Die Schatzhöhle
aber eines leisen Mißtrauens nicht erwehren. Was
mochten die Leute Abu Sefs von ihm wollen?
»Darf ich dir meinen Begleiter vorstellen?« fragte Hassan.
Als Michel nickte, fuhr er fort :
»Er heißt Abd el Ata und ist der Führer der »Dreizehn Verlassenen«, zu denen auch ich gehöre.«
»Aus welchem Grunde habt ihr euch diesen sonderbaren Namen gegeben?« fragte Michel
verwundert.
Hassan blickte zu Boden.
»Allah ist mein Zeuge«, erwiderte er, »daß wir nicht in schlechter Absicht gekommen sind. Der Name »Dreizehn Verlassene« trifft auf uns durchaus zu; denn wir sind dreizehn Verlassene.« »Du wirst meine Neugier verzeihn, wenn ich dich nach den näheren Umständen frage, die zu diesem Namen geführt haben.« »Um dir das noch mehr zu erklären, sind wir gekommen.«
»Gut«, sagte Michel, »dann nehmt Platz und beginnt.« Er wies auf zwei Polster. Die beiden Besucher setzten sich. Abd el Ata hatte ein finsteres Gesicht und war sehr schweigsam. Hassan schilderte nun, wie Abu Sef seine Leute in verwundetem Zustand im Stich gelassen hatte. Er gab einen anschaulichen Bericht von ihrer schwierigen Reise zurück nach Tanga. Die Erinnerung übermannte ihn beim Er-zählen oft so, daß er in ungezähmte Haßausbrüche gegen Abu Sef verfiel.
»Es ist zwar sehr traurig, was du mir da erzählt hast«, sagte Michel, »aber ich muß gestehen, daß ich euch nicht bedauern kann. Menschen, die andere Menschen jagen, haben nichts Besseres verdient. Was wollt ihr nun eigentlich von mir?«
»Dich bitten, uns bei der Rache an Abu Sef, dem Sklavenhändler, zu helfen.« Michel erhob sich.
»Da muß ich euch leider enttäuschen. Ich habe noch nie in meinem Leben an irgendeinem Menschen Rache genommen. Abu Sef ist bestraft; die Sklaven, die er gefangen hatte, sind wieder frei. Und damit habe ich meine Aufgabe erfüllt. Rache ist nicht mein Handwerk. Und laßt euch eins sagen: Rache bringt nie etwas ein.«
Hassan und Abd el Ata sahen einander an. Dann nickten sie einander zu. Wieder ergriff der jüngere das Wort:
»Wir wissen nicht, wer du bist, und wir kennen nicht dein wirkliches Gesicht. Wir können uns schlecht vorstellen, daß du ein Mensch bist, der niemals Rachedurst verspürt. Aber wenn du es sagst, wird es stimmen. Dennoch könntest du uns bei der Ausführung unserer Rache behilflich sein, ohne dich selbst zu rächen. Darf ich eine weitere Frage an dich richten?«
Der Pfeifer nickte.
»Würdest du mit uns ziehen, wenn es gälte, weiteren Sklavenfang zu verhindern?«
»Ob ich mit euch ziehen würde, das weiß ich nicht. Wenn es jedoch in meiner Macht steht, so
werde ich jeden Sklavenfang verhindern.«
»Nun, so höre und entscheide dann.«
Hassan gab alles das wieder, was sie von Ugawambi über die Absichten Imi Bejs erfahren hatten. Er sprach auch von einer Verbindung, die angeblich zwischen Imi Bej und Abu Sef bestand. Was er nicht wußte, kombinierte er hinzu, so daß der Pfeifer ein Bild über die Lage erhielt, das zwar nicht den Tatsachen entsprach, aber in lockenden Farben gemalt war. Der junge Araber verstand es meisterhaft, Michel von der Gefährlichkeit der Absichten Abu Sef s und Imi Bejs zu überzeugen.
»Deine Erzählung klingt gut«, sagte Michel. »Und was habt ihr jetzt vor?« Hier schaltete sich Abd el Ata ins Gespräch ein.
»Die »Dreizehn Verlassenen« werden Abu Sef bestrafen«, sagte er mit finsterer Miene.
»Und was ist mit Imi Bej ?« fragte der Pfeifer.
»Imi Bej geht uns nichts an. Er hat uns nichts getan.«
»Ich sehe schon, wir wandeln auf verschiedenen Wegen. Imi Bej ist für euch kaum der Erwähnung wert, und doch hinterläßt eure Erzählung den Eindruck, als sei er der Hauptakteur in dem kommenden großen Sklavenzug.« »Sklaven wird es wohl immer geben«, warf Abd el Ata ein. Auf Michels Stirn bildete sich eine steile Falte.
»Sklaven wird es nur dann geben, wenn die Menschen nichts gegen den Sklavenhandel unternehmen. Eure Gleichgültigkeit gegen die armen unschuldigen Menschen, die da um des Profites willen gefangen werden, könnte mich rasend machen vor Zorn.«
»Ich verstehe deinen Eifer nicht.« Abd el Ata schüttelte den Kopf. »Wenn du mit uns ziehst, so hast du doch Gelegenheit, auch gegen Imi Bej vorzugehen. Unser Weg ist der gleiche. Nur die Ziele sind andere.«
»Du redest Torheit«, sagte Michel. »Du weißt so gut wie ich, daß es mir und meinen beiden
Freunden allein unmöglich ist, etwas gegen die — nun, sagen wir — Jagdgesellschaft Imi
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