Die Schatzhöhle
lassen.«
»Aber nicht zu lange !«
»Bestimmt nicht«, lächelte Michel.
Sie traten ins Hotel. Der Empfangschef, der dort in einer prächtigen, goldstrotzenden Uniform Höflichkeiten mit den in der Halle sitzenden, ebenso prächtig gekleideten Gästen tauschte, warf einen geringschätzigen Blick auf die Fremden, die aussahen wie Vagabunden.
Er musterte sie in unverschämter Weise von oben bis unten und machte sich nicht einmal die Mühe, sich nach ihren Wünschen zu erkundigen.
Michel wandte sich in spanischer Sprache an einen der herumstehenden Lakaien.
»Buenas tardes«, grüßte er höflich.
Der Boy nahm überhaupt keine Notiz von ihm.
»Ich sagte guten Tag!« fuhr ihn Michel unfreundlich an.
Der Junge warf einen fragenden Blick auf den Empfangschef, der verächtlich die Mundwinkel
herabzog, und erwiderte spitz:
»So, sagtet Ihr? Warum auch nicht.«
Er drehte sich um und wollte sich entfernen. Doch plötzlich stieß er einen jämmerlichen Schrei aus. Er schwebte, quer gehalten, hoch über Ojos Kopf in luftiger Höhe und zappelte mit Händen und Füßen.
Ojo hielt ihn wie ein kleines Kind. Als er sah, daß sich Michels Gesicht zu einem Lachen verzog,
fragte er:
»Darf ich, Señor Doktor?«
Der Pfeifer nickte.
Ojo warf den Burschen hoch, daß er fast die Decke berührte, einmal, zweimal, dreimal.
Immer, wenn er ihn wieder auffing, schrie er :
»Guten Tag! - Guten Tag! - Guten Tag!«
Die Gäste hielten den Atem an. So etwas hatten sie noch nie erlebt.
Ojo stellte den Jungen, der gelb und grün im Gesicht geworden war, wieder zur Erde.
»Sag deinem famosen Chef, daß wir nicht umsonst höflich grüßen, wenn wir so einen Stall betreten. Frage ihn, ob er vielleicht auch einmal mit der Decke dieser schönen Halle hier Bekanntschaft machen will.«
Er hatte laut gesprochen, so daß alle es gehört hatten. Es gab wohl kaum Portugiesen, die nicht
spanisch verstanden.
Würdevoll schritt der Empfangschef auf die Ankömmlinge zu.
»Was wollt ihr?« fragte er.
»Eine Bude, wo wir für die nächsten Tage wohnen können«, entgegnete Michel kalt. Der andere erblaßte. Was hatte der Fremde gesagt, Bude?
»Señor«, meinte er mit Würde, »in unserem Haus haben Fürsten und Maharadschas gewohnt. Wie könnt Ihr es wagen, unsere Salons Bude zu nennen?«
»Euerm Benehmen nach kann man den Eindruck gewinnen, daß man es mit einem Haus zu tun
hat, in dem normalerweise nur Landstreicher oder Wilde wohnen.«
»Señor!«
»Für Euch bin ich Don Silbador, verstanden?«
»Es ist ungewöhnlich, daß Reisende in einem solchen Aufzug und mit unverhüllten Gewehren in der Hand in unser Hotel kommen«, versuchte der Empfangschef seine Frechheit abzuschwächen. »Ungewöhnliches gibt es alle Tage. Wir sind Forscher und wollen schon in den nächsten Tagen nach dem Festland. Meint Ihr, daß wir hergekommen sind, um gepuderte Perücken zu kämmen?« »Unsere Zimmer sind sehr teuer«, machte der Mann einen letzten Versuch, die Fremden loszuwerden; denn die übrigen Gäste fanden langsam Vergnügen an dem Hin und Her. »Sie können gar nicht teuer genug sein, um unseren Ansprüchen zu genügen«, sagte Michel Baum mit todernstem Gesicht. »Was kostet ein Appartement für uns drei?« »Acht Rupien pro Tag.« »Habt Ihr nichts Besseres?« Der Empfangschef zögerte.
»Ich habe da noch ein Salonappartement für den Herrn Residenten reserviert. Dort wohnen oft
Regierungsbeamte aus Lissabon. Es ist dieser Tage gerade frei geworden.«
»Kostet?« fragte Michel kurz.
»Zehn Rupien.«
»Nehmen wir. — Ich kann doch bei Euch mit holländischen Gulden bezahlen?«
Der Gulden war damals eine der beliebtesten Währungen.
»Goldgulden?« fragte der Mann gierig.
»Dachtet Ihr, Papier?«
Der Empfangschef war nicht mehr wiederzuerkennen.
»Bring die Herrschaften sofort ins Appartement des Residenten und sorge für ihre Bedienung«, fuhr er den Jungen an, der sich gerade von seiner unfreiwilligen Luftpartie erholt hatte.
27
Am nächsten Tage gingen sie durch die Stadt, um Ausschau nach einem geeigneten Führer zu halten, der dann die Träger anwerben sollte.
In den Straßen wimmelte es von Menschen aus aller Herren Ländern. Da gab es Araber, Inder, Türken, Chinesen, Malaien, Neger in allen Schattierungen, Perser undein paar Weiße, die aber im Straßenbild fast völlig verschwanden. Von ihrer Gegenwart zeugten nur die Steinbauten. Hier blühte vor allen Dingen der Sklavenhandel. Jedermann in Sansibar, der etwas auf sich hielt, besaß
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