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Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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mächtig wie der heilige Himalaja in den Himmel des Dalai Lama. Am Fuße dieses Berges liegt das Geheimnis, mit einem durchkreuzten Ring auf der Karte bezeichnet. Es besteht aus fünf Eselsladungen von Diamanten und Perlen. Von den Diamanten ist keiner kleiner als ein Taubenei.
    Die Geschichte dieses Schatzes ist vage. Niemand weiß, wem er einst gehörte, wie und weshalb er an diese finstere Stelle der Erde geraten ist. Der letzte, der von dem Geheimnis Gebrauch machen wird, darf ihn behalten, da der Besitz dieser Urkunde ihn als einen Würdigen legitimiert. Höchstes Ziel sei die Erlösung der Seele von der Wiedergeburt und der Weg ins Nirwana.

    Mit diesem buddhistischen Glaubensbekenntnis schloß die Schrift. Der Pfeifer wandte das Blatt um und deutete auf die Karte.
    »Hier ist der durchkreuzte Ring. Das Gebirge ist wahrscheinlich der Schneeberg.«
»Weißt du, wie man dort hinkommt?« fragte Tscham.
Michel holte eine Karte herbei, die Afrika zeigte.
    »Hier liegt die Insel Sansibar. Weiter im Süden Madagaskar. Die Küste Afrikas ist hier an manchen Stellen schon besiedelt. Araber waren wohl die ersten, die hier Niederlassungen gründeten. Alles andere ist unerforscht. Aber in diesem Gebiet muß der Ort sein, an dem dein Schatz vergraben liegt.«
    »Glaubst du, daß man zu diesem Schneeberg hingelangen kann?«
    Michel blickte nachdenklich auf die Karte mit den vielen weißen Flecken.
    »Es wird ein sehr, sehr beschwerlicher Weg sein. Er führt ziemlich weit ins Innere des Landes. Man wird mit Angriffen von Negerstämmen zu rechnen haben. Strapazen werden nicht ausbleiben. Und selbst, wenn man den Platz findet, so dürfte es fast unmöglich sein, den ganzen Schatz zu bergen.« »Würdest du mit mir gehen?«
    Michel blickte Ojo an. Da die Unterhaltung auf englisch geführt war, hatte dieser nichts verstanden. Der Pfeifer erklärte ihm, worum es sich handelte. Ojos Gesicht glühte.
    »Ein Schatz«, sagte er, »ein Schatz ! Stellt Euch vor, wieviel Wein man für einen dieser Diamanten trinken könnte ! Ob er uns wohl einige abgibt?« Zum erstenmal seit Tagen lachte Michel wieder laut.
    »Du bist doch unverbesserlich, Diaz ! Willst du, daß ich den Radscha frage?«
    »Natürlich will ich das. Und er wird einsehen, daß man nach einem wahrscheinlich
    entbehrungsreichen Fußmarsch ein ganzes Fuder Wein braucht, um wieder ein Mensch zu
werden.«
»Was sagt er?« fragte Tscham gespannt.
Michel übersetzte.
Auch Tscham lachte.
    »Sag ihm, daß er so viele Diamanten nehmen kann, wie er zu tragen imstande ist. Er soll bis an sein Lebensende nur noch Wein von der besten Sorte trinken.«
    »Santa Maria«, schrie Ojo begeistert. »Sind wir noch nicht bald in San —, wie heißt die Insel?
San — San — ?«
»Sansibar«, sagte Michel.
    »Vertrackter Name. Gehen wir mit ihm?«
    »Ja. Ich kann auf diesem Schiff nicht länger bleiben.« Michels Heiterkeit erlosch so schnell, wie sie gekommen war. —

    Es war im Dezember des Jahres 1779, als die »Trueno« in Sansibar vor Anker lag. Es war Michels letzte Bitte an Marina gewesen, sie nach dieser kleinen Insel zu bringen. Marina, voller Reue noch wegen der Geschehnisse in Mulung-Tulung, hatte sich dem Pfeifer nicht mehr zu nähern gewagt. Aber sie eiferte geradezu danach, ihn das grausige Erlebnis vergessen zu lassen und erfüllte ihm diese Bitte ohne weiteres.
    Es war ein stummer, schwerer Abschied auf beiden Seiten, als Michel, Ojo und Tscham über die Gangway an Land gingen.
    Die Piraten starrten ihnen mit dumpfen Blicken nach. Über die Wangen des kleinen Alfonso Jardín liefen dicke Tränen, und Marina mußte sich schnell in ihre Kabine zurückziehen, um vor den Mannschaften ihr wildes Schluchzen zu verbergen.
    Am Ufer stehend, blickte sich Michel noch einmal um. Seine Augen ruhten lange auf der »Trueno«. Sieben Jahre war sein Schicksal mit dem des Schiffes und den Menschen darauf verbunden gewesen. Und trotz der schandbaren Taten seiner bisherigen Kameraden fiel ihm der Abschied dennoch nicht leicht.
    Er hörte, wie das Ankerspill knarrte, und sah, wie die Segel in den Wind gebraßt wurden. Langsam nahm das Schiff Fahrt auf. Nach einer Stunde waren die Mastspitzen hinter dem Horizont verschwunden.

    25

    Die zu dieser Zeit einzige bedeutende Stadt auf der Insel Sansibar war die gleichnamige Hauptstadt. Sie liegt etwa in der Mitte der Westküste auf einer fast dreieckigen Landzunge, die durch einen schmalen, sandigen Landstreifen mit der Insel verbunden ist. Jenseits der

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