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Die Schattenwelt

Titel: Die Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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der wenigen, die meinen Zustand kennen. Du hättest den Jungen warnen sollen.«
    »Warum zeigst du uns das hier? Soll das eine Drohung sein?«
    »Nein. Das ist eine Garantie.« Seine Augen funkelten bedrohlich. »Wenn du mich hintergehst, wirst du dafür bezahlen. Du, der Junge, jeder, dem ich die Schuld daran geben will. Haben wir uns verstanden?«
    Carnegie nickte.
    »Gut. Also bring mir den Starling-Jungen. Du kannst jetzt gehen.«
    Daraufhin drehte er ihnen den Rücken zu und besprühte wieder die Pflanzen, wobei er eine seltsame Melodie vor sich hin summte.

    Obwohl der Himmel schwarz war und dicke Regentropfen sich über die Ländereien von Vendetta Heights ergossen, war es ein gutes Gefühl, dem Glashaus entkommen zu sein und frische Luft zu atmen. Jonathans Hemd war schweißnass und die kalte Luftbrachte seinem Rücken die ersehnte Abkühlung. Er streckte die Arme aus und drehte sich langsam im Regen, während Carnegie die Tür des Glashauses hinter sich zuzog. Im nächsten Moment fuhr ihm der Schreck in die Glieder, als Carnegie ihn hart am Kragen packte und in die Luft stemmte.
    »Was … hast … du … angestellt?«, fauchte er.
    »Aua! Ich hab keine Ahnung! Carnegie! Lass mich runter!«
    » WAS HAST DU ANGESTELLT ?«, brüllte Carnegie. Seine Augen funkelten wild.
    »Ich weiß es nicht! Schhhh! Er kann dich sonst hören!«
    Carnegie blinzelte und ließ Jonathan abrupt zu Boden fallen. Der Wermensch stieß einen Fluch aus, rieb sich wütend die Stirn und dachte angestrengt nach.
    »Okay. Der Junge kann nichts dafür«, murmelte er zu sich selbst. »Mach dem Jungen keine Vorwürfe. Komm schon. Wir müssen hier verschwinden.«
    Er half Jonathan auf die Beine und schob ihn über die Terrasse zurück hoch zur Vorderseite des Hauses. Jonathan war immer noch erschrocken über den Angriff des Wermenschen und stolperte vor sich hin.
    »Warum hast du das getan? Du sollst mich doch beschützen!«
    Der Wermensch blieb stehen und seufzte.
    »Hör zu, Junge, es tut mir leid. Ich habe ein paar Ecken und Kanten. Genau genommen habe ich nurEcken und Kanten. Das bringt der Job so mit sich. Die Sache wird ziemlich heiß, und ich muss wissen, was hier vor sich geht. Was will Vendetta von dir?«
    »Ich hab doch gesagt, ich weiß es nicht!«
    »Dann müssen wir es rausfinden, Junge. Wer diesen Mann betrügt, unterschreibt sein eigenes Todesurteil. Komm schon. Wir müssen hier verschwinden. Er kann uns jeden Moment auf die Schliche kommen.«
    Sie liefen an der Vorderseite des Hauses entlang und bogen in die lang gezogene Auffahrt ein, über die sie das Anwesen verlassen konnten. Jonathan nahm eine Bewegung in einem der oberen Stockwerke von Vendetta Heights wahr. Ein roter Haarschopf leuchtete kurz auf. Raquella beobachtete sie. Jonathan wusste nicht, warum er es tat, aber er winkte ihr zu. Sie erwiderte seinen Gruß nicht und zog die Vorhänge zu. In der Ferne ertönte dumpfes Donnergrollen.

15
    »Was denken sie also über die Jungs, Sir?«
    Inspektor Shaw saß mit Carter Roberts in einem erstklassigen Restaurant in der Nähe der U-Bahn-Station Green Park. Der eine wirkte angespannt, der andere war ein Musterbeispiel an Eleganz. Roberts machte sich nicht einmal die Mühe, von der Speisekarte aufzublicken.
    »Welche Jungs?«
    »Sie wissen schon. Thomas und Starling.«
    »Oh ja. Nun, wissen Sie, es ist derzeit noch etwas zu früh …«
    »Ich dachte nur, Sie hätten vielleicht schon einen Anfangsverdacht.«
    »Ich habe den Verdacht, dass es noch lange dauern wird, bis wir unser Essen bekommen. Das ist das Einzige, was mich in diesem Moment beschäftigt. Ich bin ziemlich hungrig.«
    Sie schwiegen wieder. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann musste sich Inspektor Shaw eingestehen, dass die Arbeit für die Spezialeinheit nicht halb so aufregend war, wie er erwartet hatte. Seit er ausgewählt worden war, träumte er nachts von rasantenVerfolgungsjagden in schnellen Autos quer durch London oder von einem dramatischen Showdown mit den Entführern auf dem Dach eines Hochhauses. Doch sein Alltag war weitaus weniger spektakulär. Shaw fuhr Roberts nach einem anscheinend willkürlich gewählten Plan ziellos durch die Stadt. Dabei führte sie ihr Weg von teuren Bekleidungsgeschäften über riesige Kaufhäuser bis hin zu verlassenen Rummelplätzen. Sie hielten sich nie länger als einige Minuten im Freien auf, und Shaw durfte seinem Boss nicht folgen, wenn dieser den Wagen verließ. Gestern hatte er etliche Stunden gewartet, als sich

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