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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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ähnlich. Beide liebten den Abgrund vor sich.
    „Nur einmal“, hatte Dane ihm des Abends versprochen, als er ihm den Plan mitteilte. „Nur einmal eine Sache mit dir zusammen. Nur wir beide.“ Dass Dane dabei einen ganz anderen Plan verfolgte, wusste er natürlich nicht. Dane wollte ihm nur Angst einjagen. Mächtig Angst. Er wollte, dass sich sein Gegner vor ihm zutiefst zu fürchten begann.
    Nun standen sie vor dieser vollkommen unschuldigen Familie. Der Lochschaufler spürte die Waffe an seiner Schläfe. Seine eigene Waffe war auf die Familie gerichtet.
    „Du oder sie?“, sagte Dane nachdrücklich.
    Das konnte doch nicht wahr sein! Er sollte diese Familie erschießen? Einfach so? Er hatte noch nie einen Menschen mit einer Waffe erschossen. Das war eine Falle!
    Dane wurde unruhig. „Komm schon. Es kann doch nicht so schwer sein. Du hast schon einmal getötet. Du kannst das.“
    Der Lochschaufler spürte, wie ihm die Knie wegsanken: „Ich habe noch nie einen Menschen erschossen.“
    „Nein“, sagte Dane, „nicht erschossen. Du hast ihn nicht erschossen .“
    Dane spannte den Hahn seiner Waffe. Er würde gleich abdrücken, wenn der Lochschaufler es nicht tat. Sei es drum. Dann wäre das Spiel eben heute schon vorbei.
    Der Lochschaufler bettelte, flehte … und gab nach. Die Schüsse peitschen durch das Haus! Eine Salve von fünf Schüssen streckte die Familie nieder. Der Lochschaufler flehte immer noch und schoss und schoss. Dann spürte er den Schlag auf seinem Hinterkopf, der auch ihn zu Fall brachte.
     
     
    1993. Neun Jahre später.
    Los Angeles. Dane 38, Jahre.
    Es war spät am Abend, als mich Roosevelt in Los Angeles anrief.
    Das Treiben im Medical Center ließ gerade nach, und alle kamen zur Ruhe, Ärzte und Patienten. Ich hatte Bereitschaftsdienst, wie so oft. Woran auch meine Ehe gescheitert war.
    Ich sah mich gerade einer wohlverdienten Pause gegenüber und liebäugelte mit dem Bett im hinteren Teil des Ruhezimmers, als das Telefon klingelte.
    „Herr Gott!“, protestierte ich und gestikulierte wütend mit meinen Händen herum. „Clark.“ Es kam kurz und hart aus meinem Mund.
    „Ja, hier Roosevelt.“
    Der Name kam so überraschend wie angenehm bei mir an. Meine Miene hellte sich auf, und ich ließ mich erfreut in einen gepolsterten Lederstuhl fallen. Ich hatte schon lange auf ein Zeichen von Dane gewartet und erkundigte mich direkt nach seinem Wohlbefinden.
    „Nicht so gut“, sagte Roosevelt. „Deswegen rufe ich an. Es läuft alles anders, als wir erwartet haben. Mr. Galloway scheint nicht ein Patient zu sein, dem wir hier helfen können. Er ist nicht daran interessiert, sich Hilfe zu holen. Er zeigt an nichts Interesse und hat nur etwas Kontakt zu einer Patientin aufgenommen. Nichts Aussagekräftiges, eher Oberflächliches. Gestern Abend erlitt er plötzlich einen Tobsuchtsanfall und demolierte sein ganzes Zimmer.“
    Meine Miene verhärtete sich, meine Kaumuskeln begannen zu arbeiten, und ich fand vor Bestürzung keine Worte.
    Dr. Roosevelt fuhr fort: „Er hat einen Pfleger angegriffen, der ihm helfen wollte. Jetzt liegt Mr. Galloway ruhiggestellt auf der Krankenstation. Wir finden das sehr beunruhigend, Dr. Clark, denn solche Gewaltausbrüche werden in meiner Klinik nicht therapiert. Auch wenn augenscheinlich ein Auseinandersetzungsprozess in ihm in Gang kommt und ich gerne bereit wäre, jetzt mit ihm zusammenzuarbeiten, so kann ich nicht absehen, wann es wieder zu einem Zwischenfall kommen wird. Er braucht professionelle Hilfe auf einem anderen Gebiet. Da er mir keine Gelegenheit geben möchte, mit ihm ernsthaft ins Gespräch zu kommen, kann ich momentan nicht viel tun. Ich muss leider anmerken, dass eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik nicht auszuschließen ist. Unter Umständen sogar recht schnell. Mir bleibt nicht viel Handlungsfreiraum, wenn sich eine solche Gewalttat wiederholt. Was er gestern gemacht hat, könnte morgen genauso gut ein Angriff auf Patienten oder ein Schnitt in die Pulsadern sein.“
    Ich sank tief in meinen Sessel und dachte ungewollt an die Diagnose von Vancouver. Ich erinnerte mich an die Frage: „Hat er sich denn niemals gewalttätig Anderen gegenüber verhalten?“
    Sollte ich Dr. Roosevelt darüber informieren? Nein, das wollte ich nicht und sagte stattdessen: „Ich werde mich beurlauben lassen und zu Ihnen kommen. Vielleicht komme ich momentan besser an ihn heran. Doch zuvor möchte ich gerne ein Deal mit Ihnen machen …“
     
    *
     
    Glendale

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