gefühl, sie würden Kalawesi in die Länge ziehen. Dann schoss er wie ein Sektkorken durch die Öffnung. Luan stolperte rückwärts. Sansibar stürzte. Das Metallgitter drückte sich in ihren Rücken. Ihre Hände brannten. Kalawesi rappelte sich fröhlich auf und klopfte die weiß gepuderten Ärmel seines Samtanzugs ab. „Na also, Kinder“, hüstelte er. „Ich hab es doch gewusst. Für den Versorgungstunnel bin ich immer noch schlank genug.“
Sansibar, Luan, Kalawesi und Nacho machten sich auf den Weg durch die Röhre. Die Notbeleuchtung gab viel zu wenig Licht. Vorsichtig tastetet sich Sansibar voran. In der Ferne stampften Motoren. „Das ist mein Golden Surfer“, erklärte Kalawesi versonnen. „Die größten Hydraulikmotoren in ganz Mallinport arbeiten für meinen Golden Surfer.“
„Im Moment wohl Marc Bodins Golden Surfer“, sagte Luan.
Kalawesi schnaubte.
Die Gruppe hastete über die Metallroste, eine Abzweigung links, die übernächste rechts. Längst hatte Sansibar die Orientierung verloren und ihr TwaddleBand zeigte keinen Empfang mehr. Es war heiß hier unten. Und die Luft wurde immer stickiger.
Kalawesi erinnerte Sansibar jetzt an einen Gorilla. Er ging weit vornübergebeugt. Seine Hände streiften fast auf dem Boden und schlenkerten hin und her.
„Sind wir bald da?“, fragte Sansibar.
„Noch eine halbe Stunde“, sagte Luan. Sansibar und Kalawesi stöhnten.
„Wenn ihr einen kürzeren Weg kennt, bitte sehr“, giftete Luan.
Beschwichtigend hob Sansibar die Hände. „Ist schon gut.“
Schweigend gingen sie weiter. Die Metallgitter klapperten. Hitze trieb ihnen Schweißflecke auf die Kleidung. Kalawesis Sakko sah klatschnass aus. Nacho hechelte.
Immer wieder musste Sansibar an ihre Mutter denken. Mama hatte sie nicht einmal erkannt und wie eine Fremde angestarrt. Doch der winzige Moment, in dem Mamas Augen strahlten, gab Sansibar die Kraft weiterzumachen. Sie mussten es schaffen. Sie würde Mama zurückholen. Nach Hause. Für immer. Nichts wünschte Sansibar sehnlicher, als zusammen mit Mama und Papa zu leben.
Plötzlich sprang Luan zur Seite. Er riss seinen Laser-Raptor aus der Tasche. Die Spitze glühte, als er nach einer schwebenden Kugel schlug und sie zertrümmerte. Ein Häufchen Elektronikschrott fiel Luan klirrend vor die Füße. Luan wirbelte herum und durchbohrte eine zweite Kugel mit dem Laser-Raptor.
Ängstlich drehte sich Sansibar um. Was waren das für Dinger?
Da sprang Nacho aus dem Stand in die Luft und hatte eine dritte Kugel in der Schnauze. Sie knirschte wie ein Auto in der Schrottpresse, als Nacho seine Kiefer zusammendrückte und die Blechteile ausspuckte.
„Verdammte Überwachungskugeln“, murmelte Luan, ohne Sansibar anzusehen. Er starrte in den Gang, als könnte er so die Dunkelheit auflösen. Sansibar wagte nicht sich zu rühren und Kalawesi stand wie ein in Eis gegossener Gorilla neben ihr. Sekunden vertickten. Sansibar hatte das Gefühl, als verharrten sie eine halbe Ewigkeit.
„Wissen sie jetzt, dass wir hier sind?“, flüsterte Sansibar unsicher.
Luan zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich sind die Überwachungskugeln ein Überbleibsel aus vergangenen Jahrzehnten. Ich weiß nicht, ob sie noch funktionieren. Hoffentlich haben wir alle erledigt. Meist werden sie in Zweierteams eingesetzt.“
Luan scannte mit seinem ceeBand die Umgebung ab. „Hier ist niemand mehr. Die Luft ist rein“, sagte er. Doch seine Stimme klang, als glaubte er selbst nicht recht daran.
„Beeilung“, drängte Kalawesi. Luan hastete voran. Nacho trabte nebenher. Sansibar hatte Mühe zu folgen. Kalawesi rumpelte über die Metallgitter. Er fiel immer weiter zurück. „Ich hole euch schon ein“, keuchte er. „Lauft zu!“
Sansibar hörte ihr Herz lauter dröhnen als die Metallgitter.
„Dort vorne“, rief Luan endlich. „Wir haben es geschafft.“
Sansibar sah die Metallluke. Das grüne Licht ließ den
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