Die Scheune (German Edition)
die Zusammenhänge und war erfreut, mit dieser Idee einen Fortschritt erlangt zu haben. Dane war weniger erfreut. Er wirkte desorientiert, als habe er die Spur verloren, die er verfolgen wollte. Wir mussten ihm Zeit geben, sich an die neue Situation zu gewöhnen und zogen uns für wenige Minuten aus dem Zimmer zurück. Wir setzten uns in den Kontrollraum, wo wir über einen Bildschirm Danes Reaktion beobachten konnten.
Er begann mit seinem Loch zu reden.
Was nun?, fragte er das Loch.
Alles in bester Ordnung, sagte das Loch.
In Ordnung?! Nichts ist in Ordnung! Die sperren mich ein! Ist es das, was du wolltest?
Sie werden dich nicht einsperren.
Was lässt dich so sicher sein?
Sie sind viel zu neugierig, was jetzt passieren wird.
Und wo bitte soll das hinführen?
Wo willst du hin?
Ich will mit Sarah hier weg und in Ruhe leben.
Du kannst nicht in Ruhe leben. Nicht solange er noch lebt.
Dane dachte nach. Da war was dran. Sollte diese Klinik doch seine letzte Bühne werden?
Roosevelt und ich sahen uns an. Wir waren Zeugen einer schizophrenen Entgleisung geworden. Damit war mir klar, dass Dane nicht nur unter einem entsetzlichen Trauma litt, sondern, dass sich auch sein Geisteszustand bedenklich verändert hatte. Ich sah Roosevelt an. Er nickte und sagte: „Ich sagte ja, dass ich ihn hier nicht therapieren kann.“
Mir war klar, dass ich Dane tatsächlich nach Los Angeles in eine Psychiatrie bringen musste. Nur wahrhaben wollte ich es nicht. Also fragte ich: „Darf ich noch ein paar Tage mit ihm hier arbeiten? Ich meine, bevor ich ihn endgültig mitnehme.“
„Sicher“, entgegnete mir Roosevelt. „Wenn ich Sie für alles zur Verantwortung ziehen kann, was er hier noch anreißt.“
„Das können Sie“, versicherte ich ihm und ging zurück ins Krankenzimmer zu Dane.
Wie konnte ich Roosevelt nur solche Versprechungen machen?
Ich sagte: „Hy.“
Er sagte nichts.
„Du hast geträumt und erinnerst dich wieder, nicht wahr?“, fragte ich.
Er nickte. Ja, er erinnerte sich. Mein Blick war erwartungsvoll auf ihn gerichtet. Schweigen. Nichts. Absolute Leere. Kein Wort von Dane.
Wir sahen uns nur an, nach acht langen Wochen.
Er will mich hier wegholen!, schrie Dane voller Angst. Er will mich mitnehmen und einsperren lassen! Hilf mir!
Beruhige dich, Dane, sagte das Loch.
Rhyan führte uns in den dritten Stock und zeigte uns ein großes Zweibettzimmer. Dane sah mich verunsichert an. Dann waren wir alleine.
Irgendwie hatte ich die Erwartung, dass wir uns jetzt in die Arme fallen würden. Mehr als acht Wochen hatten wir uns nicht mehr gesehen. Das Verlangen war jedoch einseitig. Meine Wiedersehensfreude wechselte in steife Anspannung. Wir standen da, einfach nur da: Zwei Freunde, die niemals geglaubt hätten, sich einer solchen Herausforderung gegenüber zu sehen. Wie in einem gefährlichen Spiel umkreisten wir uns regelrecht. Wir waren beide voller Emotionen. Mir war klar, wie verwirrt Dane sein musste. Nahm er doch an, dass ich ihn abholen würde. Ich wartete auf ein erstes Wort von ihm, doch er löste sich von meinem Blick und ging zum Fenster. Ich wartete, ob er etwas fragen würde, aber er sah nur hinunter in die Parkanlage.
Du hast recht, sagte Dane. Er holt mich nicht ab.
Sag ich doch, lachte das Loch. Die Bühne gehört dir!
Die Bühne gehört mir.
Ich begann meine Sachen in den Schrank zu sortieren, um die Spannung zu unterbrechen und stellte einen Wecker auf meine Nachtkonsole. Daneben legte ich einen Block und Kugelschreiber. Ich versah die erste Seite mit dem derzeitigen Datum, den 3. August 1993. Auf dem Tisch platzierte ich ein Kassettengerät für eventuelle Aufnahmen.
Dane stand beharrlich am Fenster, während ich etwas aus meiner Brieftasche herauszog. Ich hielt es in Augenhöhe vor mir. Mal sehen, ob ich seiner Erinnerung etwas auf die Sprünge helfen konnte.
„Was ist das?“, fragte ich und hoffte auf Danes Aufmerksamkeit. Doch Dane sah nicht hin. Er sah weiter aus dem Fenster. Ich wurde wütend, ging zu ihm hin und riss ihn brutal herum. Erneut hielt ich das Papier hoch, ihm direkt vor die Augen. Das brachte Dane zur Aufmerksamkeit. Er sah auf das kleine Heft in meiner Hand. Ich sah dann, wie er versuchte wegzusehen. Volltreffer!, dachte ich.
„Was ist das?“, fuhr ich ihn ein zweites Mal an – lauter und wütender. Als er offensichtlich immer noch nicht antworten wollte, packte ich ihn am Kragen. Mir war klar, dass ich seine Aggression
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