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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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ein Hilfsmitteln zu suchen, um die Türe gewaltsam aufzubrechen. Er sah sich um. Er stand nicht nur vor einer Scheune, er befand sich auf einer Farm. Linksseitig erhob sich ein altes Wohnhaus. Es war aus Stein und Holz erbaut. Bei genauerem Hinsehen konnte er eine Frau am Fenster im oberen Teil des Hauses erkennen. Der Anblick lähmte ihn. Ihre Blicke trafen sich. Vertraute Gefühle wuchsen. Sein Herz raste. Die Frau hatte einen geschwängerten Bauch. Dane wollte ihr eine vertraute Geste zukommen lassen, ein Zwinkern oder ein Wink, aber ihr plötzlicher Rückzug vom Fenster ließ ihn in seiner Bewegung verharren. Die Stimmen der Kinder holten ihn wieder zurück. Er setzte seine Suche fort und fand an der Seite der Scheune eine Axt. Mit gewaltiger Kraft schlug er auf das Schloss der Türe ein.
     
    Ich beobachtete Danes Gefühlsaufwallungen während seines Traums und machte Notizen.
     
    Dane schlug eine Spalte in das Holz und sah hindurch. Er konnte den Kopf eines Jungen erblicken. Mit der Axt packte er wieder zwischen die Bretter und riss sie weiter auseinander. Er schrie: „Aufhören!“ Doch niemand hörte ihn.
    Mein Rekorder zeichnete seine Worte auf.
    Völlig verschwitzt riss er die restlichen Bretter, die die Axt nicht packte, mit seinen bloßen Händen heraus. Er sah einen Jungen von ungefähr zehn Jahren. Er war ihm unglaublich bekannt. Der Junge starrte zu einem großen Mann hinauf, der vor ihm stand. Der Mann packte den Jungen an den Schultern und schüttelte ihn wütend.
    Dane schrie: „Hey, aufhören!!“, blieb aber ungehört. Er besah sich den Mann in all seiner Größe. Er war riesig, dreckig und verschwitzt. Der Anblick löste Übelkeit in ihm aus.
     
    Als ich die Würgegeräusche hörte, suchte ich hastig nach einer Schüssel oder Ähnlichem. Ich riss die Schublade aus seiner Nachtkonsole und hielt sie einsatzbereit.
     
    Dann sah Dane noch einen anderen Jungen. Er war kleiner, schmächtiger, vielleicht vier Jahre alt. Sein Anblick ließ Dane erstarren. Ihn ergriff Benommenheit. Waren es nicht seine dunklen Augen; war es nicht sein blondes Haar, das er als Kind gehabt hatte?
    Der Kleine schrie: „Bitte, nein Dad!“
    Auch das nahm mein Rekorder auf.
    „Halt die Klappe“, blechte der Mann zurück und blickte den kleinen Jungen rechts neben sich an. Der Zehnjährige nutzte die Gelegenheit und befreite sich aus dem festgekrallten Griff des Mannes an seine Schulter. Als er wieder Bewegungsfreiheit erlangt hatte, ging er auf den Mann los. Er riss an seiner Kleidung und spuckte ihm ins Gesicht.
    Dane ignorierte die Kampfszene, sein Blick war nur noch auf den kleinen, wimmernden Jungen, der sich verloren und zitternd in eine Ecke drückte, gerichtet. Plötzlich kehrte Ruhe ein. Dane wurde dem Mann gegenüber wieder aufmerksam. Er stand nun alleine inmitten der Scheune und grinste. Wo war der Junge geblieben, der eben noch mit ihm gekämpft hatte? Dane fand ihn auf dem Boden liegend wieder. Er rührte sich nicht mehr. Sein Blick war verzerrt und leer. Aus seiner Nase und seinem rechten Ohr floss Blut. Was war geschehen?
    Er musste jetzt eingreifen, irgendwie, um den Mann aufzuhalten! Da war ja noch der kleine Junge. Was würde er wohl mit ihm machen?
    Dane holte zu einem weiten Schlag aus und schlug zu. Seine Faust durchfuhr ein stechender Schmerz, hinauf bis zur Schulter. Die Faust hatte weder den Mann erreicht noch war sie ins Leere gestoßen. Die Wand aus Glas war wieder da! Genau zwischen ihnen! Dane hantierte ungläubig mit seinen Händen daran herum – fassungslos und völlig außer Kontrolle. „Du, Schwein!!“, schrie er durch die Glaswand. Aber was er auch tat oder schrie, der Mann schenkte ihm keine Aufmerksamkeit, sah nicht einmal hin und ging zu dem kleinen Jungen. Er verpasste ihm eine so starke Ohrfeige, dass das Kind der Länge nach hinfiel. Auf unerklärliche Weise war dieser Schlag soeben auf Danes Wange gelandet! Er taumelte und schrie: „Lass mich in Ruhe!“
    Der Mann hörte ihn nicht. Wie auch?
     
    Ich hörte ihn – und das nicht zu leise! Die Kamera lief. Ich schmierte Beobachtungen auf das Papier.
     
    Dane hämmerte erneut mit seinen Fäusten gegen die Glaswand. Sie war nicht zu zerbrechen, so verzweifelt er auch auf sie einschlug. Es war ihm unbegreiflich, dass er in das Geschehen nicht eingreifen konnte, wo er doch unmittelbar davor stand. Diese verfluchte Wand! Sie zermalmte seine verzweifelte Hoffnung und ließ ihn Dinge sehen, denen er sich abwenden wollte, es aber

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