Die Schatzhöhle
einem schmalen Querstreifen von etwa zwei Metern nicht tiefer als einen Meter. Er wandte sich um und rief Ugawambi zu :
»Sage allen, sie sollen genau auf meinen Weg achten. Dann werden sie nicht weiter als bis zum Gürtel im Wasser versinken.«
Über zweihundert Augen verfolgten den Ritt des Pfeifers. Gleich war der mutige Mann drüben. Man wartete geradezu darauf, daß am anderen Ufer das Wasser jetzt in Wellenbewegung geraten würde. Aber nichts geschah, Das Ufer war frei von Alligatoren.
Michel zitterte an allen Gliedern, als sein Pferd endlià auf dem Trockenen stand.
Doch Michel ließ sich keine Sekunde gehen. Sofort prüfte er die Muskete. Dann stellte er sich ans Ufer, bereit, sofort sechs Kugeln aus dem Lauf zu jagen.
Zögernd noch und mit Gesichtern, als würden sie aufs Schafott geschickt, stiegen die ersten ins Wasser. Die nächste Reihe folgte. Niemand sprach ein Wort. Nirgends geriet das Wasser in Unruhe.
Da schrie, als sie mitten im Fluß waren, einer auf. Eine Panik setzte ein. Einer trampelte über den anderen hinweg. Die Schwächeren rutschten von der Furt ab ins tiefere Wasser, das ihnen bis zum Halse reichte. Verzweifelt versuchten sie, den erhöhten Grund wiederzugewinnen. Es gelang allen. Die vordersten hetzten aufs Ufer, blieben stehen und wurden von den Nachfolgenden umgerannt.
Nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei. Im Wasser rührte sich nichts.
Nun sollten Ugawambi und die Träger folgen. Sie wollten nicht. Tscham versuchte Ugawambi klarzumachen, daß der Schrei des einen Eingeborenen durch etwas anderes ausgelöst worden sei als durch ein Krokodil. Aber das glaubte Ugawambi nicht.
Ojo wurde das Zetern der fünf zu bunt. Er nahm sein Gewehr an die Wange und setzte eine grimmige Miene auf. Die Mündung zeigte auf Ugawambi. »Ich nix gehen.«
»Du gehst«, kommandierte Ojo. Er nahm das Pferd beim Zügel und führte es ans Wasser. Plötzlich gab er ihm einen Schlag auf die Hinterhand, der einen Ochsen hätte fällen können. Das
erschrockene Tier raste mit seinem schreienden Reiter ins Wasser. Und da das Pferd ein
Herdentier ist, folgten die anderen dichtauf.
Tscham lachte seinen riesigen Freund an.
Ojo nickte; denn nun folgten auch die Packtiere.
»Santa Maria, seht, wie sie laufen! Eine wahre Pracht!«
Der letzte war kaum drüben, und Ojo wollte geradeaufsitzen, als ihn Tscham am Arme zurückhielt. An ihrem Ufer wurde es jetzt wieder lebendig. Die Biester schienen neuen Appetit zu verspüren.
»Demonio«, fluchte Ojo. »Konnten sie nicht noch einen Augenblick warten?« »Was gibt's?« rief Michel. »Sie sind wieder da, die lieben Tierchen«, antwortete Ojo. »Bueno, dann schießt ! Einmal müssen sie doch satt werden.«
Ojo zuckte die Schultern und legte an. Tscham schoß gleich nach ihm. Zwei — drei
Wasserkreise bildeten sie. Großen Hunger schien die Meute nicht mehr zu haben; denn diesmal ließen sie ihre Artgenossen unberührt, blieben aber, lauernd neben, ihnen liegen.
Die beiden Zurückgebliebenen schössen immer wieder, Aber diesmal mit dem umgekehrten Erfolg. Immer mehr kamen und paddelten neben ihren toten Brüdern oder legten sich mit aufgesperrtem Rachen in den Schlamm.
»Maldito, ich kann doch nicht meine ganzen Kugek verschießen!« Er drückte ab, hatte in einen aufgesperrten Rachen gezielt, der wie auf Kommando zuklappte, als die Kugel eingedrungen war.
Das Tier peitschte das Wasser mit dem Schwanz im Todeskampf. Noch zwei oder drei verendeten auf dieselbe Weise. Das schien den anderen denn doch zuviel des Guten. Sie drehten ab und schwammen in ihre Jagdgründe zurück.
»Jetzt reiten wir los«, rief Ojo Tscham zu. Er saß schon auf dem Rücken seines Pferdes und stieß
ihm die Hacken in die Weichen.
Tscham folgte ein paar Meter hinter ihm.
Ojos Brauner nahm das Ufer in schnellem Anlauf, ohne ein Zeichen der Angst von sich zu
geben.
Bei Tscham ging es nicht so glatt.
Sein Pferd zögerte. Seine Hufe setzten erst auf der Furt auf, als Ojo schon in der Mitte des Flußes war. Aber nach einiger Mühe gelang es auch Tscham, das Tier gänzlich ins Wasser zu bringen. Da wurde das Pferd plötzlich nervös und schnaubte ängstlich. Tscham bekam einen Schreck und blickte sich um. Was er sah, ließ seine Haare zu Berge stehen.
Keine fünf Meter hinter ihm schoß ein Krokodil heran, das Roß und Reiter verfolgte.
Tscham trieb sein Tier an. Aber das hatte schon selbst die Gefahr gespürt. Wie von Furien gehetzt durchbrach es das Wasser.
In der Mitte des Flusses
Weitere Kostenlose Bücher