Die Schatzsucher-Mafia schlägt zu
erspähte Tim und riß so
an der Leine, daß Gaby fast umfiel.
Lachend bremste Tim neben dem
Trio, und Oskar sprang an ihm hoch. Vergessen war Bianca.
Wie immer mußte der Vierbeiner
begrüßt und gekrault werden — auch von Klößchen.
„Mit dem historischen
Schatzfundebuch“, sagte Karl und hauchte auf die Gläser seiner Nickelbrille,
„ist es noch nichts. Dr. Schmatzinger hat es leider, an einen Kollegen
verliehen. Für einen Vortrag braucht der’s noch bis morgen. Aber dann sind wir
dran. Es ist wirklich ein tolles Werk, verfaßt von einer Koryphäe (Super-Fachmann) .“
„Das tiefschürfende Wissen
läuft uns nicht weg“, meinte Tim. Und wandte sich an Gaby. „Hast du mit deinem
Vater gesprochen?“
„Hat sie“, erwiderte Karl
anstelle von Gaby. „Aber noch nichts rausgelassen. Sie wollte warten, bis ihr
kommt.“
„Jetzt sind wir da“, sagte
Klößchen und stieß unmanierlich auf, hielt sich aber gleich die Baseballmütze
vors Gesicht.
„Für deine Rülpser“, lachte
Karl, „brauchst du mindestens einen Sonnenhut, zum Beispiel Sombrero.“
Gaby funkelte Klößchen an.
„Wenn ich da bin, benimmst du dich anständig, ja?“
„Entschuldige. Ist mir so
rausgerutscht. Weil ich total hohl bin im Magen.“
„Er hat vier Teller Suppe
gehabt“, sagte Tim. „Jetzt quillt er über. Also, was ist, Gaby?“
Sie schob mit beiden Händen
ihre blonden Haare nach hinten, zog ein weißes Band aus der Jackentasche und
verfertigte ihre Zweitfrisur, den Pferdeschwanz.
Andächtig sahen die Jungen zu.
„Der gestohlene VW“, hob Gaby
an, „wurde gegen elf Uhr vormittags gefunden. Hinter der Bedürfnisanstalt am
Rathausplatz. Ein Streifenwagen hat den VW entdeckt. Jetzt wird er auf
Fingerabdrücke untersucht. Sind natürlich zig, zig, zig Fingerabdrücke drin.
Von Bleichröder, seiner Frau, dem Neffen, den Kfz-Mechanikern, die den Wagen
warten, und anderen mehr. Man muß abwarten. Die Räuber trugen ja Handschuhe.
Sicherlich haben sie keine Spur hinterlassen.“
„Also Sackgasse“, sagte Tim.
Alle nickten. Enttäuschte
Mienen.
„Papi ist auch dem weißen Jeep
nachgegangen“, sagte Gaby dann, „dem mit dem Kennzeichen — AG 111. Er gehört —
vielmehr gehörte — einem gewissen Werner Simon. Ein gelernter
Rohrnetz-Ingenieur, aber schon lange Frührentner. Wegen einer schlimmen
Herzkrankheit.“
„Scheidet also aus“, stellte
Tim fest. „Wer solchermaßen leidend ist, hat nicht den Mumm zu einem
Raubüberfall.“
„Als Papi heute morgen dort
vorsprach“, erzählte Gaby weiter, „war ihm das hinterher richtig peinlich. Er
traf nur die tränenüberströmte Ehefrau an, denn Simon war eine halbe Stunde
vorher gestorben. An seinem Herzleiden. Der Arzt war noch da. Papi hat sich
entschuldigt und ist gleich wieder gegangen.“
„Armer Rohrnetz-Ingenieur“,
meinte Klößchen. „Wie alt war er denn?“
„Sicherlich noch keine Fünfzig.
Die Witwe, schätzt Papi, sei so um die Vierzig. Vielleicht sogar jünger, denn
mit Seelenschmerz und Tränen sieht man immer alt aus.“
Wie das Leben so spielt, dachte
Tim. Letzte Nacht noch in der Diepensiek-Gasse und jetzt auf dem Totenbett.
Aber Moment mal! Paßt das zusammen? Wer so schwach ist am Lebensmuskel —
schlägt der sich die Nacht um die Ohren?
7. Goldammer, der Heuchler
Sie fuhren seit Stunden, aber
nur mittleres Tempo. Feicht war kein Raser, notgedrungen nicht, weil Goldammer,
sein Chef, hohe Geschwindigkeit nicht vertrug.
Norditalien lag hinter ihnen.
Auch in Südtirol strich laue Luft zum Fenster herein.
Oliver spürte sie. Es war das
Angenehmste an dieser Fahrt. Er und Hanna saßen hinten. Dem Jungen hatte man
den Platz hinter Goldammer zugewiesen. Der redete viel.
„Die Leute glauben immer“,
sagte er gerade, „Antiquitätenhändler wären Betrüger. Uns wird unterstellt, daß
wir Kunstschätze fälschen. Eine Ungerechtigkeit ist das!“
Na, und wie! dachte Oliver. Ihr
fälscht nicht, ihr raubt. „Schwarze Schafe“, sagte Hanna, „gibt es doch
überall. In jedem Beruf. Aber die meisten sind ehrlich.“
„Sage ich doch immer“, lachte
Feicht. „Außerdem wollen die meisten Leute betrogen werden.“
„Wie meinst du das?“ fragte
Goldammer.
„Na, bei vielen Dingen wird der
Preis von den Menschen gemacht, denn den wahren Wert einer Sache hat die Natur
nicht mitgeliefert. Nehmen wir mal Wohnungen, Häuser oder Grundstücke.
Heutzutage ist das kaum noch bezahlbar. Und weshalb? Weil die Menschen die
Preise
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