Die Schattensurfer (German Edition)
Lunaparks wollte ihn als Programmierer anheuern, einfach so? Das konnte doch nur ein Scherz sein.
„Du wirst ordentlich bezahlt. Wenn du fleißig bist, mache ich dich richtig reich“, sagte Kalawesi und legte Luan seine Hand auf die Schulter, als wären sie schon seit Jahren die besten Freunde.
Luan schluckte. Warum hatte ihn Mama Berta von der Kristallfeier ausgeschlossen? Warum nur? Dieser Kalawesi bot ihm den absoluten Wahnsinnsjob an und er konnte ihn nicht annehmen, weil er nicht zur Gesellschaft gehörte, nie dazugehören würde. Und alles nur wegen ein paar Euro, die er sich von der Köchin ausgeliehen hatte.
„Das geht nicht“, murmelte Luan. „Wegen … Es ist wegen der Kristallfeier. Frau Bertowa hat mich ausgeschlossen. Dabei habe ich mir das Geld doch nur geliehen. Ehrenwort.“
Kalawesi lehnte sich zurück und lachte, dass beinahe das ganze Wohnzimmer wackelte: „Das geht nicht, das geht nicht, das geht nicht.“ Dazwischen japste er immer wieder nach Luft. „Wenn ich damals so gedacht hätte, gäbe es heute keinen Lunapark. Hör zu, mein Junge. Für wie bescheuert hältst du mich eigentlich? Natürlich weiß ich, dass du Luan heißt und von den Häppy Kidz abgehauen bist. Natürlich weiß ich, dass die alte Bertowa dich von der Kristallfeier ausgeschlossen hat, wegen eines Missverständnisses in der Küche. Aber obwohl ich einen lila Kristall trage, interessiert mich das alles nicht. Das ist mir scheißegal. Ich habe in meinem Leben schon genug für RUHL getan. Hauptsache, du kannst gut programmieren. Für den Anfang bekommst du 5000 im Monat.“
„5000?“, stammelte Luan.
„Na ja, für den Anfang. Wenn du dich richtig reinkniest, zahle ich dir auch 10000 oder 20000. In Ordnung? Schlag ein!“, dröhnte Kalawesi und hielt Luan seine Hand entgegen.
Luan konnte sein Glück nicht fassen. Nicht nur, dass er ohne Kristallfeier als Programmierer genommen wurde, nein, Kalawesi bot ihm auch noch wahnsinnig viel Geld. Luan atmete ganz tief durch und griff nach Kalawesis Hand.
Doch im allerletzten Moment zog Kalawesi seine Hand zurück und tat so, als hätte er Luans Hand übersehen.
„Da wäre noch eine Kleinigkeit“, meinte Kalawesi. „Dir ist sicherlich klar, dass du nicht in Mallinport bleiben kannst. Das ist viel zu gefährlich. Wenn dich die Sipos erwischen, lassen sie dich für immer verschwinden, und dann kann ich auch nichts mehr für dich tun.“
Luan hielt seine Hand immer noch ausgestreckt. Jetzt zitterte sie. Dieser Kalawesi machte einen Scherz auf seine Kosten. Das war gemein.
Aber Kalawesi grinste: „Du wohnst mit den anderen in der Schattenstadt. Verstanden!“ Wieder donnerte er seine Faust auf den Tisch.
Luan verstand gar nichts. Er schüttelte den Kopf: „Was ist das, die Schattenstadt?“
Kalawesi lachte: „Kaum jemand kennt sie, aber vielleicht hast du schon einmal von Mallinports verlassenen Nordvierteln gehört?“
„Das waren früher Armenviertel“, wusste Luan aus der Schule. „Aber seit RUHL an der Macht ist, gibt es keine Armut mehr. Jeder hilft jedem. Alle haben die Nordviertel verlassen. Niemand muss mehr in den Nordvierteln leben.“
„So in etwa“, stimmte Kalawesi zu. Er sah belustigt aus. „Als damals die Nordviertel verlassen wurden, standen die meisten Häuser leer. Niemand kümmerte sich um sie. Sie vergammelten, verkamen zu Ruinen. Viele Häuser in den Nordviertel waren nicht ordentlich gebaut, sondern nur aus Schutt zusammengeflickt. Vor einigen Jahren wurde ein Mann durch ein einstürzendes Haus verletzt und musste ins Krankenhaus.
Nach diesem Vorfall beschloss RUHL, zur Sicherheit aller Bürger die Nordviertel mit einer Mauer abzutrennen, der Dunklen Mauer. Sie ist hervorragend gesichert. RUHL gibt keine Informationen über die Mauer preis. Die allerwenigsten wissen überhaupt von ihr.
Als die Mauer gebaut wurde, blieben nur zwielichtige Gestalten, ein paar Aussteiger und die Garmal-Sammler in den Nordvierteln wohnen. Sie nannten die Nordviertel von nun an Schattenstadt, denn sie lebten im Schatten der Dunklen Mauer. Im Grunde lebt es sich nicht schlecht in der Schattenstadt. Man hat seine Ruhe und die Sipos lassen sich dort nicht blicken.“
Umständlich drückte Kalawesi noch etwas Senf aus der Tube und hielt ihn der Ratte hin. Er schien Luans Neugier zu spüren und ließ sich besonders viel Zeit. „Das ist genau der richtige Ort für Menschen, die Schwierigkeiten mit RUHL haben oder ungerecht behandelt wurden, so wie du“, fuhr
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