Die Scheune (German Edition)
war ohne Dane leer geworden, das heißt, für Johnathan und mich hatte sich ein anderer Alltag eingespielt. Alles war irgendwie fad geworden. Nichts spielte sich mehr mit Fröhlichkeit ab. Sicher hatten ich auch einigen Spaß mit meinen Kollegen und Patienten und Johnathan mit seinen Gästen, aber es war nicht der Spaß, den wir mit Dane immer hatten. Er fehlte mir als Freund und John als Geschäftspartner. Wir vermissten das wirkliche Lachen, jenes, das sich über den ganzen Abend und schlimmstenfalls noch über die Nacht hinwegziehen konnte. Jenes, das uns mit Muskelkater und einem tierisch guten Gefühl morgens wach werden ließ. Wir wurden von ein auf den anderen Tag älter.
Gleich am nächsten Morgen, nach meinem Gespräch mit Roosevelt, rief ich Johnathan an, um mit ihm zu sprechen. Mir waren in der Nacht so einige Dinge durch den Kopf gegangen, von denen ich mir erhoffte, der ganzen Sache von Dane auf die Sprünge zu helfen. Ich wollte einen Blick in sein Zimmer werfen, einen tiefen. Es musste sich doch irgendwo etwas Stichhaltiges oder Wichtiges finden lassen, vielleicht ein Foto, Namen, Schlüssel von Schließfächern oder Türen oder Ähnliches. Vielleicht sogar eine Geburtsurkunde. Dane musste alte Unterlagen besitzen. Er war viel zu ordentlich und organisiert, um keine zu besitzen. Weder Johnathan noch ich hatte je etwas zu Gesicht bekommen. Wir durchwühlten sein Zimmer bis in die hinterste Ecke und verrückten seine Möbel, bis wir zwischen zwei Schränken geklebt schließlich etwas fanden. Es verpasste uns einen schweren Schlag ins Genick.
1993. Dallas / Texas.
Sarah hatte sich die ganze Nacht unruhig in ihrem Bett herumgewälzt. Sie hörte immer wieder seinen verzweifelten Schrei vom Nachmittag, der durch die ganze Klinik hallte. Über Dr. Roosevelt hatte sie von Danes Zwischenfall erfahren und die Erlaubnis bekommen, ihn auf der Krankenstation zu besuchen.
Sie betrat leise das Zimmer und erschrak. Danes Stirn wies eine hässliche Platzwunde auf.
Er befand sich in einem schlummernden Zustand, denn seine Augenlider blinzelten. Er stöhnte heiser, und sie hörte zum ersten Mal seine Stimme.
„Hallo, Dane“, sagte sie tonlos. Sie saß niedergeschlagen an seinem Bett und beobachtete ihn. Vorgestern war ihr noch, als hätte sie etwas Fröhliches in ihm gesehen. Sein Gesicht hatte sich entspannt. Nun sah er wieder fremd aus.
„Das hättest du nicht tun müssen“, sagte sie.
Danes Blick wurde stabiler, und er suchte nach der Person, die mit ihm sprach. Er sah sie schließlich an.
„Du hast dein Zimmer zerschlagen und Rhyan angegriffen. Du warst gemein. Ich bin enttäuscht“, sagte Sarah, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Sie lachte nicht mehr und wirkte besorgt, machte keinen Hehl aus ihrem Entsetzen über seine Tat.
„Lass dir doch helfen! Rede mit Dr. Roosevelt. Wenn du keine Bereitschaft zeigst, musst du gehen. Und du weißt, wohin!“
Eine blau gekleidete Krankenschwester kam herein und zog ihm die Infusionsnadel aus dem Arm. Sie rollte einen Ständer mit drei leeren Flaschen aus dem Zimmer. An der Tür drehte sie sich kurz um und forderte Sarah auf, das Zimmer zu verlassen, da Dr. Roosevelt gleich zu Mr. Galloway wolle. Sarah erhob sich und drückte seine Hand. „Tschüss, Dane.“ Wie immer an jedem Abend. Dane schämte sich für diese Szene.
Dem Gemurmel vor der Tür war zu entnehmen, dass Roosevelt im Anmarsch war. Er kam schnellen Schrittes hereinmarschiert, ohne eine Spur von Freundlichkeit und zog sich einen Stuhl zu Dane ans Bett. „Hallo“, sagte er kurz angebunden und hoffte auf eine Antwort.
Rhyan hatte ihm mitgeteilt, dass Dane erstmals gesprochen hatte. Also war dieses Tabu gebrochen. Roosevelt brauchte darauf keine Rücksicht mehr zu nehmen. Seine Hoffnung, dass Dane jetzt auch mit ihm sprechen würde, war jedoch vergebens. Stattdessen schlug ihm ein betretener Blick seines Patienten entgegen, der Reue und Unbehagen zeigte. Roosevelt ließ sich nicht darauf ein. „Das war großer Mist letzte Nacht! Geht es Ihnen jetzt besser?“
Dane schaute ihn taxierend an und nickte.
„So funktioniert das hier nicht, Mr. Galloway. Gleich morgen, um neun Uhr, möchte ich Sie in meinem Büro sehen. Falls Sie nicht kommen, werde ich Sie in eine psychiatrische Klinik überweisen. Ihr Verhalten ist eine Gefahr für die Öffentlichkeit! Darüber müssen wir reden.“
Das hatte gesessen. Roosevelt erhob sich und verschwand.
Kurz darauf kam Rhyan herein. Er hatte eine
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